Finanzen

Polen will Renten verstaatlichen und mit Schulden finanzieren

Lesezeit: 1 min
07.03.2015 00:21
In Polen hat der Staat über die Hälfte der privaten Rentenkonten konfisziert, um der Unterfinanzierung des staatlichen Rentensystems entgegenzuwirken. So lautet zumindest der offizielle Ansatz. Doch zuvor hatte Warschau die Staatsanleihen im Besitz der privaten Rentenfonds konfisziert, um weitere Schulden aufnehmen zu können.
Polen will Renten verstaatlichen und mit Schulden finanzieren

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Als Polen im Jahr 1999 die privaten Rentenkonten einführte, steckte die Regierung in Warschau 100 Millionen Dollar in eine Werbekampagne, um den Arbeitnehmern des Landes zu erklären, warum eine private Absicherung so wichtig sei, berichtet Bloomberg. Die Regierung versprach, dass am Ende einer privaten Rentenversicherung ein komfortabler Ruhestand stehen würde. Dieser Vorstoß, der bei der Bevölkerung fruchtete, kurbelte auch den polnischen Kapitalmarkt an.

Doch 2013 kündigte der polnische Staat die Konfiszierung aller Staatsanleihen im Besitz der privaten Rentenfonds an. Dadurch wurden die Staatsschulden verringert und die Regierung konnte wieder Schulden aufnehmen. Im vergangenen Jahr wurde über die Hälfte der privaten Rentenkonten des Landes in das staatliche Rentensystem überführt.

Polen und zehn weitere Staaten bemühen sich, die Privatisierung des Rentensystems rückgängig zu machen. So wurden Mitte Januar in Bolivien private Rentenkonten mit einem Volumen von 10,2 Milliarden Dollar verstaatlicht. Ab Anfang der 1980er Jahre haben über 30 Staaten aus Lateinamerika und Ex-Sowjetstaaten angefangen, das Rentensystem zu privatisieren. In Lateinamerika wurde gesetzlich festgelegt, dass Arbeitnehmer einen Teil ihres Einkommens in private Rentenfonds einzahlen müssen. Diese Privatisierung wurde vom IWF und der Weltbank gestützt und gefördert.

Doch im Verlauf der Jahre kam es zu großen Finanzierungslücken beim staatlichen Rentensystem, weil die Geburtenraten in den Staaten drastisch zurückgingen und die Menge der einzahlenden Personen sich verringerte. Zudem wanderten im Fall von Polen viele junge Menschen ins Ausland aus, um dort berufstätig zu werden.

In Argentinien wurde die private Rentenversorgung im Jahr 1994 eingeführt. 2008 verstaatlichte die argentinische Regierung insgesamt 24 Milliarden Dollar aus den privaten Fonds. Derzeit wird in Argentinien kein einziger Cent in privaten Rentenfonds gehalten. Ungarn führte die private Rentenversorgung im Jahr 1997 und konfiszierte ab 2012 insgesamt 13 Milliarden Dollar aus den privaten Fonds. Derzeit werden 778 Millionen Dollar privat verwaltet.

Die Privatisierung sollte „eine größere Stabilität des Finanzsystems schaffen und die Renten weniger anfällig für politische Einflussmöglichkeiten machen“, sagt Stephen Kay, der Volkswirt bei der Federal Reserve Bank von Atlanta ist. Doch keines dieser Ziele konnte erreicht werden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Politik
Politik Erbschaftssteuer: Droht durch Klage Bayerns ein Wettbewerb der Länder beim Steuersatz?
07.05.2024

In Karlsruhe wird es diesen Sommer mal wieder um den Dauerbrenner Erbschaftssteuer gehen. Schon zweimal hat das Verfassungsgericht von der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Der internationale Handel und Kriege im Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich
06.05.2024

Auf gute Stimmung machen in Europa: Chinas Staatspräsident Xi besucht seit fünf Jahren mal wieder Frankreich und lächelt, als ihn...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohl-Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz bleibt Parteichef: CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...

DWN
Politik
Politik Scholz zu Besuch in Litauen: „Jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen"
06.05.2024

Mit der anlaufenden Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade an der Nato-Ostflanke geht Deutschland im Bündnis voran. Der...

DWN
Politik
Politik Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise
06.05.2024

Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden. Baerbock ist um die...

DWN
Technologie
Technologie Sprunginnovation: In der Lausitz wird das größte Höhenwindrad der Welt errichtet
06.05.2024

Die Sache klingt zunächst irgendwie tragisch. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen versucht, in der Lausitz in 365 Metern Höhenwinde...