Politik

Katalonien: Bürger fordern zivilen Ungehorsam gegen Regierung in Madrid

Die katalanische Regierung hält an einem Referendum über die politische Zukunft der Region fest. Regionalpräsident Mas prüft taktische Möglichkeiten, das Abstimmungs-Verbot des Verfassungsgerichts etwa durch vorgezogene Neuwahlen zu umgehen. Doch während Mas taktiert, schwindet seine Zustimmung in der Bevölkerung: Die Katalanen fordern zivilen Ungehorsam und wenden sich radikaleren Parteien zu.
05.10.2014 23:03
Lesezeit: 2 min

Die katalanische Regionalregierung will an den Plänen für ein Referendum über die politische Zukunft der Region festhalten. Dies verkündete Regionalpräsident Artur Mas trotz intensiven Drucks aus Madrid und einem Verbot der Unabhängigkeits-Abstimmung durch das Verfassungsgericht. Mas sagte nach einem Treffen mit regionalen Politikern, er wolle den Wahlaufruf aufrecht erhalten, „so dass die Bürger am 9. November wählen können.“

Mas Regierung analysiere derzeit, wie man die Abstimmung „am Besten garantieren“ könne, die die spanische Regierung um jeden Preis stoppen will. Wie El Diario berichtet, herrschte bei dem Treffen jedoch Uneinigkeit über das weitere taktische Vorgehen nach dem Verbot

Eine Verfassungsklage der spanischen Regierung hatte dazu geführt, dass die Richter jegliche Vorbereitungen für die Abstimmungen in einem Blitzverfahren verboten hatten. Dadurch bewegen sich alle weiteren Planungen am Rande der Legalität und wurden größtenteils abgebrochen.

Ein Antrag auf Aufhebung des Vorbereitung-Verbot wurde von der ERC-Partei eingereicht, allerdings gibt es wenig Hoffnung, dass die Richter auf die Klage der Region ebenso schnell reagieren wie auf die der Landesregierung. Katalanischen Politiker verschiedener Parteien suchen nun nach Möglichkeiten, doch noch Wahlen zu organisieren. Im Gespräch ist auch die Option, nur über einen eigenen Staat, nicht jedoch über dessen Unabhängigkeit abzustimmen. Ein von Präsident Mas erwarteter Kompromiss lautet, den Volksentscheid durch vorgezogene Regionalwahlen zu ersetzen, diese dann jedoch zu einem quasi Volksentscheid umzugestalten.

Die Bürger, die zu Tausenden auf den Straßen protestieren, halten offenbar wenig von weiterem Taktieren: Sie fordern zivilen Ungehorsam von Regierung und Verwaltung, die sich über das Verbot hinwegsetzen und die Wahlen trotzdem organisieren sollen. Immer mehr Menschen gehen dazu auf die Straße, in Barcelona haben sich Protestcamps gebildet, auch wenn die Polizei diese immer wieder versucht aufzulösen, wie El Diario berichtet.

Die Partei des spanischen Präsidenten Rajoy hat in Katalonien laut Umfragen lediglich 2,1 Prozent der Wählerstimmen. Das Referendum hingegen befürworten rund 70 Prozent der Katalanen.

Madrid reagierte auf die trotzigen Ankündigungen aus der Region mit weiteren juristischen Drohungen. Die stellvertretende Regierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría sagte, man werde weiter mit „ruhiger Bestimmtheit“ mit Barcelona umgehen, dazu gehörten auch weiter Rechtsmittel gegen das Referendum. „Niemand kann die Demokratie nach eigenen Wünschen umformen, niemand allein entscheiden was legal ist und was nicht“, so Sáenz de Santamaría.

Aktuelle Umfrageergebnisse zeigen, dass der unnachgiebige Kurs der spanischen Regierung die Katalanen in die Hände extremerer nationalistischer Parteien treibt: Die Mitte-Rechts-Patei CiU von Arturo Mas hat in den letzten Umfragen an Unterstützung verloren, während immer mehr Wähler zu der Hardliner-Pro-Unabhängigkeits-Bewegung Esquerra Republica (ERC) wechseln. Die Partei von Oriol Junqueras ist inzwischen mit 19,8 Prozent der Stimmen die stärkst Kraft in der Region. Arturo Mas CiU-Partei hat noch 13,1 Prozent Zustimmung. Viele Katalanen haben die Befürchtung, er könnte am Ende doch dem Druck aus Madrid nachgeben. Auch politische Beobachter gehen davon aus, dass Mas am Ende den Volksentscheid durch vorgezogene Regionalwahlen ersetzt.

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