Politik

Liebe Italiener: Versucht nicht, uns zu erpressen!

Deutschland ist nicht schuld an den Problemen Italiens. Eigentlich hätte das Land schon nach dem EU-Betritt wieder ausgeschlossen werden müssen. Nun wird nicht Machiavelli helfen, sondern die Beachtung des alten römischen Grundsatzes „Pacta sunt servanda!“. Ein Brief aus Deutschland.
23.03.2013 16:58
Lesezeit: 3 min

Offensichtlich herrschen völlig unterschiedliche Ansichten, was die Ursachen der Euro-Krise in der Währungsunion sind. Deutschland wird immer wieder aus den Krisenländern der Vorwurf gemacht, dass man Hilfe den Krisenländern verweigern würde und es an der notwendigen Solidarität fehlen lasse.

Man präsentiert sich gerne der Weltöffentlichkeit als Opfer finsterer Mächte insbesondere aus Deutschland, die ihr Land versklaven oder Germanisieren wolle. Nichts liegt dem normalen Deutschen ferner. Italien war immer ein Traumland, das mit seiner Kultur und landschaftlichen Schönheit Reisende von Goethe sowie einer ganzen Galerie deutscher Künstler und insbesondere Maler verzaubert hat. Ich selbst habe Italien von Sizilien bis zu den norditalienischen Alpen, von Sardinien, Neapel, den Liparischen Inseln, Rom und der Toskana bis zum Gargano oder Venedig bereist. Ich denke also ich kenne Italien als Reisender inzwischen sehr gut. Italienische Küche hat die Welt erobert und alle schätzen das italienische Design, ob bei Möbeln, Mode oder Autos. Warum also dieser künstlich geschürte Hass gegen die Deutschen in Italien?

Die Währungsunion war auf Wunsch der Mitgliedsstaaten gegen erhebliche Bedenken insbesondere aus Deutschland eingeführt worden. Dafür wurden die vertraglichen Grundlagen einvernehmlich im Maastricht-Vertrag einschließlich der No-Bailout-Klausel kodifiziert. Alle Mitgliedsländer haben als souveräne Staaten diese Verträge ratifiziert. Niemand ist gezwungen worden der Währungsunion beizutreten. Gerade die Italiener sollten wissen was Vertragstreue bedeutet. Schließlich sind unsere Rechtssysteme auch in Deutschland nach dem römischen Recht konzipiert.

Pacta sunt servanda ist ja schließlich aus dem römischen Recht entlehnter Rechtsgrundsatz, d.h. die Deutschen haben von den Römern gelernt. Nur scheint sich offensichtlich inzwischen das römische Rechtsverständnis gewandelt zu haben. Man scheint sich eher der Traditionen der Rhetorik und Herrschaftslehre eines Machiavelli verpflichtet zu fühlen. Man möchte die eigenen Fehler gerne vergessen machen und geht in die Offensive, in dem man insbesondere Deutschland verunglimpft.

Es ist kein Zufall, dass man eine solche Politik in Deutschland zunehmend als Erpressung empfindet. Das ist umso absurder, da ja nach herrschender Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland seine Hilfe nur freiwillig erbringt und entsprechend der Vertragslage nur erbringen kann. Sollte sich der Eindruck auch bei den Richtern des Bundesverfassungsgerichts durchsetzen, dass es nicht mehr um freiwillige Hilfen, sondern um erpresste Staatshilfen Deutschlands an Italien und andere Krisenländer ginge, dann wäre dies eine klare Vertragsverletzung der Maastricht-Verträge.

Es wäre dann rechtwidrig unter diesen Umständen überhaupt noch Hilfen zu gewähren.

So verständlich also der Wunsch ist, sich durch Finanzhilfen insbesondere Zinssubventionen aus einer prekären Finanzlage Italiens zu retten, so wenig sollte man die Geberländer durch Erpressung versuchen dazu zu zwingen. Es wäre am Ende völlig kontraproduktiv. Ob Berlusconi oder Beppo Grillo so hat Italien selbst bei der letzten Wahl sich Politiker gewählt, die kaum eine Konsens-Lösung mit Deutschland und anderen Geberländern erwarten lassen.

Nun zu den Ursachen der prekären Lage Italiens. Kern ist der Verlust der italienischen Wirtschaft an internationaler Wettbewerbsfähigkeit. Im Zuge der Globalisierung haben sich die Wettbewerbsverhältnisse fundamental über die zurückliegenden zwei Jahrzehnte verändert. Italien hat sich auf diese veränderten Verhältnisse nicht rechtzeitig umgestellt und zahlt jetzt einen hohen Preis dafür.

Hinzu kommt ein aufgeblähter und ineffizienter Staat, der die Wirtschaft lähmt. Eigentlich hätte Italien schon zu Beginn der Währungsunion ausgeschlossen werden müssen, da man aufgrund der hohen Staatsverschuldung von rund 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts die gemeinsam vereinbarten Kriterien nicht erfüllen konnte.

Mit Hilfe von dubiosen Tricks mittels Währungsswaps und einer ausschließlich politisch motivierten Bundesregierung unter Helmut Kohl, wurde Italien trotzdem unter Auflagen der Beitritt ermöglicht.

Die Hoffnung Italien würde diese unverdiente Chance nutzen, um sich grundlegend zu reformieren und die erheblichen Zinskostenersparnisse zu einer nachhaltigen Konsolidierung seiner Staatsfinanzen nutzen, wurde vertan. Nun steht man erneut wieder in einer fundamentalen Krise der Wettbewerbsfähigkeit und der Staatsfinanzen.

Trotzdem klammert man sich in Italien offensichtlich an den Irrglauben, dass weitere Zinssubventionen und Transferzahlungen das Land dauerhaft retten könnte. Da mit dem Beitritt zur Währungsunion nicht wie zuvor die italienische Lira regelmäßig abgewertet werden kann, lässt sich nur durch eine Rosskur der italienischen Wirtschaft und einer umfassenden Reform der italienischen Institutionen eine nachhaltige Gesundung Italiens erreichen.

Offensichtlich fehlt es aber an der notwendigen Einsicht in der breiten Bevölkerung und den italienischen Eliten. Man versucht lieber mit Bilanzierungstricks sich weiter durchzumogeln. Das ist auch hier wieder absurd, wenn man bedenkt, dass die doppelte Buchführung eine italienische Erfindung der Renaissance war.

Was man aus deutscher Sicht daher erwartet, ist, dass Italien zu seinen römischen und italienischen Tugenden aus der Vergangenheit zurückkehrt, denn dies waren auch die Grundlagen für seine damaligen wirtschaftlichen Erfolge. Rechtssicherheit, Vertragstreue und ordnungsgemäße Buchhaltung sind die institutionellen und konstitutionellen Voraussetzungen für jede gesunde Wirtschaft.

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