Politik

Schweizer stimmen für den Ausstieg aus der Atomkraft

Lesezeit: 2 min
21.05.2017 21:37
Die Schweizer haben am Sonntag mit einer klaren Mehrheit für eine Energiewende gestimmt.
Schweizer stimmen für den Ausstieg aus der Atomkraft

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die Schweiz steigt aus der Atomenergie aus. Beim Volksentscheid am Sonntag sprach sich eine klare Mehrheit der Stimmberechtigen für die "Energiestrategie 2050" aus. Nach dem vorläufigen Endergebnis stimmten 58,2 Prozent für die Pläne der Regierung. Das Ergebnis zeige, dass die Bevölkerung eine neue Energiepolitik wünsche und keine neuen Atomkraftwerke, sagte Energieministerin Doris Leuthard. Der Bau neuer Atomkraftwerke wird nun verboten, und der Verbrauch fossiler Brennstoffe soll einschränkt werden. Strom soll vermehrt aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Insgesamt soll der Energieverbrauch bis 2035 im Vergleich zum Jahr 2000 fast halbiert werden. Finanzielle Anreize erleichtern dabei den Umstieg.

Die NZZ erwartet nun eine Welle an Subventionen. Zunächst werden die Erneuerbaren Energie-Träger gefördert. Danach werden die Schweizer Steuerzahler für die Entsorgung des Atommülls aufkommen müssen. Wir man aus Deutschland weiß, ist das ein teures Unterfangen. Die NZZ: "Sobald die zusätzliche Förderung der Wasserkraft und damit der konkursgefährdeten Stromkonzerne unter Dach und Fach ist, dürfte die Stützung der Atomenergie aufs Tapet kommen. Obwohl dies für sie unappetitlich ist, sind hier selbst linke Politiker bereit, staatliche Mittel zu sprechen, wenn sich im Gegenzug die Besitzer der Kernkraftwerke zu einem verbindlichen Fahrplan zur Ausserbetriebnahme verpflichten."

Leuthard sagte, durch das Gesetz würden die heimischen erneuerbaren Energien gestärkt und der Verbrauch fossiler Brennstoffe reduziert. Die Abhängigkeit vom Ausland werde verringert. Das Gesetz führe die Schweiz in eine moderne Energiezukunft. Einige seiner Teile würden bereits Anfang 2018 in Kraft treten.

Die Schweizer folgen mit ihrer Entscheidung Deutschland, das den Umstieg auf erneuerbare Energien vor Jahren auf den Weg gebracht hat. Die Vorlage war von weiten Teilen der bürgerlichen und linksgrünen Parteien unterstützt worden. Die Konservativen wie die Schweizerische Volkspartei (SVP) lehnten die Pläne dagegen ab.

Die Wirtschaft war gespalten. Gegner der Strategie hatten eine Gefährdung der Energieversorgung und ausufernde Kosten befürchtet und zudem kritisiert, dass die Energiewende vor allem von Kleinkunden gestemmt und Großabnehmer finanziell entlastet würden. Die Umstellung kostet nach Schätzungen der Regierung jährlich rund eine Milliarde Franken. Ein vierköpfiger Haushalt müsste demnach pro Jahr mit einer zusätzlichen Belastung von etwa 40 Franken rechnen.

Derzeit erzeugt die Schweiz mehr als ein Drittel ihrer Elektrizität mit Atomkraft. Der überwiegende Teil stammt mit rund 60 Prozent aus Wasserkraft. Lediglich vier Prozent kommen aus anderen erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind. Den Ausfall durch den Abschied von der Atomkraft will die Regierung durch den Ausbau erneuerbaren Energien und über einen geringeren Stromverbrauch kompensieren. Deutschland ist der Schweiz voraus: Dort stammen bereits ein Drittel aus erneuerbaren Quellen.

Der Tagesanzeiger analysiert, dass der Staat künftig eine größere Rolle beim Strom spielen werde: "Voraussetzung für jedes Modell ist ein Gesetzesartikel, der die ,Versorgungssicherheit' zur Staatsaufgabe machen würde. Der Bund hätte dann die Grundversorgung mit Elektrizität zu gewährleisten." Die Zeitung erwartet, dass sich die Schweiz vom internationalen Strommarkt abkoppeln will: "Je höher die Eigenversorgung, desto stärker würde die inländische Produktion vor billiger ausländischer Konkurrenz geschützt. Es wäre faktisch eine Abschottung des Schweizer Markts vor ausländischer Konkurrenz, was dem Wunsch von Schweizer Stromproduzenten entgegenkäme. Entsprechend höher wäre aber wohl auch der Strompreis."


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag zum Handelsstart mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Europäische Unternehmen sehen düstere Aussichten in China
10.05.2024

Die jährliche Geschäftsklimaumfrage der EU-Handelskammer in Peking zeigt, dass europäische Unternehmen ihre Wachstumschancen in China so...