Die New York Times berichtet, dass die US-Geheimdienste offenbar den direkten Zugang zu Informationen aus dem Kreml verloren haben. Die Dienste wüssten nicht, welche Absichten Russlands Präsident Wladimir Putin verfolge, weil maßgebliche Quellen, die aus dem innersten Zirkel des Kremls berichtet hatten, plötzlich schweigen. Die Zeitung beruft sich auf anonyme „Beamte, die mit den Geheimdiensten vertraut sind“. Sie beklagen ein Versiegen der Informationen aus Putins direkter Umgebung. Die Beamten glauben nicht, dass die Quellen kompromittiert oder getötet wurden. Stattdessen seien sie zu dem Schluss gekommen, dass sie wegen einer aggressiveren Spionageabwehr aufgegeben hätten zu berichten. Offenbar fürchten die Kreml-Quellen ihre Enttarnung. Es ist allerdings nicht klar, ob die Geheimdienste diese für sie unangenehme Nachricht lanciert haben, um Quellen im Kreml zu schützen, damit diese weiterarbeiten können.
Aktive und ehemalige Beamte sagten laut NYT, dass die Ausweisung von amerikanischen Geheimdienstlern aus Moskau die Spionage-Arbeit beeinträchtigt habe. Die Beamten behaupten auch, dass die Enttarnung eines FBI-Informanten, der vom Geheimdienstkomitee des Geheimdienstes unter die Lupe genommen wurde - eine Untersuchung, die von Präsident Trump angeregt wurde - eine abschreckende Wirkung auf die Tätigkeit von Informanten gehabt habe. Die Geheimdienste geben laut NYT an, dass es wesentlicher Bestandteil für die Arbeit ihrer Informanten sei, dass ihre Identität niemals in der Öffentlich preisgegeben würden. Bei den US-Diensten herrscht eine gewisse Nervosität, nachdem US-Präsident Donald Trump dem früheren CIA-Chef John Brennan den Zugang zu geheimen Informationen entzogen hat. In den USA haben laut Angaben des Weißen Hauses etwa drei Millionen ehemaliger Mitarbeiter der Regierung eine derartige Zugangsberechtigung.
Die Beamten bestätigten die Verschlechterung der Qualität der in Russland gesammelten Informationen. Ein Sprecher der CIA lehnte eine Stellungnahme ab.
Es sei für die Dienste schwierig herauszufinden, wann eine Quelle ihre Arbeit eingestellt habe. Es dauere oft Monate, ehe die CIA erkennt, dass eine Schlüsselquelle laut ehemaligen Beamten verstummt ist. Es sei selten, dass die Agentur sofort entdeckt, dass Informanten aufgeflogen sind oder Angst haben. Erst nach einigen Treffen, zu denen die Quellen nicht mehr erschienen, könnten CIA-Offiziere und Analysten zu dem Schluss kommen, dass eine Quelle entschieden hat, dass es zu gefährlich ist, Informationen weiterzugeben.
Die Beamten glauben, dass sie nicht den gleichen Zugang zu Informationen aus dem inneren Kreis des Kremls haben wie früher. Die Spionage scheint gelitten zu haben, nachdem Russland in diesem Jahr Beamte aus amerikanischen diplomatischen Außenposten als Vergeltungsmaßnahme für die Vereinigten Staaten von 60 russischen Beamten ausgewiesen hat, sagte John Sipher, ein Veteran der CIA, der in den 1990er Jahren in Moskau diente und später das Russland-Programm der CIA leitete.
Die Anwesenheit der CIA in Moskau war nach Angaben früherer Offiziere immer klein, zumindest angesichts der Wichtigkeit des Ziels, der Schwierigkeit der Spionage und der Stärke der Spionageabwehr, die die Russen der Abwehr amerikanischer Spione widmeten. „Die Russen haben eine ganze Reihe unserer Leute rausgeschmissen“, sagte Mr. Sipher der NYT: „Unsere Station in Moskau ist jetzt vermutlich sehr klein und die Leute werden unglaublich überwacht.“