Gemischtes

Tesla verbrennt Milliarden und kein Ende in Sicht

Investoren beginnen sich Sorgen um Tesla zu machen: Das Unternehmen ist zwar höchst innovativ, könnte jedoch an seinen hohen Verbindlichkeiten scheitern.
04.05.2018 23:34
Lesezeit: 3 min

Der US-Elektroautobauer Tesla hat erneut enttäusche Quartalszahlen vorgelegt und ist von einem möglichen Bankrott bedroht. Zwar stieg der Umsatz in den ersten drei Monaten dieses Jahres auf 3,41 Milliarden Dollar, was verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ein Plus von 26 Prozent und damit eine neue Rekordmarke bedeutet, einen neuen Rekord musste das Unternehmen aber auch in punkto Verluste melden: Das Minus von 710 Millionen Dollar bedeutet mehr als eine Verdoppelung des Verlusts im gleichen Vorjahreszeitraum.

Nach einer Analyse von Bloomberg verzeichnet Tesla pro Minute einen Verlust von 6.500 Dollar und verfügt möglicherweise nicht mehr über genügend Mittel, um das laufende Jahr zu überstehen. Der Schuldenstand des 2003 gegründeten Unternehmens, das noch nie ein Geschäftsjahr mit Gewinn abgeschlossen hat, beträgt derzeit 9,4 Milliarden Dollar. Dem stehen Reserven in Höhe von 3,4 Milliarden Dollar gegenüber. Laut der Ratingagentur Moody´s benötigt Tesla dieses Jahr zwei Milliarden Dollar an frischem Kapital. Das Analystenhaus Cowen & Co. prognostiziert sogar, dass Tesla im Laufe des Jahres versuchen wird, drei Milliarden Dollar über die Börse aufzunehmen. Die Aktie des Unternehmens stürzte nach Bekanntgabe der Quartalszahlen um acht Prozent ab. Marktbeobachter erwarten, dass sie auch im weiteren Handelsverlauf stark unter Druck stehen wird.

Verstärkt wurde die Sorge der Investoren durch Elon Musks Verhalten auf der telefonischen Pressekonferenz nach Bekanntgabe der Zahlen. Der Tesla-Gründer und CEO bezeichnete Fragen von Analysten und Journalisten nach Teslas Kapitalbedarf sowie der Anzahl der Reservierungen für das neue Tesla-Auto „Model 3“ unter anderem als „unverschämt“ und „nicht cool“. Anstatt sich weiteren Fragen zu stellen, ließ sich der 46-Jährige einem YouTube-Blogger und erklärtem Tesla-Fan zuschalten und verfing sich in einer harmlosen Unterhaltung mit Kleinanlegern. Die Sorgen vieler Analysten und Großanleger will Musk nicht gelten lassen: In einem Brief an die Aktionäre kündigte er an, dass Tesla es im dritten Quartal zum ersten Mal in die schwarzen Zahlen schaffen werde.

Erreichen will Tesla das mit einer drastischen Aufstockung des Personals, was bereits seit einiger Zeit die Stratege der Firma ist. Von 2014 bis 2017 hat sich die Zahl der Belegschaft verdreifacht, 2017 verdoppelte sie sich. 2010 hatte das Unternehmen 900 Beschäftigte, heute sind es knapp 40.000. Derzeit sucht das Unternehmen 3000 neue Mitarbeiter, weitere Stellenausschreibungen sind angekündigt. Musk, von Ausbildung her Physiker, sagte vor einiger Zeit, Tesla habe lange Zeit zu sehr auf Automatisierung gesetzt und den Faktor „Mensch“ dabei vernachlässigt. Das werde nachgeholt. Allerdings ist das Verhältnis von Ertrag pro Mitarbeiter bei Tesla weitaus schlechter als bei anderen Unternehmen der Auto-Branche – es beträgt nur rund ein Drittel desjenigen von Ford und GM. Ein weiterer Vergleich zwischen GM und Tesla fällt eindeutig aus: Beide Unternehmen mussten im abgelaufenen Quartal knapp 150 Millionen Dollar an Zinsschulden aufbringen – allerdings erwirtschaftet GM mit rund 150 Milliarden Dollar über zehnmal so viel Umsatz wie Tesla.

Das Ziel von 5000 produzierten „Model 3“ pro Monat hat Musk jetzt erhöht: In naher Zukunft sollen es 6000 Stück sein. In einem Schreiben an alle Mitarbeiter erhöhte der Tesla-CEO auch den Druck auf die Belegschaft: Jede Abteilung, die ihre Ziele nicht erreiche, müsse ihm persönlich einen plausiblen Grund dafür nennen. Allerdings ist die Erhöhung auf 6000 Autos pro Woche eine sehr ambitionierte Vorgabe. Im März wurden gerade einmal 2020 „Model 3“ pro Woche produziert. Im April waren es mit 2270 etwas mehr.

Für viele Marktbeobachter hängt Teslas Zukunft entscheidend vom Erfolg des „Model 3“ ab. Einen nicht geringen Teil seines Kapitals erhält das Unternehmen nämlich von Kunden, die Vorbestellungen tätigen und dafür vierstellige Summen auf den Tisch legen. Für das „Model 3“ müssen die Kunden 1000 Dollar Anzahlung leisten. Für den Tesla-Sattelzug, dessen Produktion und Auslieferung 2019 beginnen soll, beträgt die Anzahlung 20.000 Dollar, für den Tesla-Sportwagen (Auslieferung und Produktion für 2020 geplant) 50.000 Dollar. 850 Millionen Dollar von Teslas Kapital-Reserven gehen auf Anzahlungen zurück. Je mehr Kunden ihr „Model 3“ verspätet ausgeliefert bekommen, desto weniger Leute werden bereit sein, ein Auto vorzubestellen, von dem sie nicht wissen, wann – und möglicherweise ob – sie es erhalten. Derzeit lebt Tesla zu einem großen Teil vom riesigen Vertrauensvorschub seiner – aktuellen und potentiellen – Kunden. Sollte dieser verloren gehen, könnte das das Ende des Unternehmens bedeuten – selbst dann, wenn es gelingt, die notwendigen Kapitalspritzen aufzutreiben.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Führungswechsel bei Novo Nordisk: Hoffnungsträger unter Druck
30.07.2025

Novo Nordisk stellt die Spitze neu auf – mit Mike Doustdar übernimmt ein Mann mit Konzernkenntnis, aber vor allem mit enormer...

DWN
Technologie
Technologie Solaranlage auf dem Dach: Warum viele Betreiber kein Geld sehen
30.07.2025

Strom erzeugen und dafür kassieren – das ist die Idee hinter privaten Solaranlagen. Doch wer heute in Deutschland einspeist, muss...

DWN
Politik
Politik Waren die EU-Zusagen von Ursula von der Leyen an Trump leere Versprechen?
30.07.2025

Die EU hat den USA unter Trump Investitionen und Energieimporte in Billionenhöhe versprochen. Doch in Brüssel wächst der Zweifel: Die...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn, Solarstrom, KI: Was sich im August ändert
30.07.2025

Der August bringt spürbare Veränderungen – auf der Schiene, beim Strompreis, im Umgang mit KI. Für Millionen Menschen heißt das: neue...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Regenwetter drückt Umsätze – wie Gastronomen jetzt reagieren sollten
30.07.2025

Der Sommer 2025 hat vielen Gastronomen einen Strich durch die Rechnung gemacht: Statt voller Biergärten und spontaner Hotelbuchungen gab...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Adidas-Aktie: Keine Preiserhöhung wegen Zöllen außerhalb der USA
30.07.2025

Trotz wachsender Unsicherheit durch US-Zölle liefert Adidas starke Halbjahreszahlen – und verzichtet bewusst auf Preiserhöhungen...

DWN
Finanzen
Finanzen Verlockung Bitcoin-Kurs: Doch das Misstrauen wächst mit dem Hype
30.07.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsstrategie machen, institutionelle Anleger kaufen in Milliardenhöhe, und der Bitcoin-Kurs...

DWN
Technologie
Technologie GenAI: Wie Unternehmen generative KI sicher einführen können
30.07.2025

Generative Künstliche Intelligenz (GenAI) verspricht höhere Effizienz und geringere Kosten – doch eine unbedachte Einführung kann...