Politik

New York Times: Vize-Justizminister soll Sturz von Trump geplant haben

Lesezeit: 2 min
22.09.2018 01:38
In den USA könnte der Konflikt zwischen dem Justizministerium und Präsident Trump eskalieren.
New York Times: Vize-Justizminister soll Sturz von Trump geplant haben

Mehr zum Thema:  
USA >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
USA  

Die New York Times berichtet, US-Vizejustizminister Rod Rosenstein habe im Mai 2017 in Gesprächen mit Mitarbeitern seines Ministeriums sowie der Bundespolizei FBI vorgeschlagen, Trump könne aufgrund des sogenannten Zusatzartikels 25 aus dem Amt entfernt werden. Außerdem soll Rosenstein vorgeschlagen haben, Trump heimlich abhören zu lassen.

Der Konflikt zwischen Trump und dem Justizministerium könnte nun eskalieren. Trump hadert seit langem mit dem von ihm ernannten Justizminister Jeff Sessions. Am Donnerstag sagte Trump zu Journalisten, er habe keinen Justizminister. Demokratische Aktivisten haben vorsorglich eine Petition gestartet, die gegen den Rauswurf von Rosenstein eintritt. Die Petition ruft zu Protesten auf und soll schon 400.000 Unterzeichner gewonnen haben.

Der Verfassungszusatz besagt, dass der Präsident auf Betreiben seines Kabinetts abgesetzt werden kann, wenn er "unfähig" ist, "die Pflichten und Vollmachten seines Amtes auszuüben". Kriterien für diese "Unfähigkeit" sind nicht definiert, gemeint sind generell physische oder mentale Beeinträchtigungen.

Rosenstein erklärte, der Bericht sei "fehlerhaft und von der Faktenlage her inkorrekt". Die darin zitierten anonymen Quellen seien offensichtlich negativ gegen das Justizministerium eingestellt.

Rosenstein sagte laut AFP: "Aufgrund meines persönlichen Umgangs mit dem Präsidenten gibt es keine Grundlage dafür, den 25. Zusatzartikel anzurufen."

Bereits Anfang September hatte ein anonymer und als "ranghoher Regierungsmitarbeiter" beschriebener Gastautor in der New York Times berichtet, schon kurz nach Trumps Amtsantritt im Januar 2017 hätten Regierungsmitglieder über die Anwendung des 25. Zusatzartikels diskutiert. Bis heute ist unbekannt, wer der Autor ist. Dem Rang nach käme auch Rosenstein in Frage. US-Beobachter sind allerdings der Meinung, der Bericht sei von mehreren Autoren verfasst worden. Der Artikel erschien auf der Op-Ed-Seite der Times, die vom Newsroom völlig getrennt operiert. Trump hatte die NYT-Journalisten aufgefordert, ihre investigativen Fähigkeiten einzusetzen, um den Autor zu enttarnen.

Dem jetzigen Bericht der Zeitung zufolge soll Rosenstein im Mai vergangenen Jahres in internen Diskussionen auch vorgeschlagen haben, dass Trumps Äußerungen hinter verschlossenen Türen mitgeschnitten werden könnten - und zwar mit dem Ziel, das "Chaos" im Weißen Haus offenzulegen. Das Blatt zitierte mehrere anonyme Quellen, die über Rosensteins Äußerungen in Kenntnis gesetzt worden seien. Die Washington Post schreibt, Rosenstein habe seine Bemerkungen "sarkastisch" gemeint. Die New York Times beschreibt die Aktivitäten Rosensteins allerdings ziemlich detailreich und in einer Weise, die nicht nach einem einmaligen, sarkastischen Ausspruch klingen.

Rosenstein hatte Ende April 2017 sein Amt angetreten und die Oberaufsicht über die Ermittlungen zur Russland-Affäre übernommen, weil sich Ressortchef Jeff Sessions wegen seiner Rolle in Trumps Wahlkampfteam und seiner früheren Kontakte zum russischen Botschafter für befangen erklärt hatte.

Kurz nach Rosensteins Amtsantritt feuerte Trump dann überraschend FBI-Chef James Comey - was er zunächst mit einem von Rosenstein verfassten Memo begründete. In dem Papier hatte der Vizeminister den Umgang des FBI-Chefs mit der E-Mail-Affäre von Trumps früherer Wahlkampfrivalin Hillary Clinton angeprangert. Clinton hatte als Außenministerin unter Verstoß gegen die Regeln ihre privaten Server für ihre dienstliche Kommunikation genutzt.

Rosenstein soll damals davon überrascht worden sein, dass Trump sein Papier als Begründung für den Rauswurf des FBI-Chefs anführte, wie die New York Times bereits im vergangenen Jahr berichtete. Er habe damals die Sorge geäußert, vom Präsidenten missbraucht worden zu sein. Nur kurz nachdem er Rosensteins Memo angeführt hatte, nannte Trump dann eine andere Begründung für Comeys Rauswurf: die FBI-Ermittlungen zur Russland-Affäre.

Laut dem jetzigen Bericht der Zeitung spiegeln die damaligen angeblichen Überlegungen Rosensteins zur Absetzung Trumps seine "Befindlichkeit in den verwirrenden Tagen" nach Comeys Entlassung wider. Es sei nicht klar, wie entschlossen er tatsächlich damals gewesen sei, die Absetzung des Präsidenten zu betreiben.

Als Reaktion auf den Rauswurf Comeys ernannte der Vizeminister nur wenige Tage danach den früheren FBI-Direktor Robert Mueller als Sonderermittler zur Russland-Affäre. Die Mueller-Ermittlungen haben Trump und seine Regierung im Verlauf der Zeit unter wachsenden Druck gesetzt. Der Präsident macht keinen Hehl daraus, dass er die Einsetzung des Sonderermittlers für einen schweren Fehler hält. Er bezeichnet die Untersuchungen zur Russland-Affäre als "Hexenjagd".


Mehr zum Thema:  
USA >

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...