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Umstieg auf Elektro-Auto wird für deutsche Autofahrer teuer

Lesezeit: 7 min
21.08.2017 00:20
Der Umstieg auf Elektroautos wird für die deutschen Autofahrer ein teures Unterfangen.

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Der Kauf eines Elektro-Autos wird derzeit eifrig gefördert. In Deutschland, Österreich und Frankreich werden großzügig Prämien und Steuererleichterungen für Autofahrer gewährt. Die Politik demonstriert, dass sie mit dem Umweltschutz ernst macht. Dieser erfreuliche Eifer wie auch die satten Subventionen bekommen einen schalen Beigeschmack, wenn man eine realistische Betrachtung vornimmt. Neben den Zuschüssen aus den Staatskassen wird auch der im Vergleich zum Diesel- und Benzin-Preis niedrigere Strompreis gerne als Vorteil der E-Autos herangezogen.

Allerdings können die Staaten nicht auf die derzeit kassierten, hohen Steuern auf Diesel und Benzin verzichten. Wenn die Verbraucher zum E-Auto wechseln, werden unweigerlich die Steuern mitwandern und die Förderungen verschwinden. Strom statt Benzin oder Diesel für 100 km wird dann recht teuer – abgesehen von den sonstigen Belastungen wie etwa den Kosten für die Erneuerung der Batterien eines E-Autos, den Kosten der zusätzlich für die Stromerzeugung erforderlichen Kraftwerke oder den Aufwendungen für Photovoltaik-Anlagen.

Die Rechnung durch die rosarote Brille der Optimisten

Wie immer sind Steuer-Rechnungen außerordentlich kompliziert und die verschiedenen Experten kommen zu verschiedenen Ergebnissen. In etwa ist man sich in den drei näher betrachteten Ländern Frankreich, Deutschland und Österreich einig: Die derzeit geltenden Zuschüsse und Steuer-Erleichterungen für Autofahrer sollen bei einer Nutzungsdauer der Fahrzeuge von acht Jahren an die 100.000 Euro bei einem Tesla und bis zu 50.000 Euro bei einem Golf ergeben. Die doch beträchtlichen Kaufpreise würden unter diesen Bedingungen keine Rolle spielen. Allerdings: Immer unter der Voraussetzung, dass die Politik es sich in den kommenden Jahren nicht anders überlegt – und unter der Annahme, dass man alle Förderungen optimal ausnutzen kann.

Blickt man nun auf die Stromkosten für 100 Kilometer ebenfalls durch die Brille der Optimisten und geht davon aus, dass man nur 20 kWh auf 100 km verbraucht, so errechnet sich ein Aufwand für:

  • Frankreich von 2,80 Euro
  • für Österreich von 3,20 Euro
  • für Deutschland immerhin schon von 5,00 Euro

Hier sei vorweg angemerkt, dass 20 kWh derzeit ein besonders günstiger Wert sind. Realistisch sind deutlich höhere Werte, doch sei hier die optimistische Variante an die erste Stelle gerückt.

Der günstigste Wert für Frankreich ergibt sich durch den bedeutenden Anteil der Kernkraftwerke, der österreichische Preis ist entscheidend durch die Wasserkraft bestimmt. Der deutlich höhere Betrag in Deutschland ist eine Folge der Förderung der alternativen Energien und hier im Besonderen der Windenergie sowie der Photovoltaik. Die von den Konsumenten bezahlte Umlage für die Förderung der Erneuerbaren Energien – EEG-Umlage – beträgt allein 22 Prozent des Strompreises, dazu kommen noch die Stromsteuer und andere Abgaben.

Bei den in diesem Bericht angegebenen Daten werden stets untere Werte verwendet. So weist die EU für Deutschland einen durchschnittlichen Strompreis je Kilowattstunde von über 29 Cent aus. Hier wird von 25 Cent ausgegangen. Für Österreich geht man in der Europäischen Statistik von über 20 Cent aus – hier sind 16 Cent zugrunde gelegt. Dies geschieht, um jedenfalls keine übertriebenen Werte auszuweisen.

Eine Spur Realismus zu den optimistischen Berechnungen

Die reinen Treibstoffkosten eines traditionellen mit Diesel oder Benzin betriebenen PKWs liegen derzeit etwa bei 8 Euro für 100 km. Hier ist ein durchschnittlicher Preis von 1,15 Euro für einen Liter Diesel oder Benzin angesetzt. Bekanntlich wird dieser Preis häufig deutlich übertroffen. Nicht selten zahlt man in diesen Tagen an französischen Tankstellen über 1,20 für einen Liter Diesel und über 1,40 für Super, in Deutschland für Diesel 1 Euro, für Super über 1,20, in Österreich knapp 1 Euro für Diesel, etwas mehr als 1 Euro für Super. Aus dieser verwirrenden Palette von Preisen lässt sich für die drei Länder bei vorsichtiger Berechnung ein Schnitt von 8 Euro für 100 km errechnen, der aber eher die Untergrenze darstellt. Auch sind 7 Liter für 100 km durchaus realistisch, selbst wenn man berücksichtigt, dass einige Autos unter günstigen Bedingungen weniger verbrauchen.

Staaten kassieren hohe Treibstoffsteuern, auf die sie nicht verzichten

Die Mineralölsteuer ist eine entscheidende Geldquelle, auf die der Fiskus nicht verzichten wird. Hier gibt es verschieden Bezeichnungen: In Deutschland wurde die Mineralölsteuer zur Energiesteuer, in Österreich heißt sie immer noch Mineralölsteuer, in Frankreich steckt hinter dem Kürzel TICPE nicht die gleichnamige Sagenfigur aus der Antike, sondern die „Taxe intérieure de consommation sur les produits énergétiques“. Auch im Bereich der Treibstoffbesteuerung gibt es verschiedene Sätze und verschiedene Berechnungsmethoden, aber 60 Cent je Liter sind ein realistischer und vorsichtiger Ansatz. Bei 7 Liter Verbrauch auf 100 km fallen also 420 Cent auf eben jene 100 Kilometer an.

Bleibt man bei der günstigen Annahme, dass das E-Auto nur 20 kWh auf 100 km braucht und die Mineralölsteuer etwa in dem üblichen Ausmaß kassiert wird, so springen die Treibstoffkosten je 100 km bereits auf:

  • 7,83 Euro in Frankreich
  • 8,24 Euro in Österreich
  • 10,00 Euro in Deutschland

Damit werden die aktuellen Diesel- und Benzinpreise in etwa erreicht oder sogar übertroffen.

Zu beachten ist, dass die E-Autos einen zusätzlichen Strombedarf auslösen, der durch den Bau neuer Kraftwerke zu decken ist. Diese Kosten sind in den derzeit geltenden und als Grundlage verwendeten Strompreisen nicht enthalten. Somit handelt es sich bei den hier angesetzten Beträgen auch im Hinblick auf die erforderlichen Investitionen der E-Wirtschaft um vorsichtig kalkulierte, niedrige Werte.

Die Notwendigkeit, durch zusätzliche Anlagen den Mehrbedarf zu decken, gilt grundsätzlich. Für Deutschland stellt sich die Frage nach der künftigen Energiepolitik. Die hohe Förderung von Wind- und Sonnen-Energie durch die von den Konsumenten bezahlte Umlage zur Finanzierung der Erneuerbaren Energien hat Strukturprobleme ausgelöst: Wind und Sonne sorgen für starke Produktionsschwankungen, die durch Kraftwerke abgefangen werden müssen. Die Folge ist ein allerdings nur rechnerischer Überschuss. Würde man die Mittel verstärkt für Grundlastkraftwerke – Kohle, Erdgas, Kernkraft, Laufwasser – einsetzen, ergäbe sich im Rahmen der aktuellen Strompreise ein finanzieller Spielraum für Investitionen.

In der Praxis ist mit deutlich höheren Preisen zu rechnen

Realistischerweise dürfte der durchschnittliche Verbrauch eines E-Autos bei 25 kWh auf 100 Kilometer liegen. Tatsächlich beträgt der Verbrauch bei einer Reihe von derzeit im Einsatz befindlichen Fahrzeugen 30 und mehr kWh. Somit muss man unter den aktuellen Bedingungen damit rechnen, dass die Treibstoffkosten unter Einrechnung einer üblichen Besteuerung zwischen 8,50 und 12,50 Euro für 100 km betragen werden. Diese Beträge dürften angesichts der niedrig angesetzten Ausgangswerte die Untergrenze bilden.

Derzeit entsteht der Eindruck, die E-Mobilität werde zu einer Verbilligung führen. Dies ist unwahrscheinlich – vielmehr ist mit Kosten zu rechnen, wie sie in den Phasen des extrem hohen Ölpreises üblich waren.

Die große Unbekannte: Wie hoch werden die Reparaturkosten sein?

Noch gibt es keine umfassenden Erfahrungen über die außerhalb des Treibstoffs anfallenden Kosten. Im Vordergrund stehen jedenfalls die Kosten der Batterien, die bei einem voll elektrischen Auto derzeit mit Beträgen in der Größenordnung von 15.000 Euro angegeben werden. Strittig ist, ob durch die stärkere Verbreitung der E-Autos die Preise tatsächlich extrem sinken und somit eine Reparatur oder ein Ersatz leistbar sein werden. In diesem Zusammenhang wird auch über die Lebensdauer diskutiert.

Bei Hybrid-Autos, die den Einsatz von Strom mit der Verwendung von Benzin oder Diesel kombinieren, sind die Batterien mit etwa 3.000 Euro auch teuer, aber deutlich billiger als bei E-Autos und dürften auch sehr lange halten

Das Kraftwerk auf dem eigenen Dach ist nicht einfach zu betreiben

Verschiedentlich wird die Ansicht vertreten, die E-Mobilität werde sich leicht durch eine Photovoltaik-Anlage auf dem eigenen Dach billig gestalten lassen. Tatsächlich fallen im Betrieb geringe Kosten an und die Autos können somit günstig mit dem eigenen Strom aufgeladen werden.

Allerdings unterliegt die Nutzung der Sonnenenergie auch im privaten Bereich den gleichen Bedingungen wie bei der industriellen Produktion: Die Anlage produziert keinen Strom in der Nacht, bei Nebel und dichter Bewölkung fällt die Produktion stark zurück, bei extremer Hitze von über 30 Grad treten Probleme auf. Somit sind die Kostenvorteile nur bei Schönwetter gegeben. In diesen Phasen wird aber zu viel produziert, sodass Strom in das öffentliche Netz abgegeben werden muss, wobei die hierfür erzielbaren Preise unbefriedigend sind. In den Flaute-Phasen ist man auf den Zukauf von Strom aus dem öffentlichen Netz angewiesen. Unter diesen Umständen ist das private Kraftwerk auf dem Dach schwer zu bettreiben und vermutlich nur in einem Verbundsystem mit anderen Nutzern sinnvoll, wobei stets die Absicherung durch die Energie-Unternehmen gegeben sein muss.

Zu beachten sind auch die beträchtlichen Kosten einer Photovoltaik-Anlage sowie die Aufwendungen bei eventuell notwendigen Reparaturen. Förderungen spielen hier eine große Rolle, die allerdings immer wieder in Frage gestellt werden und somit kein verlässlicher Kalkulationsfaktor sein können. Die Installation auf dem eigenen Einfamilienhaus ist relativ leicht durchzuführen – die Errichtung derartiger Anlagen im dicht verbauten, städtischen Bereich bedeutend schwieriger. Auch bei der eigenen Strom-Tankstelle vor dem Haus ist die Dauer der Aufladung ein kritischer Faktor – genau wie bei den öffentlich angebotenen Stromtankstellen. Und nicht zuletzt stellt sich die bange Frage, ob auch unterwegs genügend E-Tankstellen zur Verfügung stehen.

Die Kosten der Batterien, der Photovoltaik-Anlagen, die Reichweite der Fahrzeuge, die Verfügbarkeit von E-Tankstellen – alle diese Herausforderungen sollten lösbar sein. Nicht lösbar ist der Umstand, dass Sonnen-Energie nur erzeugt werden kann, wenn die Sonne scheint.

Die ungünstige Relation zu den Benzin- und Diesel-Preisen ist kein Zufall

Die sich für die Zukunft abzeichnenden Preise für den Betrieb von Elektro-Autos liegen nicht zufällig über den Vergleichswerten der Preise für den Betrieb mit Benzin oder Diesel. Für die Ölwirtschaft gibt es seit langem ein entscheidendes Kriterium: Zu welchem Preis kann man den jeweiligen Konkurrenten unterbieten. Diese Politik begann in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit der systematischen Billig-Konkurrenzierung der Kohle. Als die Kohle ihre Vorrangstellung endgültig eingebüßt hatte, startete in den siebziger Jahren die Preishausse bei Öl. Der Yom-Kippur-Krieg 1973 lieferte den willkommenen Anlass, um die Preise explodieren zu lassen.

In den folgenden Jahrzehnten trat kein nennenswerter Gegner auf den Plan. Initiativen, Alternativ-Energien zum Durchbruch zu verhelfen, konnten mit Preisschwankungen leicht aus dem Markt geworfen werden. Diese Politik funktioniert auch, wenn keine offizielle Einigung im Rahmen des Öl-Kartells OPEC zustande kommt. Hier ziehen alle, von den Ölstaaten bis zur Industrie, an einem Strang.

Die Erfolge der Auto-Ingenieure bei der Reduktion des Treibstoff-Verbrauchs wirkten sich für die Ölwirtschaft nicht aus. Jede Senkung der Mengen wurde durch eine Anhebung der Preise ausgeglichen.

Mit dem Pariser Umwelt-Gipfel Ende 2015 und dem Beschluss, Benzin- und Diesel-Autos zu verbieten und durch Elektro-Autos abzulösen, schien das Ende der Ölherrschaft gekommen. In der Folge stürzte der Preis je Ölfass bis Februar 2016 auf etwa 30 Dollar ab und brachte die Lieferanten von Russland bis Saudi-Arabien in Schwierigkeiten. Mittlerweile hat sich der Preis bei 50 Dollar stabilisiert. Mit diesem Wert haben die Anbieter zwar nicht mehr die Super-Gewinne wie bei 140 Dollar je Fass, erzielen aber durchaus attraktive Erträge. Vor allem aber können sie sicherstellen, dass die Vergleichsrechnungen bei 50 Dollar je Fass zwischen dem E-Auto und den Benzin- und Diesel-Fahrzeugen ihre Position stützen und die Begeisterung der Konsumenten für das umweltfreundliche Elektro-Auto erschüttern werden.

Die Ölländer wissen auch die USA auf ihrer Seite, die zur Absicherung ihrer in den letzten Jahren extrem gewachsenen Schiefer-Öl und -Gas-Produktion ebenfalls ein kostendeckendes Preisniveau benötigen.

Das ausschließlich mit Strom betriebene E-Auto hat somit mächtige Gegner.

Kommt trotzdem das Ende der Vormachtstellung der Ölwirtschaft?

Allerdings zeichnet sich ein Ende der absoluten Herrschaft der Ölwirtschaft ab: Mit den Hybrid-Autos werden die meisten Probleme, die die reinen E-Autos belasten, vermieden.

  • die Autos erzeugen den Strom zum großen Teil selbst
  • der Bedarf an Strom aus dem öffentlichen Netz ist deutlich geringer als bei E-Autos
  • man benötigt kaum E-Tankstellen
  • der Verbrauch an Benzin oder Diesel sinkt dramatisch
  • Während bisher die Ölwirtschaft die geringeren Mengen stets durch höhere Preise ausgeglichen hat, wird dies bei 2 oder 3 Liter Benzin bzw. Diesel für 100 Kilometer nicht mehr so leicht möglich sein.

Die Industrie und die Umweltpolitik unternehmen derzeit enorme Anstrengungen, um das E-Auto allen Hindernissen zum Trotz doch zu einem Erfolg zu machen. Somit wird das E-Auto eine wichtige Rolle auf dem Markt spielen. Zu bezweifeln ist, dass Diesel und Benzin zur Gänze aus dem Straßenverkehr verschwinden werden. Und nicht zuletzt darf man nicht vergessen, dass vom Wasserstoff bis zum Erdgas noch andere Energieträger den Auto-Markt revolutionieren könnten.

***

Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF.

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Ronald Barazon war viele Jahre Chefredakteur der Salzburger Nachrichten. Er ist einer der angesehensten Wirtschaftsjournalisten in Europa und heute Chefredakteur der Zeitschrift „Der Volkswirt“ sowie Moderator beim ORF.


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