Politik

Der Druck steigt: Zins-Wende in den USA im September in Gefahr

Die Zinsanhebung der US-Notenbank ist keine ausgemachte Sache mehr: Plötzlich melden sich viele Entscheider zu Wort, die für die Beibehaltung der Niedrigzinsen sind. Es ist unwahrscheinlich, dass der antizipierte Kurswechsel wirklich schon im September kommt. Das hat auch innenpolitische Gründe.
02.09.2015 09:50
Lesezeit: 2 min

Der Chef der Boston Fed, Eric Rosengren, gibt Spekulationen Nahrung, wonach die Fed die Zinsen angesichts der jüngsten Turbulenzen an den Finanzmärkten doch noch nicht im September anheben könnte. Es mache aus ökonomischer Sicht kaum einen Unterschied, ob die Zinswende nun einige Monate früher oder später komme, sagte der Rosengren am Dienstag in New York. Es gebe zudem gute Gründe dafür, dass die Anpassung an ein normales Zinsniveau diesmal in deutlich kleineren Schritten komme als bei den beiden vorangegangenen Zinswenden. Das sei notwendig und auch angemessen. Rosengren fügte hinzu, die jüngsten Hinweise auf eine schwächere Weltkonjunktur könnten sich auch auf die USA ausweiten. Dies könne dann eine weitere Erholung am US-Arbeitsmarkt in Frage stellen. Er drückte eine deutlich pessimistischere Einstellung zur Entwicklung des Arbeitsmarkts aus.

Vertreter der US-Notenbank (Fed) kommen das nächste Mal am 16. und 17. September zusammen, um über die weitere Zinspolitik zu entscheiden. Bis vor wenigen Wochen waren viele Experten davon ausgegangen, dass dann auch erstmals seit Jahren wieder der bei nahe Null liegende Leitzins angehoben wird. Zuletzt hatte es aber heftige Turbulenzen an den Finanzmärkten gegeben. Hintergrund waren insbesondere Sorgen, die chinesische Wirtschaft könnte schwächeln. Rosengren ist in diesem Jahr bei Zinsentscheidungen der Fed nicht stimmberechtigt.

Auch IWF-Chefin Christine Lagarde stimmt in den Chor der Pessimisten ein: Die jüngsten Schwankungen auf den weltweiten Finanzmärkten zeigten, wie rasch die Risiken von einer Volkswirtschaft zur nächsten übergreifen könnten, sagte Lagarde am Mittwoch in Jakarta. "Was sich in den vergangenen Wochen erwiesen hat, ist, wie sehr Asien im Zentrum der Weltwirtschaft steht", sagte die Präsidentin des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf einer Konferenz in der indonesischen Hauptstadt. Es habe sich auch gezeigt, wie sehr Störungen auf einem Markt in Asien auf den Rest der Welt übergreifen könnten.

Die Weltwirtschaft spüre Gegenwind durch die Anpassungen in China, das langsame Wachstum in Japan, fallende Rohstoffpreise und Unsicherheiten in Bezug auf eine Anhebung der US-Zinsen.

Diese Einschätzung ist bemerkenswert, weil sie so ziemlich das Gegenteil dessen besagt, was der IWF noch am 22. August verlauten ließ. Damals hieß es, so Reuters:

Der Wirtschaftsabschwung und der Kurseinbruch an den Börsen in China sind nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) keine Vorboten für eine Krise. Bei der Entwicklung handele es sich lediglich um eine "notwendige Anpassung" der Konjunktur der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, sagte IWF-Exekutivdirektor Carlo Cottarelli am Samstag. Die Geldpolitik der Volksrepublik sei in den vergangenen Jahren sehr expansiv gewesen. Es sei absolut verführt, von einer Krise in China zu sprechen. Zwar schwäche sich die chinesische Realwirtschaft ab, dies sei aber ein natürlicher Vorgang.

Zuerst hatte Obama-Berater Larry Summers gefordert, die Zinswende abzusagen. Die US-Regierung hat kein Interesse an Turbulenzen im entscheidenden Jahr vor der Präsidentenwahl. Daher wird sie ihren Einfluss auf die Fed ausüben, um eine ihr genehmen Entscheidung zu erwirken. Die Chefin der Fed, Janet Yellen, wurde erst vor kurzem von US-Präsident Barack Obama ernannt.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Solarausbauziel in Deutschland bis 2030 zur Hälfte erfüllt
04.07.2025

Deutschland hat bereits einen großen Schritt in Richtung Solarenergie gemacht – doch der Weg ist noch weit. Trotz beachtlicher...

DWN
Politik
Politik One Big Beautiful Bill: Das steckt hinter Trumps Steuererleichterungen
04.07.2025

Am amerikanischen Unabhängigkeitstag setzt Donald Trump ein innenpolitisches Zeichen: Mit dem "One Big Beautiful Bill" will er seine...

DWN
Panorama
Panorama Waldbrand Sachsen: Gohrischheide - über 1.000 Einsatzkräfte im Einsatz
04.07.2025

Hitze, Trockenheit und starker Wind: In Sachsen und Thüringen kämpfen Einsatzkräfte gegen massive Waldbrände. Besonders die...

DWN
Politik
Politik Rentenkasse: Neue Mütterrente wohl erst ab 2028 umsetzbar
04.07.2025

Die Ausweitung der Mütterrente sorgt für Diskussionen: Einigkeit herrscht über das Ziel, Uneinigkeit über das Tempo. Millionen Mütter...

DWN
Finanzen
Finanzen Sparen für Kinder: Welche Anlagen sich wirklich lohnen
04.07.2025

Eltern wollen ihre Kinder finanziell absichern, doch viele verschenken Chancen. Statt renditestarker Anlagen dominiert Vorsicht, oft ohne...

DWN
Technologie
Technologie KI im Jobmarkt: Die große Lüge von der Objektivität
04.07.2025

Algorithmen sollen neutral entscheiden – doch KI entlarvt sich im Personalbereich als versteckter Türsteher: Diskriminierung,...

DWN
Panorama
Panorama Grillmarkt in der Krise? Holzkohle wird teurer
03.07.2025

Grills verkaufen sich längst nicht mehr von selbst. Nach Jahren des Booms mit Rekordumsätzen schwächelt die Nachfrage. Händler und...

DWN
Finanzen
Finanzen Milliarden für Dänemark – Deutschland geht leer aus
03.07.2025

Dänemark holt 1,7 Milliarden DKK aus Deutschland zurück – ohne die deutsche Seite zu beteiligen. Ein heikler Deal im Skandal um...