Deutschland

Absatz und Marktanteil brechen ein: Experten sagen Opel eine düstere Zukunft voraus

Die Zahlen verheißen nichts Gutes. Und die geplante Fusion von Opels Mutterkonzern PSA mit Fiat hilft den Rüsselsheimern auch nicht - im Gegenteil.
23.07.2020 11:51
Lesezeit: 3 min
Absatz und Marktanteil brechen ein: Experten sagen Opel eine düstere Zukunft voraus
Noch gibt es Hoffnung für Opel - aber die schlechten Nachrichten überwiegen. (Foto: dpa) Foto: Oliver Berg

Opel steckt in tiefen Schwierigkeiten: Die Verkaufszahlen des Tradition-Autobauers entwickeln sich äußerst schwach. Von Januar bis Juni dieses Jahres setzten die Rüsselsheimer in Deutschland gerade einmal 60.820 Neuwagen ab (entspricht einem Marktanteil von lediglich 5,0 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist der Absatz in absoluten Zahlen damit um fast die Hälfte (48,2 Prozent) zurückgegangen.

Auch die Entwicklung der monatlichen Verkaufszahlen gibt Anlass zur Sorge. Nach dem Katastrophenmonat April (5.153 verkaufte Einheiten), der jedoch für alle anderen Autobauer wegen Corona ebenfalls ein Desaster war, gehen die Verkaufszahlen zwar wieder nach oben (Mai: 8.742 Einheiten/ Juni: 9.764 Einheiten). Aber: Die meisten anderen Marktteilnehmer vermelden prozentual höhere Zuwächse. Und so fällt Opels Marktanteil mit 4,4 Prozent im Juni geringer aus als im Gesamthalbjahr 2020 (wie oben bereits gesagt: 5,0 Prozent). Die Rüsselsheimer stehen damit nur noch auf Rang acht der beliebtesten Autobauer, das heißt, nicht nur hinter den deutschen Herstellern VW, Mercedes, BMW, Ford und Audi, sondern auch noch hinter Skoda und Renault und nur knapp vor Fiat und Seat.

Ergebnis in Europa

Auch das Ergebnis in Europa (in das Opels britisches Tochter-Unternehmen „Vauxhall“ miteingerechnet ist) vermag den Katzenjammer nicht zu vertreiben. Im Juni betrug der Marktanteil nur noch 3,8 Prozent (VW führte mit 10,5 Prozent vor Renault mit 9,6 Prozent). Ein Blick auf die Zahlen der letzten 25 Jahre sind erschreckend: Im Jahre 1995, also vor 25 Jahren, betrug Opels Marktanteil noch 12,5 Prozent (das heißt, genau jeder achte verkaufte Pkw war ein Opel!). In den folgenden Jahren gab es eine stetige Talfahrt, die im Jahr 2012 mit 6,7 Prozent Marktanteil ihr Ende fand. Vier Jahre lang, bis 2016, konnte Opel seinen Marktanteil halten, ab 2017 (6,1 Prozent) ging es wieder bergab (vorläufiger Höhepunkt des Absturzes: die – bereits erwähnten – 3,8 Prozent vom Juni dieses Jahres).

2017: Das war das Jahr, in dem das deutsche Traditions-Unternehmen vom französischen PSA-Konzern (Peugeot, Citroen) übernommen wurde. „Mit einem radikalen Einsparprogramm wurden bei Opel die Beschäftigten europaweit abgebaut“, beschreibt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöfer das damalige Szenario. Und weiter: „Die PSA-Strategie ist simpel: Sich das Opel-Verkaufsvolumen einzuverleiben und durch Plattform-Autos und deutlich weniger Mitarbeiter erhebliche Kosteneinsparungen zu generieren. Immer mehr Fahrzeuge werden so auf den Plattformen von PSA gebaut. Wie die Kunden darauf reagieren, zeigen die Marktanteilverluste seit 2017.“

Opel zeigt sich optimistisch

Wird es (je) wieder aufwärts gehen? Ein Sprecher von Opel zeigte sich auf Anfrage der Deutschen Wirtschaftsnachrichten optimistisch: „Es gibt gute Gründe für die aktuelle Marktanteilsentwicklung: Zuallererst treffen uns – genau wie alle anderen Automobil-Hersteller übrigens auch – die Auswirkungen der Corona-Krise, die dazu führte, dass Autohäuser in ganz Europa monatelang geschlossen wurden.

Ein anderer Faktor sind die strengen zukünftigen CO2-Ziele in Europa. Opel will das geltende Flottenziel unbedingt erreichen und hat dafür alle notwendigen Maßnahmen ergriffen. Dies spiegelt sich auch in der Entwicklung der Verkaufszahlen wider. Denn wir haben unser Produktportfolio konsequent auf zukunftssichere Modelle und Motoren umgestellt – und in diesem Zug einige Fahrzeuge aus dem Programm genommen. … Wir haben starke, innovative Modelle – und werden Kunden zukünftig wieder stärker davon überzeugen.“

Ausblick

Zweckoptimismus? Wenn es nach Dudenhöfer geht: ja. Er schreibt: „Auch in den nächsten Jahren sehen wir wenig Chancen, den Marktanteil von Opel-Vauxhall wieder zu stärken. Einer der Hauptgründe ist die neue Konstellation des ´Stellantis-Konzerns´, sprich der Fusion von PSA und Fiat-Chrysler. Mit Wettbewerbern im eigenen Haus wie Fiat und Alfa Romeo wird eine eigenständige Positionierung von Opel noch schwerer.“

Zur Erklärung: PSA und Fiat-Chrysler (FCA) haben ihre Fusion im Dezember 2019 beschlossen – es würde der nach VW, Toyota und General Motors viertgrößte Autokonzern der Welt entstehen („Stellantis“). Allerdings haben die EU-Wettbewerbshüter Bedenken angemeldet und eine vertiefte Prüfung eingeleitet, die sich bis Ende Oktober dieses Jahres hinziehen könnte.

Auto-Analyst Frank Schwope von der Nord/LB sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, er gehe davon aus, dass „vorausgesetzt, dass keine neuen Shutdowns kommen, spätestens ab September deutlich bessere Absatzzahlen in Deutschland vermeldet werden“. Das gelte aber für die gesamte Branche, nicht nur für Opel. Insgesamt halte er es für möglich, dass Opel „infolge der Corona-Pandemie werde sparen müssen“. Daher „sollte es nicht überraschen, wenn der PSA-Konzern auch über Stellenabbau oder intelligente Arbeitszeitmodelle (z.B. 4-Tage-Woche) nachdenkt, um den Nachfrageeinbruch aufzufangen.“ Überhaupt könnten in Rüsselsheim Sparmaßnahmen bevorstehen: „Da PSA und FCA ihren Mittelpunkt in Frankreich bzw. Italien haben, ist es nicht unwahrscheinlich, dass in Deutschland tendenziell stärker gespart wird.“ Die bevorstehende Fusion wertet Schöpe als tendenziell nicht unproblematisch für die Rüsselsheimer: „Opel ist dann möglicherweise eine von vier Massenmarken, die sich gegenseitig kannibalisieren könnten: Peugeot, Citroen, Opel und Fiat!“

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