Unternehmen

Blaupunkt Hildesheim entlässt auch die letzten Mitarbeiter

Der Autoradio-Hersteller Blaupunkt in Hildesheim wird endgültig abgewickelt. Eine Rettung der Arbeitsplätze ist in letzter Sekunde gescheitert, der Investor will nur noch den Lagerbestand übernehmen.
16.02.2016 09:43
Lesezeit: 2 min

Blaupunkt steht für Technik-Meilensteine im Auto: Das Unternehmen entwickelte Europas erstes Autoradio und auch das erste Navi. Der Erfolg ist Geschichte, in Hildesheim geht das letzte Kapitel zu Ende.

Die Keimzelle des einstigen Autoradio-Imperiums Blaupunkt in Hildesheim wird endgültig abgewickelt. Die letzten 33 Mitarbeiter einer am Standort verbliebenen Sparte erhalten „in Kürze“ ihre Kündigungen, wie Insolvenzverwalter Rainer Eckert am Montag mitteilte. Der Erhalt der Jobs sei in letzter Sekunde gescheitert.

Stattdessen gehe die Lizenz für das Blaupunkt-Einzelhandelsgeschäft in Europa an einen Investor, der nur noch den Lagerbestand übernehme, aber weder Mitarbeiter noch Standort. „Ich bedauere diese Entwicklung umso mehr, als eine Lösung zum Greifen nah war“, sagte Eckert.

Das nach dem Zweiten Weltkrieg von Berlin nach Hildesheim umgezogene Unternehmen mit dem blauen Punkt hatte über sechs Jahrzehnte zur schwäbischen Bosch-Gruppe gehört. Ende 2008 kam es zum Verkauf an einen Münchner Investor. Im vergangenen Herbst folgten Insolvenzen und der Versuch, die Unternehmensreste in Teilen zu sanieren.

Der Auslöser für die Trennung von Bosch vor gut sieben Jahren hing auch mit dem digitalen Wandel im Auto zusammen. Erstausrüster-Radios für das direkte Geschäft mit den Autoherstellern entwickelten sich immer mehr zu komplexen Systemen. Sie sind mit anderen Elektroteilen vernetzt und haben nur noch wenig gemeinsam mit den klassischen Autoradios, die abgeschlossene Systeme im genormten Schacht waren.

Teile von Blaupunkt leben aber fort, wenn auch künftig nicht mehr in Hildesheim. Im Dezember verkaufte Eckerts Kollegin Stefanie Zulauf den Angaben zufolge Blaupunkts Engineering-Gesellschaft an den Unternehmer Razvan Olosu. Der hatte beim Nokia-Aus in Bochum bereits der Autosparte des Handyherstellers beim Überleben geholfen. Zuvor im November hatte der belgische Autozulieferer Premium Sound Solutions das industrielle Blaupunkt-Erstausrüstungsgeschäft gekauft, inklusive der Produktionsstätte in Malaysia. Zudem führen frühere ausländische Blaupunkt-Partner das außereuropäische Endkundengeschäft weiter.

Die IG Metall bedauerte die aktuelle Entwicklung. Betriebsratschef Siegfried Tölke sagte am Montag, dass für die restlichen 33 Kollegen ein Sozialplan ausgehandelt werden solle. Der älteste Mitarbeiter sei Anfang 60, der jüngste noch keine 30 Jahre alt. Die Kündigungen greifen zum 31. Mai. Laut Tölke hätte der alternative Investor, der am Ende trotz weit fortgeschrittener Verhandlungen doch nicht den Zuschlag erhielt, „12 bis 14“ Mitarbeiter am Standort halten wollen.

Der Name Blaupunkt steht für Meilensteine im Auto: Vor gut 80 Jahren präsentierte der Blaupunkt-Vorgänger Ideal Europas erstes Autoradio. Der Schatz von damals, „Autosuper AS 5“, war ein schwarzer Kasten, 15 Kilogramm schwer und größer als ein Schuhkarton. Von Knöpfen, Tasten und Rädchen keine Spur - eine faustgroße „Fernbedienung“ am Steuer regelte Lautstärke und Senderwahl über Bowdenzüge.

Auch das erste Navigationsgerät für den Straßenverkehr hatte in den 1980er Jahren seine Ursprünge bei Blaupunkt, damals dann schon unter dem Dach von Bosch. Der Prototyp hieß 1983 Eva – „Elektronischer Verkehrslotse für Autofahrer“. Seine Landkarte war seinerzeit noch auf einer Kassette gespeichert - deren Datenvolumen reichte gerade einmal für die Hildesheimer Innenstadt. Die CD erlaubte später mehr.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

 

 

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...