Finanzen

Internationale Konzerne drängen deutsche Anwalts-Kanzleien aus dem Markt

Lesezeit: 2 min
27.01.2018 22:42
Große Unternehmensberatungen dringen zunehmend in den Markt kleinerer Anwaltskanzleien vor.
Internationale Konzerne drängen deutsche Anwalts-Kanzleien aus dem Markt

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Wie eine Studie des Marktforschungsunternehmens Lünendonk & Hossenfelder – das erstmals den Markt für Wirtschaftskanzleien in Deutschland untersucht hat – belegt, drängen große Wirtschaftsprüfer immer stärker in Arbeitsbereiche von Anwalts-Kanzleien vor und weisen dort bereits erhebliche Wachstumsraten auf.

Grundlage der Studie war eine Befragung der vier größten in Deutschland aktiven Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften EY (Ernest & Young), Deloitte, KPMG und PwC, die in der Branche auch als „Big Four“ bezeichnet werden. Ebenfalls berücksichtigt wurden kleinere Unternehmen aus den sogenannten „Next Ten“ wie Baker Tilly Roelfs, Ebner Stolz, Roever Broenner Susat Mazars sowie Rödl & Partner. Darüber hinaus waren auf Wirtschaftsfragen spezialisierte Anwaltskanzleien, die zu den ersten Adressen in Deutschland gezählt werden, Gegenstand der Umfrage: Allen & Overy, Clifford Chance, CMS Hasche Sigle, Freshfields Burckhaus Deringer, Gleiss Lutz, Hengeler Mueller, Hogan Lovells, Linklaters, Noerr sowie White & Case. An der Befragung haben insgesamt 32 Rechtseinheiten von Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften und Anwaltskanzleien teilgenommen.

Die unterschiedliche Entwicklung der Umsätze ist dabei besonders interessant: Während die an der Umfrage beteiligten Anwaltskanzleien des Wirtschaftssektors im Jahr 2016 durchschnittlich um 5,8 Prozent gewachsen sind, konnten sich die Rechtsabteilungen der Wirtschaftsprüfer um 13,6 Prozent um mehr als das Doppelte verbessern.

Jedoch ist dabei auch zu berücksichtigen, dass das Wachstum der Rechtsabteilungen der Wirtschaftsprüfer von einem deutlich niedrigeren Niveau ausgeht. Wie das jährliche Kanzleien-Ranking des Verlags Juve verdeutlicht, beläuft sich der Umsatz der Nummer eins der Wirtschaftskanzleien in Deutschland, Freshfields Bruckhaus Deringer, im Jahr 2016 auf rund 370 Millionen Euro. Immerhin hat White & Case, die Nummer zehn, noch knapp 140 Millionen Euro umgesetzt.

Dagegen haben die Rechtseinheiten der Wirtschaftsprüfer im Jahr 2016 wesentlich niedrigere Umsätze ausgewiesen. Bei dem Platz 21 im Ranking der Kanzleien, bei PricewaterhouseCoopers Legal, waren es rund 81 Millionen Euro, bei der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft waren es knapp 70 Millionen Euro (Platz 25), EY Law (Platz 44) hat rund 40 Millionen Euro Umsatz gemeldet und Deloitte Legal (Platz 49) 36 Millionen Euro. Teilweise waren die jeweiligen Wachstumsraten beeindruckend: Mit Ausnahme von KPMG befanden sich diese im zweistelligen Bereich, Deloitte verzeichnete sogar rund 40 Prozent.

Wenn man den Pro-Kopf-Umsatz der Gesellschaften betrachtet, wird deutlich, dass dieser bei den reinen Anwaltskanzleien deutlich höher ist als bei den Unternehmen, die auch Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung anbieten. Während der Umsatz pro Arbeitsplatz in den Rechtseinheiten der Wirtschaftsprüfer durchschnittlich bei 315.000 Euro liegt, wurde dieser von den Kanzleien mit 600.000 Euro angegeben. Eine mögliche Ursache für die deutlichen Unterschiede kann darin zu sehen sein, dass die Wirtschaftsprüfer ganz im Gegensatz zu den Anwaltskanzleien ihren Mandanten eine Reihe von Dienstleistungen anbieten.

Bei der Präsentation der Studie erklärte José Campos Nave, Geschäftsführender Partner bei Rödl & Partner: „Wie hoch das Honorar für die Rechtsberatung ist, hängt davon ab, welche Leistungen man beim Mandanten bereits erbracht hat.“ Die Gesellschaften sind bestrebt, gegenüber dem Kunden als Einheit aufzutreten. Daher werden die verschiedenen Gehaltsstufen von Anwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern aneinander angeglichen.

Es ist kaum verwunderlich, dass die Branche der Wirtschaftsprüfer kraftvoll in den Markt der Wirtschaftsanwälte drängt. Weil die Honorare bei ersteren nicht üppig sind und bei der fortschreitenden Automatisierung des klassischen Prüfungsprozesses sich weiter verringern, sind auch die Erlöse in dem traditionellen Geschäft eher niedrig.

Wie die Marktforscher von Lünendonk herausfanden, versuchen die Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaften daher in andere Segmente vorzustoßen, wozu auch die Beratung in den Bereichen Strategie, Steuern, Corporate Finance und Recht gehört. Vor allem auf den Sektoren Recht und Steuern erwarten die größten Wirtschaftsprüfungs-Häuser in den kommenden Jahren deutlich höhere Wachstumschancen. Um dies zu erreichen, akquirieren die Wirtschaftsprüfer spezialisierte Beratungsteams oder ganze Beratungshäuser. Zudem investieren sie auch auf neue technologische Möglichkeiten, die im Bereich Recht unter „Legal Tech“ zusammengefasst werden.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

DWN
Politik
Politik Verfassungsgericht stärken: Mehrheit der Parteien auf dem Weg zur Einigung?
28.03.2024

Das Verfassungsgericht soll gestärkt werden - gegen etwaige knappe Mehrheiten im Bundestag in aller Zukunft. Eine Einigung zeichnet sich...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Deutschlands maue Wirtschaftslage verhärtet sich
28.03.2024

Das DIW-Konjunkturbarometer enttäuscht und signalisiert dauerhafte wirtschaftliche Stagnation. Unterdessen blieb der erhoffte...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Lauterbach will RKI-Protokolle weitgehend entschwärzen
28.03.2024

Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat angekündigt, dass einige der geschwärzten Stellen in den Corona-Protokollen des RKI aus der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Brückeneinsturz in Baltimore trifft Importgeschäft der deutschen Autobauer
28.03.2024

Baltimore ist eine wichtige Drehscheibe für die deutschen Autobauer. Der Brückeneinsturz in einem der wichtigsten Häfen der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
28.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Osterfreude und EM-Fieber: Hoffnungsschimmer für Einzelhandel
28.03.2024

Das Ostergeschäft verspricht eine Wende für den deutschen Einzelhandel - nach einem düsteren Februar. Wird die Frühlingshoffnung die...

DWN
Immobilien
Immobilien Immobilienkrise für Banken noch nicht überwunden
28.03.2024

Die deutschen (Pfandbrief-)Banken sind stark im Gewerbeimmobilien-Geschäft engagiert. Das macht sie anfällig für Preisrückgänge in dem...