Politik

Neues Gesetz verbietet Deutschland Wirtschaftsspionage

Das neue BND-Gesetz verbietet dem deutschen Geheimdienst Wirtschaftsspionage. Die US-Dienste dürfen dagegen weiter deutsche Unternehmen ausspionieren.
22.10.2016 03:09
Lesezeit: 2 min

Nach den Enthüllungen über seine umstrittene Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA gelten für den Bundesnachrichtendienst (BND) künftig präzisere Regeln für das Ausspähen von Zielen im Ausland. Für die NSA hat es dagegen bis zum heutigen Tag keine Konsequenzen gegeben. US-Präsident Barack Obama hatte lediglich versprochen, dass das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht mehr abgehört wird.

Das Gesetz verbietet dem BND ausdrücklich Wirtschaftsspionage, ebenso das gezielte Ausspähen befreundeter Staats- und Regierungschefs. Diese Regelung dürfte dazu führen, dass Deutschland gegen ausländische Spionage im Wirtschaftsbereich ins Hintertreffen gerät. Die US-Dienste etwa betreiben die Spionage seit Jahrzehnten und haben sich bisher keine Begrenzungen auferlegt, um diesen Wettbewerbsvorteil aufzugeben.

Die neuen Regeln für den BND werden darüber hinaus die Möglichkeiten der US-Dienste stärken: Nach Einschätzung von Geheimdienstexperten, die den Deutschen Wirtschafts Nachrichten vorliegen, können nur die Amerikaner die umstrittenen Selektoren technologisch bedienen. Die Rolle der deutsche Dienste ist in diesem Fall auf die Rolle von Zulieferern beschränkt. Die Weitergabe von Informationen über deutsche Staatsbürger an befreundete Dienste kann demnach nicht mehr wirksam kontrolliert werden.

Kontrolliert werden soll die strategische Fernmeldeaufklärung von Ausländern im Ausland durch den BND künftig von einem Gremium aus zwei Bundesrichtern und einem Bundesanwalt. Wie sich dieses Gremium einen Einblick in die tatsächlich über die Selektoren erfassten Personen verschaffen will ist unklar.

Mit der BND-Reform sei die Abwägung zwischen den Befugnissen der Sicherheitsbehörden und den Grundrechten der Bürger gelungen, sagte die CDU-Abgeordnete Nina Warken. Mit dem Gesetz werde die Konsequenz aus der Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses des Bundestages gezogen. Warken verteidigte dabei die Zusammenarbeit des BND mit ausländischen Diensten wie der NSA. Der Mann in Chemnitz, von dem die Ermittler sagen, er sei Syrer gewesen, sei in Sachsen schließlich "nicht mit schönen Sonntagsreden" sondern mit Hilfe "unserer amerikanischen Freunde" gefasst worden.

Der SPD-Abgeordnete Christian Flisek sagte, dass der BND bei der Überwachung von Internet- und Telekommunikationsdaten im Ausland bislang "in einer völligen Dunkelkammer" agiert habe. Das ändere sich nun. Flisek verwies auch auf den stärkeren Schutz, den Bürger und Einrichtungen in der Europäischen Union künftig genießen.

Die Linken-Abgeordnete Martina Renner kritisierte dagegen, dass die Rechtslage an die Wünsche des Geheimdienstes angepasst werde. "Und das bedeutet anlasslose Massenüberwachung."

Auch Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz beklagte, dass die verfassungswidrige Praxis des BND andauere. Die Suchbegriffe, nach denen der Geheimdienst die Internetkommunikation durchforste, hätten in 90 Prozent der Fälle nichts mit Terrorismus zu tun. Dadurch würden die Grundrechte von Deutschen missbraucht. "Unsere Verfassung ist kein Störfaktor beim Kampf gegen den Terrorismus, sondern die Grundlage dafür."

Die Erfassung von Daten deutscher Staatsbürger durch den BND ist grundsätzlich unzulässig. Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Geheimdienst bei seiner Überwachung auch die Kommunikation von Deutschen ins Netz geht. Ein Filtersystem soll dafür sorgen, solche Verkehre zu erkennen und unverzüglich zu löschen. Eine Garantie gibt es aber nicht.

In einem weiteren Gesetz beschloss der Bundestag, dass das für die Geheimdienstüberwachung zuständige Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) einen Ständigen Bevollmächtigten mit eigenem Arbeitsstab bekommt. Der neue Posten soll eine wirksamere Kontrolle von BND, Verfassungsschutz und Militärischem Abschirmdienst durch die Volksvertreter sicherstellen.

Der Linken-Abgeordnete André Hahn äußerte allerdings die Befürchtung, dass bestimmte Akten künftig nur noch dem Bevollmächtigten übergeben werden. Auf die Besetzung des Mitarbeiterstabes werde die Opposition keinen Einfluss haben. Der PKGr-Vorsitzende Clemens Binninger (CDU) sagte dagegen, dass es darum gehe, die parlamentarische Kontrolle dauerhaft auf ein seriöseres Niveau zu heben.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...