Politik

Finanzbehörden verschärfen digitale Kontrolle der Steuerzahler

Weltweit wächst die Überwachung der Bürger durch die Finanzbehörden.
01.07.2018 01:48
Lesezeit: 2 min

Eine steigende Zahl von Ländern setzt bei der Einziehung ihrer Steuern auf die Digitalisierung. Die Finanzbehörden begründen das damit, dass die Abgabe einer elektronischen Steuererklärung dem Bürger viel Zeit und Mühe erspart. Sie verschweigen allerdings, dass es der Regierung viel leichter fällt, Informationen über ihre Bürger zu sammeln und zu horten, wenn sie diese Informationen auf digitalem Wege und nicht in Papierform erhält.

Ein Beispiel ist Indien. Wie die Economic Times berichtet, erhielten die dortigen Finanzbehörden im Zuge einer Steuerreform – die der indische Premierminister Narenda Modi als „Festival der Ehrlichkeit“ bezeichnete -  eine neue Software. Sie solle es den Behörden erleichtern, „Steuerzahler besser zu verstehen“, wie es Prakash Kumar von der Entwickler-Firma, dem halbstaatlichen Technologie-Unternehmen „Goods and Services Tax Network“, verklausuliert ausdrückte. Mit Hilfe des Programms kann sich jeder einzelne Beamte in Zukunft innerhalb kürzester Zeit einen genauen Überblick über seinen jeweiligen Bezirk verschaffen. Das Programm enthält die Namen aller Steuerpflichtigen und gibt unter anderem Auskunft darüber, wer seine Steuern komplett bezahlt hat und wer nicht. Big Data ermöglicht es den Fahndern, jeden einzelnen Steuerzahler zu durchleuchten. Das hilft dabei, festzustellen, ob die jeweils veranschlagte Steuersumme auch wirklich hoch genug ist. Viele Bürger und Firmen haben bereits die Aufforderung erhalten, sich gegenüber den Steuerbehörden zu erklären.

Die Steuerreform ist nicht der erste Versuch des indischen Staates, leichter an die Daten seiner Bürger zu kommen. Im November 2016 hatte die Regierung aus dem Nichts heraus bekannt gegeben, dass innerhalb weniger Stunden alle 500- und 1000-Rupien-Noten ungültig würden. Begründet wurde der Vorstoß mit dem Ziel, eine bargeldlose Gesellschaft zu schaffen. Das ist nichts anderes als der Versuch, die Überwachung der Bürger weiter zu verschärfen – weil in einem System mit ausschließlich digitalem Zahlungsverkehr eine riesige Flut von Informationen über jeden einzelnen Bürger anfällt, welche die Behörden sammeln, speichern und auswerten können.

Auch andere Staaten ziehen ihre Steuern zunehmen auf digitalem Wege ein. Das britische Finanzamt, das HM Revenue and Customs (HMRC), bietet Bürgern und Unternehmen seit 2016 die Möglichkeit, eine elektronische Steuererklärung abzugeben. Alle darin enthaltenen Informationen werden in einer zentralen Datenbank gespeichert, in die auch andere Informationen völlig unterschiedlicher Art einfließen, beispielsweise Pensionszahlungen und Anträge von Firmen für staatliche Kredite. Das HMRC hat sich zum Ziel gesetzt, dass bis 2020 die Daten von mindestens 50 Millionen Bürgern und Unternehmen in der Datenbank gespeichert sind. Großbritannien hat rund 65 Millionen Einwohner, die circa 5,5 Millionen Firmen betreiben.

In Estland wurde die papierne Steuerverwaltung gänzlich abgeschafft. Die Bürger geben ihre Steuererklärung ausschließlich in elektronischer Form ab. Die Daten gehen in eine zentrale Datenbank der Regierung, in der auch andere persönliche Informationen der Bürger gespeichert werden.

In Japan verkündete die Nationale Steuer Behörde (NTA) letztes Jahr ihre „Zukunftsversion der Steuerverwaltung“. Diese sieht die vollständige Umstellung von Papier auf Online sowie den Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Big Data vor. Laut Aussage der Behörden wird der Einsatz der Technologien den Bürgern viel Zeit sparen. In Japan geht eine zunehmende Zahl von Menschen einem Nebenjob nach, was die Anfertigung von zwei – relativ komplizierten – Steuererklärungen notwendig macht. Die Steuerdaten werden in einer zentralen Datei gespeichert. In der Datei werden auch Informationen zur Bonität sowie die Zahlungen von Krankenkassenbeiträgen und Versicherungsraten erfasst.

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