Finanzen

Spaniens Rentner proben den Aufstand gegen die Regierung

Lesezeit: 2 min
19.03.2018 23:03
In Spanien sieht sich die Regierung vor einer handfesten Krise, weil sie die Renten nicht erhöhen will.
Spaniens Rentner proben den Aufstand gegen die Regierung

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Unter dem Motto „Würdevolle Rentenzahlungen“ haben zehntausende spanische Rentner am Samstag gegen die Rentenpolitik von Ministerpräsident Mariano Rajoy demonstriert. Die Entwicklung könnte für Rajoy kritisch werden: Gibt er nach, riskiert er, die Unterstützung jener Parteien zu verlieren, die seine Minderheitsregierung aktuell tolerieren. Laut El Pais will Rajoy dennoch einlenken.

Auf mehr als 100 landesweiten Demonstration haben Rentner eine Anpassung der Altersbezüge gefordert, die sich an der Entwicklung der steigenden Inflationsrate orientiert. In den vergangenen fünf Jahren hatte dessen konservative Partei die Renten kaum erhöht und eine Anpassung an das steigende Inflationsniveau stets abgelehnt. Für dieses Jahr wurden die Altersbezüge um 0,25 Prozent angehoben. Die Inflationsrate lag 2017 jedoch bei zwei Prozent. Die Kaufkraft der Pensionäre wurde durch diese Nichtanpassung der Renten an die Inflationsentwicklung gemindert.

Rajoy reagierte auf die Kritik mit dem Versprechen, die Renten erhöhen zu wollen. Bereits am vergangene Mittwoch hatte er vor dem Kongress gesagt, die Rentenzahlungen nicht auf ihrem aktuellen Stand einfrieren, sondern soweit wie möglich erhöhen zu wollen. Genaue Zahlen nannte Rajoy jedoch nicht.

Durchschnittlich erhält ein spanischer Rentner 1247 Euro Altersbezüge, eine Rentnerin 797 Euro. Laut einer aktuellen Statistik der OECD hat ein 66-jähriger Rentner damit annähernd gleich viel zum Leben wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer im selben Alter. Spanien gibt 11,4 Prozent seines Haushalts und rund 29 Prozent seiner öffentlichen Ausgaben für Pensions- und Rentenzahlungen aus. Im Hinblick auf die Höhe der gezahlten Altersbezüge im Vergleich zu Einkommen gleichaltriger Arbeitnehmer hat Spanien in der EU eine Spitzenposition inne. Das Armutsrisiko für Senioren mit durchschnittlichen Rentenbezügen liegt bei 24,9 Prozent, EU-weit bei 20,8 Prozent.

Ökonomen gehen davon aus, dass sich die Höhe der durch den spanischen Staat gezahlten Altersbezüge nicht auf Dauer halten lässt. Vielmehr drohe Spanien eine gesellschaftliche Überalterung. So werde der Anteil der arbeitenden Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten abnehmen, derjenige der Rentner sich dagegen deutlich erhöhen.

Von den Oppositionsparteien wurde Rajoy für seine Aussage kritisiert. Unter anderem wies der Vorsitzende der linkssozialistischen Podemos, Pablo Iglesias, im Hinblick auf die Schuldenkrise Spaniens daraufhin, dass man nicht ausgeben könne, was man nicht habe. „Genau das ist es nämlich, weswegen wir uns nun EU-Vereinbarungen unterwerfen müssen.“ Auch sei es verwunderlich, dass die Partei Rajoys Rentenerhöhungen stets mit dem Hinweis abgewiesen habe, es sei kein Geld da. Für die Bankenrettung stünden jedoch genügend Finanzmittel zur Verfügung. Die Podemos hat die Demonstrationen gemeinsam mit der sozialdemokratischen Partei PSOE und den Gewerkschaftsverbänden UGT und CCOO unterstützt.

Seit mehreren Wochen gibt es in Spanien Proteste gegen die aktuelle Rentenpolitik Rajoys. Insbesondere seine Feststellung, der Inflationsausgleich habe Spanien drei Milliarden Euro für das Jahr 2018 gekostet, dieses Geld sei jedoch nicht da und eine Rentenanpassung daher ausgeschlossen, hatte für Unmut unter den Rentnern gesorgt. Wenig später hatte Rajoy angekündigt, erhaltene Kredite für die Rettung spanischer Banken vorzeitig zurückzahlen zu wollen. Diese waren Spanien im Rahmen des Euro-Rettungsschirms gewährt worden.

Bei den Parlamentswahlen in 2016 hatte die Volkspartei mit einem Wahlergebnis von 33 Prozent 137 der 350 Parlamentssitze erlangt. Die Bildung der neuen Minderheitsregierung wurde möglich, nachdem die oppositionellen Sozialisten eingewilligt hatten, sich bei der Abstimmung im Parlament über die Wahl Rajoys zum Ministerpräsidenten zu enthalten. Um dauerhaft handlungsfähig regieren zu können, braucht Rajoy weiterhin die Unterstützung der Oppositionsparteien. Der Haushalt für das vergangene Jahr konnte nur mit Unterstützung der liberalen Partei Ciudadanos und den Sozialisten beschlossen werden. Für den Fall, dass ein Haushaltsbeschluss nicht zustande gekommen wäre, hatte die Volkspartei Neuwahlen angekündigt.

Im Hinblick auf den Haushalt für 2018 drohen Rajoy erneut Probleme: Einige der unterstützenden Oppositionsparteien haben bereits angekündigt, nicht für Rajoys Haushaltspläne stimmen zu wollen. Unter ihnen sind die Abgeordneten der Ciudadanos. Neben der Podemos und den Sozialisten gelten sie als vierte Macht in der spanischen Regierung.

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