Lange Zeit galten die Deutschen als Aktienmuffel, und auch im Jahr 2020 ist der Anteil der Aktionäre hierzulande viel geringer als in den USA. Doch in Zeiten der Corona-Krise zeigen sich nun auch in Deutschland deutliche Zeichen eines Wandels. Denn die Zahl der Aktienbesitzer ist hierzulande zuletzt stark angestiegen.
Laut einer repräsentativen Umfrage der Initiative pro Aktie vom August dieses Jahres sind 34 Prozent der Erwachsenen hierzulande im Besitz von Aktien, sei es über Aktienfonds, Wertpapiersparpläne, börsengehandelte Fonds (ETFs) oder über Einzelaktien. Das ist ein Anstieg zum Vorjahr um immerhin 5 Prozentpunkte. Besonders stark angestiegen ist der Aktionärsanteil unter den 18 bis 24 Jahre alten Deutsche, nämlich um 13 Prozentpunkte auf nunmehr 39 Prozent.
Mit nur 25 Prozent ist der Aktionärsanteil unter Menschen, die 65 Jahre oder älter sind, weiter vergleichsweise gering. Sie scheuen häufig die Langfristigkeit dieser Geldanlage. Zudem befinden sich Aktien viel häufiger im Besitz von Männern (42 Prozent) als von Frauen (25 Prozent). Neben dem gestiegenen Aktionärsanteil ist auch auffällig, dass jeder siebte Deutsche im letzten Jahr zum ersten Mal in Aktien investiert hat oder mehr in Aktien investiert hat als zuvor. Wie ist das zu erklären? Ist die Corona-Krise eher ein Argument für den Einstieg in Aktien oder dagegen?
Den Studienautoren zufolge haben die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise eher dazu beigetragen, dass sich Anleger gegen eine Aktieninvestition entschieden haben. So sagten 22 Prozent der Menschen, die sich gegen Aktien entschieden haben, dass sie wegen Corona Angst vor sinkenden Renditen haben. Zudem sagten 22 Prozent, dass wegen der Corona-Krise und die möglichen negativen Folgen für Aktien verunsichert sind. Und 14 Prozent sagten, dass sich wegen der Corona-Krise ihr Einkommen verringert hat und dass sie daher kein Geld mehr übrig haben, um in Aktien zu investieren.
Leider haben die Studienautoren es versäumt, die Aktienbesitzern und darunter vor allem die neuen Aktieninvestoren zu fragen, ob die Corona-Krise ein Argument für ihre Entscheidung war, verstärkt in Aktien zu investieren. Denn wenn gerade in dem Jahr, in dem eine weltweise Krise ausbricht, der Anteil der Aktieneigner deutlich steigt, dann könnte man doch einen Zusammenhang zwischen den beiden Dingen zumindest vermuten. Stattdessen betrachten die Studienautoren die Corona-Krise einseitig als eine Barriere für Aktieninvestitionen.
Doch zum Glück waren viele deutsche Anleger klüger, und statt sich durch die Corona-Krise vom Aktienkauf abhalten zu lassen, griffen sie zu – und nicht wenige zum ersten Mal. Der Griff nach Aktien scheint zumindest bisher keine schlechte Entscheidung gewesen zu. Denn der Dax liegt derzeit in etwa auf dem gleichen Stand wie vor einem Jahr, nachdem er sich – angefeuert durch die Wertpapierkäufe von Federal Reserve und EZB – mit einem Anstieg um rund 50 Prozent wieder fast vollständig vom März-Crash erholt hat.