Finanzen

Soziale Spaltung: Türkische Elite hängt Bevölkerung ab

Die soziale Ungleichheit in der Türkei nimmt zu. Während die Wirtschaft stetig wächst, geht dieser Aufschwung an vielen Türken vorbei. Nur wenige verdienen exzellent am Bauboom der vergangenen Jahre.
24.04.2015 00:00
Lesezeit: 2 min

Die Türkei hat während der Regierungszeit der AKP einen immensen Entwicklungsschub erfahren. Die Wirtschaft wächst seit 2002 unaufhörlich und als Regionalmacht scheint man nicht länger auf die Europäische Union angewiesen zu sein. Doch aktuelle Daten belegen, dass die Ungleichheit in der Türkei wächst. Von dem enormen Wachstum profitieren besonders Eliten.

Damit ist die Türkei Teil eines globalen Trends, der in vielen Volkswirtschaften zu beobachten ist. Bei den kommenden Parlamentswahlen wird sich zeigen, ob sich diese Entwicklung negativ auf das Wahlergebnis auswirkt. Es steht viel auf dem Spiel: Ohne eine ausreichende Mehrheit wird die von Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan angestrebte Verfassungsänderung nicht zu realisieren sein.

Während im Jahr 2002 das reichste Prozent der türkischen Bevölkerung 39,4 Prozent des gesamten Vermögens in der Türkei besaß, waren es im Jahr 2014 schon 54,3 Prozent, so das Finanzinstitut Credit Suisse. Auch wenn die lange wirtschaftlich rückständigen Regionen im Osten der Türkei maßgeblich für diese positive Entwicklung verantwortlich waren, verdienten besonders Eliten an diesem Aufschwung. Gerade die Baubranche habe gut an den riesigen Bauprojekten der letzten Jahre verdient so die Zeit. Dass es hierbei nicht immer mit rechten Mitteln zugegangen sein kann, zeigt die steigende Korruption in der Türkei.

Die Organisation Transparency International sieht die Türkei nur auf dem 64. Rang. Das Land spielt in der selben Liga wie Bulgarien, Rumänien, Ghana und dem Senegal, die ähnlich schlecht beurteilt worden sind. Diese nach oben gerichtete Vermögensverteilung liegt aber in Rahmen eines globalen Trends. Laut Oxfam besitzen 85 der reichsten Menschen der Erde ähnlich viel Geld, wie die ärmste Hälfte der gesamten Weltbevölkerung, weiterhin besitzt ein Prozent der Weltbevölkerung fast die Hälfte des gesamten Erdvermögens.

Die wachsende Ungleichheit in der Türkei wird verstärkt durch die eingetrübten wirtschaftlichen Aussichten. Zuletzt musste die Türkei im Jahr 2014 ihre Wachstumsprognosen nach unten korrigieren. Die türkische Regierung bezifferte damals die Wachstumserwartungen auf 3,3 Prozent, was ein Tiefpunkt war. Zurückzuführen sei dies auf die kreditbeschränkenden Maßnahmen, die in der Türkei seit 2014 gelten, so das Auswärtige Amt.

Dieser Trend könnte sich als taktgebend für die nächsten Wahlen erweisen. Trotz solider Staatsfinanzen und einer vorbildlichen Schuldenlast ist die Regierungspartei AKP auf einen anhaltenden Rückhalt in der Bevölkerung angewiesen. Gerade die größte türkische Oppositionspartei CHP hatte sich in der Vergangenheit auf ihre sozial-demokratischen Wurzeln besonnen und sich als Partei des kleinen Mannes dargestellt, so die Hurriyet. Damit steht sie in Konkurrenz zur AKP, die eine Zweidrittelmehrheit anstrebt, um die Verfassung ändern zu können. Das politische System der Türkei wurde dann zu einem präsidentiellen Regierungssystem tendieren, das Erdoğan zahlreiche neue politische Kompetenzen bescheren würde.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen nur noch geringfügig an - ist das die Trendwende?
09.05.2025

Der Anstieg der Insolvenzen in Deutschland hat sich im April deutlich verlangsamt. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Monatsvergleich...

DWN
Finanzen
Finanzen Commerzbank-Aktie profitiert von starkem Jahresauftakt - und nun?
09.05.2025

Die Commerzbank-Aktie hat zum Start in den Börsenhandel am Freitag leicht zugelegt. Das deutsche Geldhaus überraschte mit einem...

DWN
Politik
Politik Zweite Kanzlerreise: Erwartungen an Merz in Brüssel steigen
09.05.2025

Nur drei Tage nach seinem Amtsantritt ist Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zu seiner zweiten Kanzlerreise aufgebrochen – Ziel ist...

DWN
Technologie
Technologie Meta trainiert KI mit Ihren Daten – ohne Ihre Zustimmung. So stoppen Sie das jetzt!
09.05.2025

Ab dem 27. Mai analysiert Meta öffentlich sichtbare Inhalte von Facebook- und Instagram-Nutzern in Europa – zur Schulung seiner...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Silicon Valley wankt: Zölle, Zoff und zerplatzte Tech-Träume
08.05.2025

Während Europa auf seine Rezession zusteuert und China seine Wirtschaft auf staatlicher Kommandobasis stabilisiert, gibt es auch im sonst...

DWN
Panorama
Panorama Verkehrswende: Ariadne-Verkehrswendemonitor zeigt Entwicklung auf
08.05.2025

Wie sich die Verkehrswende in Deutschland aktuell entwickelt, ist nun auf einer neuen Onlineplattform des Potsdam-Instituts für...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation bewältigen: 7 Strategien für finanzielle Stabilität, weniger Belastung und einen nachhaltigeren Lebensstil
08.05.2025

Wer die eigenen Ausgaben kennt, kann gezielt handeln. So behalten Sie die Kontrolle über Ihr Geld. Mit Budgetplanung und klugem Konsum...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Maschinenbau: Bedeuten die Trump-Zölle das Ende einer deutschen Schlüsselindustrie?
08.05.2025

Der Maschinenbau befindet sich seit Jahren im Dauerkrisenmodus. Nun droht die fatale Zollpolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump zum...