Politik

Obama rechtfertigt auf Kirchentag US-Drohnenkriege

Der frühere US-Präsident Obama hat auf dem evangelischen Kirchentag in Berlin die US-Drohnenkriege gerechtfertigt.
25.05.2017 14:51
Lesezeit: 2 min

Der frühere US-Präsident Barack Obama hat auf dem Evangelischen Kirchentag die Ausweitung der Drohnenangriffe in seiner Amtszeit gerechtfertigt. "Drohnen an sich sind nicht das Problem", sagte Obama am Donnerstag bei einer Diskussionsveranstaltung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Brandenburger Tor in Berlin. "Das Problem ist Krieg, der ist immer tragisch, immer schmutzig."

Der Ex-Präsident bedauerte, dass bei Drohnenangriffen immer wieder auch Zivilisten ums Leben kämen. Allerdings seien Drohnen "nicht gewalttätiger" als andere Waffensysteme. Im Gegenteil: Angriffe mit den unbemannten Flugzeugen seien "präziser" und verursachten weniger zivile Opfer als andere Formen der Kriegsführung.

Die Gefahr sei, dass die militärischen Verantwortlichen beim Einsatz von Drohnen abstumpften, weil sie vom Schlachtfeld weit entfernt seien. "Dass es ein Videospiel wird", sagte Obama. Deshalb habe er in seiner Amtszeit genaue Regeln für den Einsatz dieser Waffensysteme erlassen.

Der Ex-Präsident sagte den laut AFP "zehntausenden Besuchern" vor dem Brandenburger Tor, dass der Einsatz von Drohnen im Kampf gegen den Terrorismus notwendig sei, "um sein Land und seine Bürger zu schützen". Seine Kritiker weise er darauf hin, dass Extremistengruppen "willens wären, in diesem Publikum eine Bombe explodieren zu lassen".

Merkel äußerte sich nicht zu der Rolle Deutschlands im Drohnenkrieg. Sie sagte, dass Krieg "immer das letzte Mittel" sein müsse. Auch sie teile mit Blick auf Drohnen die Sorge, dass diese Waffen eher genutzt würden, "wenn es plötzlich so anonymisiert wird". Um so wichtiger seien deshalb "die Werte, die uns leiten".

Bewaffnete Drohnen gehören laut AFP "seit Jahren zum Arsenal der US-Armee und des Auslandsgeheimdiensts CIA im Kampf gegen Terroristen". Obama weitete die Angriffe mit den unbemannten Flugzeugen in seiner Amtszeit massiv aus, vor allem im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und im Jemen, wo die USA und Großbritannien einen noch von einem, UN-Mandat gedeckten Krieg von Saudi-Arabien unterstützen.

Die Drohnen werden von Ramstein in Deutschland aus koordiniert. Die Bundesregierung hatte sich vor einiger Zeit im Bundestag dahingehend geäußert, dass nach ihrer Ansicht alle von Deutschland ausgehenden Militäroperationen mit dem Völkerrecht vereinbar seien. Zuvor war bekannt geworden, dass die Drohnen von Deutschland aus gesteuert werden - eine Tatsache, die bis dahin von allen Beteiligten stets bestritten wurde.

Die USA haben erst kürzlich beschlossen, Ramstein noch weiter auszubauen.

Die USA haben wegen des Bündnisfalls von 9/11 das umfassende Recht, von Deutschland aus alle militärischen Handlungen zu führen, die im "Krieg gegen den Terror" als notwendig erachtet werden. Der Zweck des "Kriegs gegen den Terror" wurde bereits mehrfach geändert, so dass der Bündnisfall mit veränderten Vorzeichen weiter gilt. 2014 stimmte der Bundestag in diesem Zusammenhang mit großer Mehrheit der Verlängerung der Nato-Antiterror-Mission im Mittelmeer zu. Die Grünen hatten 2012 mit einem Antrag erfolglos versucht, den Bündnisfall zu beenden.

Das Vorgehen wird von Juristen als Kriegsverbrechen angesehen, weil immer wieder auch Zivilisten getötet werden. Die AFP schreibt: "Wegen der Geheimhaltung des Drohnenprogramms liegt die genaue Opferzahl im Dunkeln, Schätzungen gehen aber von tausenden Toten seit 2004 aus."

Die Evangelische Kirche in Deutschland beruht auf der Bibel, aus der nach übereinstimmender theologischer Interpretation eine absolute Haltung der Gewaltlosigkeit abzulesen ist. Minderheiten der modernen evangelischen - wie auch die katholischen - Theologie halten Gewalt gegen Leib und Leben allenfalls unter sehr restriktiven Voraussetzungen als "Tyrannenmord" für zulässig. Die Tötung von Zivilisten als "Kollateralschaden" wird einhellig abgelehnt.

Eine offizielle Stellungnahme der EKD zu der überraschend offenen Rechtfertigung des Krieges durch Obama auf dem Kirchentag liegt nicht vor.

Obama hatte zu Beginn seiner Amtszeit den Friedensnobelpreis erhalten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mulfin Trade hat seine Schutzsysteme für mehr Sicherheit aktualisiert

Der Schutz persönlicher Daten ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Vertrauen der Kunden in einen Service beeinflussen. Mulfin Trade...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Silicon Valley dominierte Big Tech – Europas Chance heißt Deep Tech
06.06.2025

Während Europa an bahnbrechenden Technologien tüftelt, fließt das große Geld aus den USA. Wenn Europa jetzt nicht handelt, gehört die...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Verteidigung der Zukunft: Hensoldt rüstet Europa mit Hightech auf
06.06.2025

Kaum ein Rüstungsunternehmen in Europa hat sich in den vergangenen Jahren so grundlegend gewandelt wie Hensoldt. Aus einer ehemaligen...

DWN
Politik
Politik Trump gegen Europa: Ein ideologischer Feldzug beginnt
06.06.2025

Donald Trump hat Europa zum ideologischen Feind erklärt – und arbeitet systematisch daran, den Kontinent nach seinen Vorstellungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Die wertvollsten Marken der Welt: Top 5 fest in US-Hand
06.06.2025

Während die Weltwirtschaft stagniert, explodieren die Markenwerte amerikanischer Konzerne. Apple regiert unangefochten – China und...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Star-Investorin: „Wir erleben eine neue Generation von KI-Gründern“
06.06.2025

US-Chaos, Trump und Kapitalflucht: Europas KI-Talente kehren dem Silicon Valley den Rücken – und bauen die Tech-Giganten der Zukunft vor...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Konjunkturprognose unter Druck: Wie der Zollstreit Deutschlands Exporte trifft
06.06.2025

Zölle, Exporteinbrüche und schwache Industrieproduktion setzen Deutschlands Wirtschaft zu. Die aktuelle Konjunkturprognose gibt wenig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Internationale Handelskonflikte: So schützen sich exportorientierte KMU
06.06.2025

Ob Strafzölle, Exportverbote oder politische Sanktionen – internationale Handelskonflikte bedrohen zunehmend die Geschäftsmodelle...

DWN
Panorama
Panorama Musk gegen Trump: Politische Zweckbeziehung artet in öffentlichen Machtkampf aus – die Tesla-Aktie leidet
06.06.2025

Elon Musk und Donald Trump galten als Zweckbündnis mit Einfluss – doch nun eskaliert der Streit. Was steckt hinter dem Zerwürfnis der...