Deutschland

Investitionshilfen für Unternehmen sinnlos? Experte empfiehlt Staats-Rabatte für Konsumenten, um Wirtschaft anzukurbeln

Unternehmen Investitionshilfen zu gewähren, bringt nichts, solange die Nachfrage ausbleibt, sagt ein Experte. Er empfiehlt daher, Staats-Rabatte zu gewähren, um den Konsum anzukurbeln.
12.04.2020 18:51
Lesezeit: 2 min
Investitionshilfen für Unternehmen sinnlos? Experte empfiehlt Staats-Rabatte für Konsumenten, um Wirtschaft anzukurbeln
Ein leerer Autoturm auf dem VW-Gelände in Wolfsburg. (Foto: dpa) Foto: Peter Steffen

Die Aussetzung der Mehrwertsteuer durch den Staat sowie Car-Abos und die Rücknahme von Neuwagen bei Jobverlust des Kunden: Das sind die geeigneten Instrumente, um die von der Corona-Pandemie heimgesuchte Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Das schreibt der Automobil-Experte Ferdinand Dudenhöffer.

Der Professor der Universität St. Gallen glaubt nicht daran, dass staatliche Unterstützung für Unternehmen (also eine Stärkung der Angebotsseite) viel bewirken kann: „Investitionen werden auch bei noch so lukrativen negativen Zinssätzen nicht in Gang kommen. Wer investiert schon, wenn er keine Nachfrage sieht?“ Stattdessen müsse die Kaufbereitschaft der Konsumenten gestärkt werden. Und zwar vor allem in Hinblick auf höherwertige Güter, denn die seien es, die Wirtschaftswachstum erzeugen. Dudenhöffer führt aus: „Im Jahr 2019 wurden weltweit 80 Millionen neue Pkw verkauft. Bei einem Durchschnittspreis von 25.000 Euro entspricht dies einem Umsatz von mehr als zwei Billionen Euro. Diese Zahl zeigt, wie wichtig der weltweite Automarkt für die Wiederbelebung der Wirtschaft nach den Shutdowns ist.“

Um die Kaufbereitschaft zu stärken, müssten sowohl der Staat als auch die Unternehmen selbst die richtigen Maßnahmen vornehmen.

  • Der Staat sollte die Mehrwertsteuer aussetzen. Der durchschnittliche Neuwagen kostet in Deutschland heute 35.000 Euro. Ohne Mehrwertsteuer wären es 29.412 Euro. Dudenhöffer nennt die Differenz von 5.588 Euro „Staatsrabatt“. Der sei viel sinnvoller als ein etwaiges Helikoptergeld. Dudenhöffer: „Monetaristen würden Hubschrauber über die Lande fliegen lassen und Geldscheine abwerfen, um den Konsum anzuregen. Einer der bedeutendsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts, John Maynard Keynes, hat in Hinblick auf diese Idee gesagt, Konsumenten würden die Geldscheine vergraben. Wer Angst hat, seinen Job zu verlieren, kauft nämlich keine hochwertigen Konsumgüter. Der Trick beim Staatsrabatt: Man kann ihn nicht vergraben.“
  • Die Unternehmen sollten:
  1. Car-Abos anbieten, so wie es Start-ups wie „Like2Drive“ und „Cluno“ sowie Vermieter wie „Sixt“ bereits tun. Dudenhöffer: „Car-Abo bedeutet, dass man für einen fixen Monatsbetrag einen Neuwagen für sechs Monate, zwölf Monate, 18 Monate oder 24 Monate nutzen kann. Dabei sind, außer der Kraftstoff, alle Kosten bereits mit der Monatsrate abgegolten. Leider haben die Autobauer und ihre Banken Car-Abos nicht im Angebot. Die Chance, dem Kunden das wirtschaftliche Risiko abzunehmen, wird verschlafen.“
  2. Kunden die Garantie geben, dass sie einen Neuwagen wieder zurückgeben können, wenn sie ihren Job verlieren. So machte es Hyundai während der Finanzkrise 2008/09 in den USA. Der japanische Autobauer unterlegte seine Garantie mit einer großen Werbekampagne mit der Schlagzeile „Uncertainty in Uncertain Times“ (Unsicherheit in unsicheren Zeiten). Dudenhöffer: „In der großen Krise hatte Hyundai die Kunden vom wirtschaftlichen Risiko freigestellt. Steigerte seinen Marktanteil. Der Verkauf sank nur leicht - trotz Krise. (…) Der größte Kundenwert in unsicheren Zeiten ist eben Sicherheit.“

Dudenhöfer fasst zusammen: „Natürlich ist das Modell nicht auf Autos beschränkt. Es lässt sich auf alle hochwertigen Konsumprodukte einfach und ohne Formulare umsetzen. Ab etwa 10.000 Euro keine Mehrwertsteuer für neun oder zwölf Monate, kombiniert mit einer Rückgabe-Option, bringt die Nachfrage in Schwung. Der Wirtschaftseinbruch kann gezielt durch private Nachfrage angegangen werden. Staatliche Nachfrage und noch höhere Schuldenlasten nach den Billionen an Rettungsgeldern wären mehr als kontraproduktiv.“

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Jeder Sechste sorgt sich wegen KI um eigenen Arbeitsplatz
02.12.2025

Künstliche Intelligenz verändert den Arbeitsmarkt rasant. Jeder sechste Beschäftigte in Deutschland fürchtet, dass sein Job bedroht...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Russische Wirtschaft unter Spannung: Industrie, Konsum und Haushalt schwächeln
02.12.2025

Die wirtschaftliche Lage in Russland wird spürbar fragiler, da strukturelle Schwächen und geopolitische Belastungen zunehmen. Damit...

DWN
Politik
Politik Drohnenabwehreinheit der Bundespolizei in Dienst gestellt
02.12.2025

Die Bundespolizei verstärkt ihre Drohnenabwehr erheblich. Mit 130 Spezialkräften, KI-gestützten Störsystemen und automatischen...

DWN
Finanzen
Finanzen Ripple XRP News: Digitale Zahlungen im Asien-Pazifik-Raum wachsen stark
02.12.2025

XRP, die Kryptowährung von Ripple, könnte sich bald von Bitcoin abkoppeln. In Singapur erhält das Unternehmen eine erweiterte Lizenz, um...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Das italienische Wunder: Geschaffen mit EU-Geld und Schattenwirtschaft
02.12.2025

Italien feiert eine Hochstufung seiner Bonität und spricht vom „neuen Wirtschaftswunder“. Doch unter der Oberfläche zeigen sich...

DWN
Finanzen
Finanzen Kryptowährung kaufen: So erkennen Anleger gute Einstiegsphasen
02.12.2025

Kryptowährungen gewinnen weltweit an Bedeutung, zugleich bleibt der richtige Einstiegszeitpunkt für viele Anleger schwer zu bestimmen....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mindestlohnerhöhung 2026: Praxisleitfaden mit Checkliste und Rechenbeispielen für Betriebe
02.12.2025

Die Mindestlohnerhöhung ab 2026 bringt spürbare Veränderungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Wie stark Betriebe tatsächlich...

DWN
Finanzen
Finanzen Schufa öffnet Blackbox: Neuer Score ab Ende März einsehbar
02.12.2025

Ab Ende März 2026 können Verbraucher den neuen Schufa-Score kostenfrei einsehen. Die Berechnung orientiert sich an zwölf...