Die nordspanische Region Katalonien treibt ihre Unabhängigkeitsbestrebungen trotz massiver Kritik der Zentralregierung und des Verfassungsgerichts voran, berichtet AFP. Mit einer Großkundgebung in einer Stierkampf-Arena in Tarragona eröffnete die Regionalregierung am Donnerstag offiziell die umstrittene Kampagne für ein Referendum über die Unabhängigkeit vom spanischen Zentralstaat.
Zuvor hatte sich auch die Bürgermeisterin Barcelonas hinter die Kampagne gestellt und erklärt, die Volksabstimmung werde auch in der Metropole stattfinden. Die Unterstützung der weitaus wichtigsten Stadt in der Region gilt als weiterer Katalysator für die Bewegung.
Die spanische Regierung will dagegen alles unternehmen, um das Referendum zu blockieren. Die Zeitung El Mundo berichtet, die spanische Regierung habe bei Gericht einen Antrag gestellt, dass den Wahllokalen, in denen das Referendum stattfinden soll, der Strom, abgedreht werde.
Die spanische Generalstaatsanwaltschaft hatte zuletzt mehr als 700 Bürgermeister vorgeladen, die das geplante Referendum in ihrer Gemeinde abhalten lassen wollen. Ihnen droht Bestrafung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder und Amtsmissbrauch. Auch die Zentralregierung in Madrid hat die für den 1. Oktober geplante Volksabstimmung für ungesetzlich erklärt.
Dennoch hat eine große Mehrheit der knapp 1000 Bürgermeister in der autonomen Region im Nordosten Spaniens erklärt, sie würden Räumlichkeiten für das Referendum bereitstellen. Das spanische Verfassungsgericht hat das Vorhaben ausgesetzt. Die Richter prüfen nun, ob das Unabhängigkeitsreferendum gegen die spanische Verfassung verstößt, in der die Unteilbarkeit Spaniens festgeschrieben ist.
Im Streit um das geplante Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien hat die spanische Regierung inzwischen die Kontrolle über die Ausgaben der Region verschärft. Es sei ein „neues System zur Kontrolle der Ausgaben“ eingeführt worden, sagte der spanische Haushaltsminister Cristóbal Montoro am Freitag bei einer Pressekonferenz in Madrid. Damit solle sichergestellt werden, dass die katalanische Regierung keine „illegalen Aktivitäten“ im Zusammenhang mit der Volksabstimmung finanziere.
Der katalanische Regierungschef Carles Puigdemont und andere führende katalanische Politiker riefen derweil die Zentralregierung in Madrid und den spanischen König zum Dialog auf. In einem offenen Brief warfen sie dem spanischen Staat im Zusammenhang mit dem Referendum eine „noch nie dagewesene Welle der Unterdrückung“ vor.
Neben Puigdemont unterschrieben sein Stellvertreter Oriol Junqueras, Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colai und die Präsidentin des Regionalparlaments, Carme Forcadell. Sie richteten ihren „letzten Aufruf“ zu einem „offenen und bedingungslosen Dialog“ besonders an den Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, sprachen aber auch den spanischen König Felipe VI an.