Deutschland

Verkehrsminister Dobrindt stoppt Pkw-Maut

Lesezeit: 2 min
18.06.2015 09:54
Die EU-Kommission will gegen die deutsche Pkw-Maut rechtlich vorgehen. Verkehrsminister Dobrindt legt daher die umstrittene Abgabe auf Eis. in Start der Pkw-Maut im Laufe des Jahres 2016 sei damit nicht mehr möglich.
Verkehrsminister Dobrindt stoppt Pkw-Maut

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Die EU-Kommission geht wegen der Pkw-Maut juristisch gegen Deutschland vor. Das teilte der Sprecher von EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc am Donnerstag über Twitter mit. Somit geht die EU-Kommission davon aus, dass die Maut gegen EU-Recht verstößt.

Deutschland erhält nun zunächst ein Mahnschreiben aus Brüssel, hieß es im Vorfeld. Zu den Vorwürfen müsse Berlin innerhalb von acht Wochen Stellung nehmen. Wenn sich beide Seiten nicht einigen können, droht Deutschland am Ende eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Bis zu einem Urteil könnten zwei Jahre vergehen. Damit wäre der ursprünglich geplante Starttermin im Laufe von 2016 faktisch kaum haltbar. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) will die Einführung der Maut bis zu dieser Entscheidung verschieben, wie er der Bild sagte. «Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens bremst die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe», so Dobrindt. «Wir verhalten uns rechtsstaatlich und werden eine Gerichtsentscheidung abwarten.»

Nach früheren Angaben aus Kommissionskreisen sieht die Behörde in der Abgabe eine gezielte Diskriminierung ausländischer Autofahrer. Denn unter dem Strich würden nur ausländische Fahrer belastet, weil Inländer ihr Geld über eine Senkung der Kfz-Steuer zurückbekommen sollen, hieß es. Laut Bundesverkehrsministerium soll die Maut nach Abzug der Kosten jährlich 500 Millionen Euro einbringen.

Nach dem Bild-Bericht ist wegen des schwebenden Verfahrens und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit eine Ausschreibung für die Betreiberfirmen der Maut nicht möglich. Er werde die Vorbereitungen für die Einführung jedoch wie geplant weiter vorantreiben, sagte Dobrindt der Zeitung. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs könne dann ein Betreiber ausgewählt werden. «Von unserem Kurs, mehr Gerechtigkeit auf der Straße zu schaffen, lassen wir uns nicht abbringen.» Dobrindt kündigte an, er werde mit Brüssel «eine harte Auseinandersetzung» führen.

«Niemand wird diskriminiert, alle Pkw-Halter entrichten die Infrastrukturabgabe. Was wir mit der Kfz-Steuer machen, ist ausschließlich nationale Hoheit, Brüssel hat da keine Kompetenzen», sagte Dobrindt. Für das Vorgehen Brüssels habe er «kein Verständnis».

Der SPD-Verkehrspolitiker Sebastian Hartmann sieht «eine neue Situation» für seine Partei. «Wir vertrauen bisher auf das Urteil der Bundesregierung, dass die Pkw-Maut mit europäischem Recht vereinbar ist», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Mit der SPD werde es keine zusätzlichen Belastungen für deutsche Autofahrer geben. Die Pkw-Maut sei unter klaren Bedingungen eingeführt worden. «Keine dieser Bedingungen wird nachträglich verändert oder aufgelöst.»

Der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens warf Verkehrsminister Dobrindt vor, er verhindere eine gütliche Einigung mit der Kommission und fahre «unbeirrt in Richtung Maut für alle». «Diese politische Geisterfahrt muss sofort gestoppt und der Geisterfahrer aus dem Verkehr gezogen werden.» Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte die Regierung in der Saarbrücker Zeitung auf, ihr Mautgesetze zurückzuziehen. «Das wäre das Einfachste.»


Mehr zum Thema:  
Auto >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...