Politik

Der Handelskrieg zerstört die internationalen Lieferketten

Neue Strafzölle, Sanktionen und andere staatliche Maßnahmen im Hinblick auf den globalen Handel stellen die Unternehmen weltweit vor erhebliche Herausforderungen.
14.08.2019 17:09
Lesezeit: 4 min
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US-Präsident Donald Trump hat nicht nur China, sondern alle Handelspartner seines Landes im Visier – vor allem auch die EU. Die Handelsbeziehungen sind für ihn immer wieder ein entscheidendes Druckmittel, wie man etwa beim Streit um neue Sanktionen gegen den Iran gesehen hat.

Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und den USA sind die umfangreichsten der Welt. Sie schaffen auf beiden Seiten insgesamt 15 Millionen Arbeitsplätze und sind zudem von entscheidender Bedeutung für die Stabilität des globalen Handelssystems.

Deutschland ist als Exportnation natürlich ganz besonders anfällig für Handelseinschränkungen. Zudem sind China mit 199 Milliarden Euro und die USA mit 178 Milliarden Euro der größte und der drittgrößte deutsche Handelspartner. Nummer zwei sind derzeit die Niederlande.

Zu den vom Handelsstreit zwischen China und den USA betroffenen Unternehmen gehören etwa deutsche Autobauer, die ihre Fahrzeuge für den chinesischen Markt in den USA fertigen. Vor allem Daimler und BMW müssen hier ihre Produktion anpassen.

China ist sicherlich einer der wichtigsten Exportmärkte für Europa. Doch vor dem Hintergrund der chinesisch-amerikanischen Spannungen darf man nicht übersehen, dass die Handelsbeziehungen zwischen der EU und China schon seit Jahren durch zahlreiche Barrieren behindert werden.

Zu den Problemen im Handel mit China gehören die dortigen massiven Subventionen, die Verpflichtung zum Technologietransfer, Überkapazitäten in traditionellen Sektoren wie Stahl und Aluminium und zunehmend auch in Hightech-Bereichen sowie ungerechtfertigte Cybersicherheits- und Verschlüsselungsregulierungen.

Ein aktueller Bericht der EU-Kommission bezeichnet China als den restriktivsten Handelspartner der EU und nennt insgesamt 37 chinesische Handelsbarrieren. Allein die vier im letzten Jahr neu eingeführten Hindernisse für den Handel beeinträchtigen demnach EU-Exporte im Umfang von bis zu 25,7 Milliarden Euro.

Während die Handelskonflikte zwischen den Staaten der Welt zunehmen, verliert die Welthandelsorganisation WTO immer mehr an Einfluss. Die bislang durch WTO-Abkommen garantierten Marktzugänge sind nicht länger verlässlich.

Selbst im Europäischen Binnenmarkt, der bisher die Freizügigkeit von Kapital, Waren und Arbeitskräften sicherstellte, zeigen sich immer stärkere Tendenzen zum Schutz heimischer Arbeitsplätze und zu regionalem Separatismus.

Die betroffenen Unternehmen weltweit müssen auf die entstehenden Handelsbeschränkungen reagieren, etwa indem sie Lieferketten neu strukturieren oder alternative Zulieferer, Partnerunternehmen und Absatzmärkte finden.

Die stärksten negativen Auswirkungen verspüren offensichtlich jene Unternehmen, welche bisher am intensivsten im globalen Handel engagiert sind. Verlierer sind aber bei weitem nicht nur Exportnationen wie Deutschland, denen Absatzmärkte wegbrechen.

Vielmehr treffen Zölle vor allem auch jene Unternehmen, die sich bei ihrem Warenbezug bisher stark auf Importe gestützt haben. Denn sie müssen ihre betroffenen Importe nun durch andere Waren ersetzen, die teurer oder von minderer Qualität sind.

Besonders stark betroffen von neuen Handelsbarrieren sind die weltweit operierenden Wirtschaftssektoren, also etwa Maschinenbau, Automobilindustrie, Arzneimittelsektor und Chemieindustrie – und ihre Kunden, die nun für weniger Qualität mehr zahlen müssen.

Zwar sind Mittelständler mit ihren einfacheren Strukturen in der Regel flexibler als große Konzerne, doch auch für sie ist es eine starke Belastung, wenn plötzlich wichtige Absatzmärkte wegbrechen oder die Kosten des Warenbezugs steigen.

Doch welche Staaten würden die negativen Folgen eines eskalierenden Handelskonflikts zwischen den USA und China am stärksten zu spüren bekommen? Laut Tom Holland von Gavekal Research wären die Schwellenländer die größten Verlierer. Zudem würde Europa schlechter abschneiden als die USA.

Wie stark ein Land betroffen ist, hängt einerseits davon ab, wie sehr es auf den Handel angewiesen ist. Andererseits spielt aber auch eine Rolle, welche Möglichkeiten die Regierungen und Zentralbanken dieser Länder haben, ihre Geld- und Finanzpolitik zu lockern.

Unter den entwickelten Staaten sind die USA am wenigsten vom Handel abhängig. Denn nur ein Fünftel ihres Bruttoinlandsprodukts stammt aus dem Außenhandel. Dies macht die USA deutlich weniger anfällig als China und Europa.

Zudem haben die USA und China mit Leitzinsen von aktuell 2,5 Prozent beziehungsweise 4,35 Prozent noch deutlich mehr Spielraum für Zinssenkungen als etwa die Eurozone und Japan, wo die Zinsen schon jetzt bei null beziehungsweise sogar bei minus 0,1 Prozent liegen.

Unter den Schwellenländern könnten auch einige vom Handel abhängige Länder wie Vietnam, Malaysia, Taiwan und Thailand zu Nutznießern des Handelskriegs zwischen den USA und China werden.

Diese Länder könnten nämlich davon profitieren, dass Unternehmen weltweit ihre Lieferketten von China weg verlagern, um die US-Zölle zu umgehen. So hat offenbar der US-Technologiekonzern Apple einen Plan in der Schublade, um die iPhone-Produktion aus China abzuziehen.

Doch eine Produktionsverlagerung von China in andere Schwellenländer der Region dürfte Jahre dauern und in vielen Fällen überhaupt nicht machbar sein. Zu groß sind die Vorteile Chinas im Hinblick auf Arbeitskräfte und Infrastruktur.

Korea und Taiwan sind Teil zahlreicher weltweiter Lieferketten, was sie anfällig für Handelskonflikte macht. Zugleich haben sie aber den Vorteil relativ starker Bilanzen. Sie könnten ihre Währungen abwerten und so einen Verlust im Außenhandel abfedern.

Auch Indien, das weniger vom Handel abhängig ist, wurde zuletzt in den Handelskrieg verwickelt. Die USA haben eine Ausnahmeregelung zurückgezogen, die es dem Land bisher erlaubte, bestimmte Waren zollfrei in die USA zu exportieren.

Im Vergleich zu den meisten anderen Schwellenländern befindet sich China in einer guten Ausgangsposition für einen Handelskrieg. Denn nur 35 Prozent seines BIPs bezieht das Land aus dem Handel. Zudem verfügt die Geld- und Finanzpolitik hier über mehr Spielraum.

China könnte seine bisherige Politik fortsetzen und die ihm von den USA auferlegten Zölle durch eine Abwertung des Yuan gegenüber dem Dollar ausgleichen. So kann das Land zumindest kurzfristig die Auswirkungen des Handelskriegs abfedern.

Daher würde Chinas Wirtschaft laut Tom Holland erst dann größeren Schaden nehmen, wenn der Handelskrieg sich fortsetzt und so weit eskaliert, dass chinesische Unternehmen gänzlich vom amerikanischen Markt ausgeschlossen werden. Dann sind auch Geldabwertungen nicht mehr zielführend.

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