Der frühere US-Präsident Barack Obama hat auf dem Evangelischen Kirchentag die Ausweitung der Drohnenangriffe in seiner Amtszeit gerechtfertigt. "Drohnen an sich sind nicht das Problem", sagte Obama am Donnerstag bei einer Diskussionsveranstaltung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Brandenburger Tor in Berlin. "Das Problem ist Krieg, der ist immer tragisch, immer schmutzig."
Der Ex-Präsident bedauerte, dass bei Drohnenangriffen immer wieder auch Zivilisten ums Leben kämen. Allerdings seien Drohnen "nicht gewalttätiger" als andere Waffensysteme. Im Gegenteil: Angriffe mit den unbemannten Flugzeugen seien "präziser" und verursachten weniger zivile Opfer als andere Formen der Kriegsführung.
Die Gefahr sei, dass die militärischen Verantwortlichen beim Einsatz von Drohnen abstumpften, weil sie vom Schlachtfeld weit entfernt seien. "Dass es ein Videospiel wird", sagte Obama. Deshalb habe er in seiner Amtszeit genaue Regeln für den Einsatz dieser Waffensysteme erlassen.
Der Ex-Präsident sagte den laut AFP "zehntausenden Besuchern" vor dem Brandenburger Tor, dass der Einsatz von Drohnen im Kampf gegen den Terrorismus notwendig sei, "um sein Land und seine Bürger zu schützen". Seine Kritiker weise er darauf hin, dass Extremistengruppen "willens wären, in diesem Publikum eine Bombe explodieren zu lassen".
Merkel äußerte sich nicht zu der Rolle Deutschlands im Drohnenkrieg. Sie sagte, dass Krieg "immer das letzte Mittel" sein müsse. Auch sie teile mit Blick auf Drohnen die Sorge, dass diese Waffen eher genutzt würden, "wenn es plötzlich so anonymisiert wird". Um so wichtiger seien deshalb "die Werte, die uns leiten".
Bewaffnete Drohnen gehören laut AFP "seit Jahren zum Arsenal der US-Armee und des Auslandsgeheimdiensts CIA im Kampf gegen Terroristen". Obama weitete die Angriffe mit den unbemannten Flugzeugen in seiner Amtszeit massiv aus, vor allem im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und im Jemen, wo die USA und Großbritannien einen noch von einem, UN-Mandat gedeckten Krieg von Saudi-Arabien unterstützen.
Die Drohnen werden von Ramstein in Deutschland aus koordiniert. Die Bundesregierung hatte sich vor einiger Zeit im Bundestag dahingehend geäußert, dass nach ihrer Ansicht alle von Deutschland ausgehenden Militäroperationen mit dem Völkerrecht vereinbar seien. Zuvor war bekannt geworden, dass die Drohnen von Deutschland aus gesteuert werden - eine Tatsache, die bis dahin von allen Beteiligten stets bestritten wurde.
Die USA haben erst kürzlich beschlossen, Ramstein noch weiter auszubauen.
Die USA haben wegen des Bündnisfalls von 9/11 das umfassende Recht, von Deutschland aus alle militärischen Handlungen zu führen, die im "Krieg gegen den Terror" als notwendig erachtet werden. Der Zweck des "Kriegs gegen den Terror" wurde bereits mehrfach geändert, so dass der Bündnisfall mit veränderten Vorzeichen weiter gilt. 2014 stimmte der Bundestag in diesem Zusammenhang mit großer Mehrheit der Verlängerung der Nato-Antiterror-Mission im Mittelmeer zu. Die Grünen hatten 2012 mit einem Antrag erfolglos versucht, den Bündnisfall zu beenden.
Das Vorgehen wird von Juristen als Kriegsverbrechen angesehen, weil immer wieder auch Zivilisten getötet werden. Die AFP schreibt: "Wegen der Geheimhaltung des Drohnenprogramms liegt die genaue Opferzahl im Dunkeln, Schätzungen gehen aber von tausenden Toten seit 2004 aus."
Die Evangelische Kirche in Deutschland beruht auf der Bibel, aus der nach übereinstimmender theologischer Interpretation eine absolute Haltung der Gewaltlosigkeit abzulesen ist. Minderheiten der modernen evangelischen - wie auch die katholischen - Theologie halten Gewalt gegen Leib und Leben allenfalls unter sehr restriktiven Voraussetzungen als "Tyrannenmord" für zulässig. Die Tötung von Zivilisten als "Kollateralschaden" wird einhellig abgelehnt.
Eine offizielle Stellungnahme der EKD zu der überraschend offenen Rechtfertigung des Krieges durch Obama auf dem Kirchentag liegt nicht vor.
Obama hatte zu Beginn seiner Amtszeit den Friedensnobelpreis erhalten.