Politik

Angst vor Euro-Crash: EU gibt harten Sparkurs für Griechenland auf

Goldman Sachs warnt die EU: Ein Griechenland-Austritt aus dem Euro wäre nicht leicht zu verkraften. In Brüssel regiert die nackte Angst. Die Kosten für den Griechen-Exit betragen etwa 280 Milliarden Euro. Daher will die EU das mit Griechenland vereinbarte Sparprogramm deutlich lockern. Bedingung ist die Bildung einer EU-freundlichen Regierung in Athen.
13.05.2012 01:40
Lesezeit: 2 min

Jim O’Neill, der Chef von Goldman Sachs Asset Management, hatte diese Woche Deutschland gewarnt, einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands auf die leichte Schulter zu nehmen. O’Neill, der nach dem Sturz Berlusconis Druck ausgeübt hatte, dass es in Italien nicht zu Neuwahlen kommen solle (hier) und der den Politikern im Herbst vorwarf, zu viel Unsinn zu reden (hier), sagte in einem Interview: „Wenn es keine Ansteckung gibt – was kümmert und Griechenland. Aber ich wäre mir da nicht so sicher. Wenn ich Deutschland wäre, würde ich das nicht riskieren. Wenn das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone unerwartete Konsequenzen durch Ansteckung mehrerer Länder hat, würde der Austritt als schwerer Fehler angesehen werden.“ Auch der Chef der schwedischen Reichsbank sagte, dass ein Euro-Austritt Griechenlands zwar beherrschbar sei, jedoch auf jeden Fall negative Auswirkungen auf die gesamte Euro-Zone haben werde. Der zypriotische Vertreter in der EZB sagte, Sparen sei der falsche Weg, es müsse nun voll auf Wachstum gesetzt werden. Alan Brown, Senior Adviser von Schroders Plc. sagte, der Euro-Austritt eines Landes könne sehr wohl zu einer Panik an den Märkten führen.

Diesen Warnungen möchte sich die EU nicht verschließen. Schließlich steht für sie mehr auf dem Spiel als nur der Euro in Griechenland: Die EU möchte um jeden Preis vermeiden, dass das griechische Beispiel bei anderen gefährdeten Euro-Staaten Schule macht. Den wenn ein Austritt Griechenlands – die Citi nennt es „Grexit“ – tatsächlich erfolgt, ist das Land pleite. Dann fliegt den Europäern das ganze Target 2-System um die Ohren – und der Traum von einem europäischen Bundesstaat unter Brüsseler Leitung wäre ausgeträumt. Zwar arbeitet man bei der EZB schon mit Modellen, wie man den Crash bilanzrechtlich vemeiden kann - etwa durch Stundungen der Forderungen gegenüber den Griechen. Aber insgesamt muss die EU nach Berechnungen der Commerzbank etwa 280 Milliarden Euro schultern - das ist in Zeiten der Rezession eine sportliche Nummer.

Daher hat die EU gemeinsam mit dem IWF und der EZB im Rahmen der Troika nun signalisiert, dass man bereit sei, den Sparkurs für Griechenland in der vertraglich vereinbarten Form aufzugeben. Die griechische Zeitung Real News berichtet, dass die Troika den Griechen signalisiert habe, auf die wichtigsten Punkte des Sparprogramms zu verzichten: Griechenland bekäme eine längere Frist, um das Defizit abzubauen – eine Regelung, die die Banken freuen wird, weil die Europäer dann noch länger noch mehr Zinsen für Griechenland zahlen müssen. Auch sollen im Wesentlichen die alten Tarifvereinbarungen wieder aufleben und die Kürzungen der Renten rückgängig gemacht werden.

Im Gegenzug muss Griechenland sofort eine neue Regierung installieren – Neuwahlen sind ausdrücklich nicht erwünscht. Die neue Regierung aus PASOK, Nea Demokratia, den demokratischen und den extremen Linken würde sicherstellen, dass Griechenland im Euro bleibt. Dies ist für die Troika wichtig, weil etwa 70% der „Rettungsgelder“ für den griechischen Schuldendienst an die Banken in Europa und Griechenland gehen. In Brüssel und beim IWF herrscht große Nervosität, dass die Griechen ernst machen könnten und aus dem Euro austreten – damit würden die gesamte Last der Schulden auf die Euro-Staaten übergehen.

Staatspräsident Papoulias will am Sonntag die Gespräche mit allen Parteien aufnehmen, um die gewünschte Koalition der EU-Freunde zustande zu bringen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Der deutsche Markt konzentriert sich auf neue Optionen für XRP- und DOGE-Inhaber: Erzielen Sie stabile Renditen aus Krypto-Assets durch Quid Miner!

Für deutsche Anleger mit Ripple (XRP) oder Dogecoin (DOGE) hat die jüngste Volatilität am Kryptowährungsmarkt die Herausforderungen der...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen KI-Schäden: Wenn der Algorithmus Schaden anrichtet – wer zahlt dann?
05.07.2025

Künstliche Intelligenz entscheidet längst über Kreditvergaben, Bewerbungen oder Investitionen. Doch was passiert, wenn dabei Schäden...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Made in Germany: Duale Berufsausbildung - das deutsche Erfolgsmodell der Zukunft
05.07.2025

Die duale Berufsausbildung in Deutschland gilt als Erfolgsmodell: Dieses System ermöglicht jungen Menschen einen direkten Einstieg ins...

DWN
Panorama
Panorama Was Autofahrer über Lastwagen wissen sollten – und selten wissen
05.07.2025

Viele Autofahrer kennen das Gefühl: Lkw auf der Autobahn nerven, blockieren oder bremsen aus. Doch wie sieht die Verkehrswelt eigentlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuererklärung 2024: Mit diesen 8 Steuertipps können Sie richtig viel Geld rausholen
05.07.2025

Viele Menschen drücken sich vor der Steuererklärung, weil diese manchmal etwas kompliziert ist. Doch es kann sich lohnen, die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wirtschaftskriminalität: Insider-Betrug kostet Millionen - Geschäftsführer haften privat
05.07.2025

Jede zweite Tat geschieht im eigenen Büro - jeder fünfte Schaden sprengt die fünf Millionen Euro Marke. Wer die Kontrollen schleifen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Microsoft kippt den Bluescreen, doch das wahre Problem bleibt
05.07.2025

Microsoft schafft den berühmten „Blauen Bildschirm“ ab – doch Experten warnen: Kosmetische Änderungen lösen keine...

DWN
Panorama
Panorama So bleiben Medikamente bei Sommerhitze wirksam
05.07.2025

Im Sommer leiden nicht nur wir unter der Hitze – auch Medikamente reagieren empfindlich auf hohe Temperaturen. Doch wie schützt man...