Politik

Lobbyismus in Brüssel: Dinner mit EU-Politikern für 2.500 Euro pro Tisch

Lesezeit: 2 min
04.05.2013 00:41
Ehemalige EU-Parlamentarier versprechen zahlungskräftigen Unternehmen die Kontaktaufnahme mit ihren aktiven Kollegen. Kritiker orten einen Verstoß gegen den Verhaltenskodex für EU-Abgeordnete.
Lobbyismus in Brüssel: Dinner mit EU-Politikern für 2.500 Euro pro Tisch

Eine geplante Abendveranstaltung eines Vereins von Ex-EU-Parlamentariern sorgt für Kritik von NGOs. In einem offenen Brief an den Präsidenten Martin Schulz verurteilen sie das Vorhaben der EP Former Member Association (FMA). Diese werbe offen um Unternehmens-Sponsoring für eine Debattenveranstaltung, die in Räumlichkeiten des EP stattfindet.

Dies widerspreche dem Verhaltenskodex für (Ex-)EU-Parlamentarier, heißt es in dem Schreiben zweier Mitgliedsinstitutionen des Lobby-kritischen NGO-Netzwerks ALTER-EU. Die FMA organisiert am 4. Juni  eine sogenannte Dinner-Debatte, die im Europäischen Parlament stattfindet. Prominenteste Sprecherin wird Cecilia Malmström sein, die amtierende EU-Kommissarin für Innenpolitik. In der entsprechenden Einladung werden Unternehmen zum Sponsoring der Veranstaltung aufgefordert:

Für 2.500 € pro Tisch für acht Personen, mit Ihrem Namen und Logo prominent auf dem Programm des Abends, wird die Möglichkeit eines Meet and Greet mit unserem Ehrengast sichergestellt (...) und die Möglichkeit, nach Frau Cecilia Malmströms Rede Fragen zu stellen . Auf Ihren Wunsch hin werden wir arrangieren, dass ein amtierender oder ehemaliger Europaabgeordneter oder ein Vertreter der Kommission zum Tisch kommt."

Die ALTER-EU-Gruppen bezeichnen diese Einladung als einen Verstoß gegen den Verhaltenskodex für Europaabgeordnete, für dessen Umsetzung Parlamentspräsident Schulz verantwortlich ist. Die Rede vom Artikel 6 des Kodex, der es ehemaligen Abgeordneten verbietet, EU-Einrichtungen zum Zweck der Lobbyarbeit oder repräsentativen Aktivitäten zu nutzen. Darin heißt es:

„Ehemalige Abgeordnete, die als Lobbyisten in einem Bereich zu arbeiten anfangen, der in direkter Verbindung mit EU-Angelegenheiten steht, dürfen Einrichtungen, die normalerweise ehemaligen Abgeordneten zur Verfügung stehen, während der Zeit einer solchen Lobby-Tätigkeit nicht nützen.“

Das offene Ansuchen um Unternehmens-Sponsoring für Aktivitäten der FMA und das Versprechen auf Kontakt mit Vertretern des EP und der Kommission gegen Bezahlung widerspreche dem Kodex klar, so die ALTER-EU-Gruppen in ihrem offenen Brief. Persönlich verantwortlich dafür machen sie den ehemaligen EU-Abgeordneten Pat Cox, der heute als Präsident der FMA fungiert. Außerdem beobachtet Cox seit Juni 2012 im Auftrag des Europäischen Parlaments den noch immer laufenden Prozess gegen die ehemalige ukrainische Ministerpräsidentin Julia Timoschenko.

Eine Sprecherin der FMA gab auf eine schriftliche Anfrage hin keine inhaltliche Erklärung ab. Die Vorstandsmitglieder des Vereins würden das Thema zu gegebener Zeit und in voller Zusammenarbeit mit den parlamentarischen Behörden adressieren, hieß es lapidar.

Den Verhaltenskodex verordnete sich das EU-Parlament selbst, nachdem 2011 die Undercover-Reportagen der SundayTimes rund um den ehemaligen österreichischen Innenminister Ernst Strasser und andere Parlamentarier große Wellen geschlagen hatten. Die Abgeordneten zeigten sich dafür empfänglich, im Dienst von Lobbygruppen die EU-Gesetzgebung zu beeinflussen. Die Enthüllungen führten zu umfangreichen Diskussionen über unethisches Verhalten von EU-Parlamentariern und ihre Lobby-Kontakte. Der ehemalige ÖVP-Politiker Strasser wurde im Januar zu vier Jahren unbedingter Haft wegen Bestechlichkeit verurteilt (hier). Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

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