Politik

Banken-Krise: Österreichische Volksbanken AG muss abgewickelt werden

Lesezeit: 3 min
02.10.2014 20:47
Die österreichischen Volksbanken AG muss abgewickelt werden. Die Bank schafft es vor dem Stresstest der EZB nicht mehr, genug Kapital aufzutreiben. Die Schrottpapiere der ÖVAG werden in eine Bad Bank ausgelagert. Damit könnten die österreichischen Steuerzahler auf Jahre hinaus mit dem Abbau der faulen Kredite belastet werden. Der Vorteil für die Regierung: Auf dieser Weise können die Verluste besser kaschiert werden, dem Wiener Motto folgend: „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist!“

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die österreichische ÖVAG muss als erste europäische Bank noch während des laufenden Stresstests ihre Abwicklung in Angriff nehmen. Gut drei Wochen vor Veröffentlichung der Ergebnisse kündigte das Volksbanken-Spitzeninstitut am Donnerstag seinen Abbau an. Institutschef Stephan Koren begründete den Schritt mit der chronischen Kapitalknappheit der Bank. In den kommenden Jahren hätte die ÖVAG wegen der strengeren Vorschriften der Aufseher bis zu knapp eine Milliarde Euro an frischem Kapital benötigt. Die Eigentümer - die regionalen Volksbanken und der Staat - seien jedoch "nicht Willens gewesen", die nötigen Geldspritzen bereitzustellen, sagte Koren. Daher habe die ÖVAG ihre Abwicklung auf den Weg gebracht.

Ihre Aufgaben als Spitzeninstitut des Volksbanken-Sektors will das Institut an eine der regionalen Sektorbanken übertragen - voraussichtlich an die Volksbank Wien-Baden. Sie selbst soll danach für den Abbau aller faulen und nicht zukunftsträchtigen Bankteile zuständig sein und zur nicht-staatlichen Bad Bank ohne Banklizenz werden.

Einen zwingenden Zusammenhang zwischen den Abwicklungsplänen und dem laufenden Gesundheitscheck der europäischen Aufseher sieht Koren nicht. "Wir wissen nicht, was beim Stresstest herauskommt", sagte er. Insidern zufolge hatte der Test bei der ÖVAG nach ersten Berechnungen jedoch eine Kapitallücke von bis zu 800 Millionen Euro zutage gefördert. Einer mit der Situation vertrauten Person zufolge wollte die ÖVAG mit der frühen Ankündigung ihrer Pläne verhindern, dass Anleger an den Märkten "übertrieben" auf das Ergebnis reagierten. Der Kapitalbedarf an sich sei keine Überraschung gewesen. Die Maßnahmen mussten aber "nun unter dem Druck des Stresstests vorgezogen werden", sagte die Person. Die Aufseher durchleuchten derzeit die größten europäischen Banken, bevor die EZB am 4. November die Aufsicht über die Institute übernimmt. Die Ergebnisse sollen Insidern zufolge am 26. Oktober veröffentlicht werden.

Mit der Abwicklung der ÖVAG setzt sich die Bereinigung des österreichischen Bankenmarktes weiter fort. Auch von der ehemaligen BayernLB -Tochter Hypo Alpe Adria soll in Zukunft lediglich eine Bad Bank übrigbleiben. Nach dem Verkauf des Österreich-Geschäfts will die ehemalige Kärntner Landesbank in den kommenden Wochen auch ihre Töchter in Zentral- und Osteuropa losschlagen.

Die Gläubiger des Volksbanken-Spitzeninstituts müssen Bankchef Koren zufolge nicht um ihre Gelder bangen. Die ÖVAG habe vor, alle Verbindlichkeiten planmäßig zurückzuzahlen. Der neue EU-Abwicklungsmechanismus komme bei der ÖVAG nicht zum Tragen, weil die Bank diesen Schritt freiwillig setze. Er sieht vor, dass künftig nicht Staaten, sondern Eigentümer und Gläubiger bei der Schieflage eines Instituts bluten müssen.

Mit der Abwicklung will die ÖVAG künftig ohne weitere Staatshilfen auskommen. Diese wären ohne neues EU-Beihilfeverfahren ohnedies nicht möglich gewesen. Geplant ist die Aufspaltung des Instituts für das erste Halbjahr 2015. Zuvor muss der Plan jedoch von den Aufsehern genehmigt werden.

Die ÖVAG gehört mehrheitlich den aktuell 44 regionalen Volksbanken. Gut 43 Prozent hält der Staat, weitere knapp vier Prozent sind in Besitz der deutschen DZ Bank. Die Probleme bei dem Spitzeninstitut sind nicht neu: Die Bank hatte sich mit einer massiven Expansion in Zentral- und Osteuropa verhoben und musste bereits mehrmals vom Staat aufgefangen werden. Bislang hat die Bank - inklusive Garantien - 1,35 Milliarden Euro an Staatshilfen erhalten und muss sich im Gegenzug dafür von einigen Töchtern trennen. Das Osteuropa-Geschäft hatte die ÖVAG bereits an die russische Sberbank verkauft - ausgenommen die kriselnde Tochter in Rumänien.

Eigentlich war geplant, dass die ÖVAG künftig als kleines Spitzeninstitut weiterhin wichtige Steuerungsfunktionen für die regionalen Volksbanken übernimmt. Doch diese wollen sich nun ebenfalls zu neun regionalen Volksbanken und drei Spezialinstituten zusammenschließen. Damit sollen die Kosten gesenkt und der Ertrag der einzelnen Regionalbanken gesteigert werden. Am Ende bleiben in dem Genossenschaftssektor damit 12 Institute über. Derzeit sind es inklusive ÖVAG und Spezialinstituten 51 Häuser.

Aus gegebenem Anlass eine kleine Reverenz an Johann Strauss. In seiner Operette "Die Fliedermaus" singt Alfed, bevor er sich ins Gefängnis verabschiedet:

Trinke, Liebchen, trinke schnell,

trinken macht die Augen hell.

Sind die schönen Auglein klar,

siehst du alles licht und wahr.

Siehst, wie heisse Lieb' ein Traum,

der uns äffet sehr,

siehst, wie ew'ge Treue Schaum,

so was gibt's nicht mehr!

Flieht auch manche Illusion,

die dir einst dein Herz erfreut,

gibt der Wein dir Tröstung schon

durch Vergessenheit!

Glücklich ist, wer vergisst,

was doch nicht zu ändern ist.

Kling, kling, sing, sing, sing,

trink mit mir, sing mit mir,

Lalala, lalala etc.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...