Politik

Erste Runde zwischen EU und Großbritannien verlief freundlich

Die EU und Großbritannien haben bei der ersten Verhandlungsrunde eine vergleichsweise zivilisierte Umgangsform gefunden.
20.06.2017 01:05
Lesezeit: 2 min

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Tom Körkemeier von Reuters berichtet über die erste Verhandlungsrunde zwischen der EU und Großbritannien:

Die Europäische Union und Großbritannien streben einen geordneten EU-Austritt des Königreichs an. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte am Montagabend nach der ersten Runde der Gespräche mit dem britischen Brexit-Minister David Davis in Brüssel: "Ein fairer Deal ist möglich und weit besser als kein Deal." Die EU werde in den Gesprächen "niemals" gegen Großbritannien arbeiten. Mit Blick auf das laut EU-Verträgen für den 29. März 2019 vorgesehene Austrittsdatum des Vereinigten Königreichs aus der EU fügte Barnier hinzu: "Die Uhr tickt." Vor fast genau einem Jahr hatten die Briten für den Austritt aus der Staatengemeinschaft gestimmt.

Mit Davis vereinbarte Barnier nach eigenen Angaben, dass jeden Monat eine Woche lang zwischen der EU und Großbritannien verhandelt wird. Zunächst wolle man Ergebnisse zu den Rechten von britischen und EU-Bürgern im jeweils anderen Hoheitsgebiet, den Finanzverpflichtungen des Königreichs gegenüber der EU sowie zum Umgang mit der Grenze zwischen Nordirland und Irland erreichen. Erst danach soll das von Großbritannien gewünschte Freihandelsabkommen Thema sein. Einem EU-Vertreter zufolge bezweifelt die britische Seite aber weiter, dass es eine rechtliche Grundlage für finanzielle Forderungen der EU Richtung London gibt. Die EU-Kommission taxiert den Betrag, der sich aus Pensionsforderungen, der Beteiligung an EU-Projekten und anderen Posten ergeben soll, auf 60 bis 100 Milliarden Euro.

Davis erklärte erneut, dass sein Land den EU-Binnenmarkt und die Zollunion verlassen werde. An dieser Position der britischen Regierung habe sich nichts geändert. Für das Vereinigte Königreich sei eindeutig, dass der Austrittsprozess nicht damit enden könne, dass es keine Übereinkunft über die künftigen Beziehungen gebe. Vor Verhandlungsbeginn hatte er gesagt, dass sein Land "eine neue, tiefe und besondere Partnerschaft" mit der EU anstrebe.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel äußerte in Luxemburg die Hoffnung, dass die britische Seite nach den Turbulenzen der Parlamentswahl und dem Verlust der Mehrheit für die Konservativen im Unterhaus bereit sei, auch über einen sogenannten weichen Brexit zu verhandeln. Dieser enthalte aber, dass Großbritannien die EU-Personenfreizügigkeit und eine Form von EU-Gerichtsbarkeit akzeptiere. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Berlin, ihr liege vor allem daran, dass die 27 EU-Mitgliedsländer einheitlich vorgingen und sehr aufmerksam auf die britischen Vorstellungen horchten. Ziel sei ein gutes Einvernehmen. Vor dem G20-Gipfel in Hamburg warnte sie zugleich vor einem Wettbewerb in Europa um die niedrigsten Unternehmenssteuern, wenn Großbritannien diese infolge des Brexit senken wolle.

Die Verhandlungen sollen bis Herbst 2018 abgeschlossen sein, damit die Ergebnisse von den 27 EU-Staaten, der britischen Regierung, den nationalen Parlamenten und dem EU-Parlament abgesegnet werden können. Am 30. März 2019 soll das 1973 beigetretene Großbritannien dann kein Mitglied der Union mehr sein. Die britische Bevölkerung hatte sich am 23. Juni 2016 mit knapper Mehrheit für den Austritt ausgesprochen.

Erschwert werden die Verhandlungen womöglich durch die fehlende Mehrheit der Tories im britischen Unterhaus. May bemühte sich weiter um eine Unterstützung der nordirischen Partei DUP in Westminster. Auch innerhalb ihrer eigenen Konservativen Partei gingen die Meinungen zum Brexit zuletzt auseinander. Anders als May und Davis plädierte Finanzminister Philip Hammond zuletzt für Handelsbeziehungen, "die sich so nahe wie möglich wie die heutigen anfühlen".

Davon wollte Davis offenbar zunächst nichts wissen. Er verwahrte sich aber gegen den Eindruck, dass die Frage des Status von Nordirland erst an dritter Stelle in den Verhandlungen kommen soll. Darüber sei am Montag mehr gesprochen worden als über alle anderen Themen. Mit Blick auf die Erfolgsaussichten der Verhandlungen zitierte Barnier den französischen Politiker Jean Monnet, der als einer der Gründerväter der heutigen EU gilt: "Ich bin weder Optimist noch Pessimist, ich bin entschlossen." Davis konterte mit einem Bonmont des früheren britischen Premierministers Winston Churchill, dass er Optimist sei, weil er in Schwierigkeiten stets eine Chance sehe.

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