Technologie

Mitten in Berlin entsteht Europas erste Teststrecke für autonomes Fahren

Mitten in Berlin entsteht Europas erste Teststrecke für autonomes Fahren.
06.05.2017 01:26
Lesezeit: 2 min

Sebastian Huld von der AFP berichtet: 

Von seinem Büro im 14. Stock hat Sahin Albayrak eine hervorragende Sicht auf den Berliner Ernst-Reuter-Platz. "Manche Menschen drehen drei Runden, bis sie da wieder rauskommen", sagt der Informatik-Professor über den mehrspurigen Kreisverkehr. Von dort bis zum Brandenburger Tor errichtet Albayrak mit seinen Mitarbeitern die europaweit erste Teststrecke für autonomes Fahren. Die Straße des 17. Juni wird zum Testlabor.

3,7 Kilometer lang streckt sich die größtenteils vom Tiergarten flankierte Allee durch das westliche Stadtzentrum, stets bewacht von der "Goldelse" auf der mittig gelegenen Siegessäule. In einem Jahr sollen bis zu einer Million Wachen hinzugekommen sein: Sensoren, Computer und Internetgeräte. Sie werden verbaut in Ampeln, Laternenmasten, am Rand der Straße sowie darunter. Sämtliche Verkehrsbewegungen sollen erfasst und kommuniziert werden.

Hierfür stehen Albayrak und den Mitarbeitern des von ihm gegründeten DAI-Labors an der Technischen Universität (TU) Berlin seit diesem Frühjahr bis zum Sommer 2019 insgesamt 3,7 Millionen Euro zur Verfügung. Und das ist nach Albayraks Vorstellung nur die erste Phase: Die Straße des 17. Juni könnte zur dauerhaften Teststrecke unter Realbedingungen für Mobilitätsforscher werden.

Dabei hilft die Unterstützung von Partnern aus der Industrie - Automobilhersteller, Softwarefirmen und Telekommunikationsdienstleister. Sie alle stehen vor einer technischen Revolution. Was vernetzt werden kann, wird auch vernetzt werden. Sämtliche technische Geräte sollen zum Wohl ihrer Nutzer miteinander kommunizieren und selbständig entscheiden. Das ist das Forschungsfeld des DAI.

"Wir wollen die Verkehrsampeln digitalisieren, den Verkehrsfluss überwachen und die Parkplätze digitalisieren", sagt Albayrak. Vernetzte Autos könnten mit Hilfe dieser Informationen ihren Fahrern Richtgeschwindigkeiten und Parkplätze empfehlen. Hinter großen Lkw fahrende Pkw-Nutzer könnten über rote Ampeln informiert werden, noch bevor diese zu sehen sind. Rechtsabbieger würden vor nahenden Radfahrern gewarnt.

Auch Otto-Normal-Fahrer soll profitieren, indem er alle Informationen via App auf dem Smartphone erhält. Künftige selbstfahrende Autos würden alle Informationen autonom verwerten und zugleich anderen Autos und Systemen ihre eigenen Absichten mitteilen.

Albayrak verspricht sich einen geringeren Energievierbrauch und weniger Abgase. Alle Verkehrsteilnehmer sollen sicherer und komfortabler unterwegs sein. Umweltsensoren werden überprüfen, ob Albayraks Projekt namens "Diginet PS" messbare Erfolge für die Berliner Luft erzielt.

"Die Straße des 17. Juni eignet sich deshalb so gut, weil die Anforderungen sehr komplex sind", sagt Albayrak. In den zwei mehrspurigen Kreisverkehren kommt es immer wieder zu Blechschäden. Besonders im Sommer sind viele Radfahrer unterwegs. Hinzu kommen Touristen, die meist wenig auf den Verkehr achten.

Wegen der vielen diplomatischen Vertretungen in der Gegend wird zudem ständig eine Straße kurzfristig für Eskorten gesperrt. Zur Hauptverkehrszeit führt das schnell zum Stau: Auf den ohnehin vollen Straßen geht nach zehn Minuten plötzlichen Stillstands oft gar nichts mehr.

"Wir wollen zusätzlich schwer behinderte Studierende von einem zum anderen Gebäude bringen", kündigt Albayrak an. Es soll eigens ein Kleinbus umgebaut werden. Dieser wird vollautomatisch zwischen den TU-Häusern am Ernst-Reuter-Platz pendeln. Die Studenten sollen den Chauffeur-Roboter per App bestellen können. Ein Fahrer wird aber zur Sicherheit hinter dem Steuer sitzen, um im Notfall einzugreifen.

"Im kommenden Jahr wollen wir mit den ersten vollautonomen Fahrten beginnen." Die Testautos werden großflächig mit dem Namen des Forschungsprojekts beklebt. Albayrak kann dann von seinem Büro aus beobachten, wie sich die Autos der Zukunft im Kreisverkehr bewähren.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...