Unternehmen

Planungswechsel: Volkswagens muss Investitionen in E-Mobilität wegen Corona überdenken

Wegen erhöhter Unsicherheiten in der Corona-Situation muss der Werkskonzern seine E-Mobilitäts-Pläne ändern. Die Absatzmärkte sehen mittlerweile anders aus als ursprünglich kalkuliert.
06.11.2020 12:52
Aktualisiert: 06.11.2020 12:52
Lesezeit: 2 min

Volkswagen will die mittelfristige Investitionsplanung wegen der Corona-Krise nachjustieren. "Wir müssen unsere Planung anpassen", sagte Vorstandschef Herbert Diess am Donnerstag bei einem Webcast der Agentur Bloomberg. Der Konzern müsse den fehlenden Absatz von einigen Millionen Fahrzeugen in der Pandemie bei seiner Planung berücksichtigen und einrechnen, dass einige Märkte vermutlich erst 2023 wieder das Vorkrisenniveau erreichen. "Das sind Ressourcen, die wir nicht bekommen haben." An den Ausgaben für die Elektromobilität plant Volkswagen keine Abstriche und will die Investitionen in autonomes Fahren und die Digitalisierung sogar weiter steigern. "Es gibt keinen Richtungswechsel", betonte Diess. Vielmehr werde der eingeschlagene Kurs gestärkt.

Um das Geld für den Wechsel in die E-Mobilität freizubekommen, fährt Volkswagen schon seit einiger Zeit einen Sparkurs, der je nach Bedarf forciert werden kann. Außerdem soll die Modellvielfalt weiter zurückgefahren werden. "Wir können nicht mehr jede Nische besetzen." Diess kündigte "einige wichtige Entscheidungen" für die Standorte weltweit an, führte dies aber nicht näher aus. "Es ist ein langfristiger Plan zur Krisenbewältigung." Er machte klar, dass Volkswagen dank der Erholung des Geschäfts nicht auf Fremdfinanzierung angewiesen sei.

Vorstand und Aufsichtsrat wollen in der Planungsrunde Mitte November den Kurs für die kommenden Jahre abstecken und beschließen, wo wieviel investiert wird. Diess sprach sich dagegen aus, den Planungszeitraum von üblicherweise fünf Jahren wegen der Corona-Krise zu verkürzen. Bei der zurückliegenden Runde vor einem Jahr hatte der Aufsichtsrat für den Planungszeitraum von 2020 bis 2024 Ausgaben von knapp 60 Milliarden Euro in klimafreundliche Antriebe und die Digitalisierung freigegeben. Gut die Hälfte ist für die E-Mobilität vorgesehen. Binnen zehn Jahren (bis 2029) will der Konzern auf dieser Grundlage bis zu 75 reine Elektro-Modelle auf die Straße bringen und zum Marktführer in der Elektromobilität aufsteigen. Den Anfang machte vor Kurzem der neu entwickelte kompakte ID.3. Ihm folgt in Kürze der Elektro-SUV ID.4, danach soll es Schlag auf Schlag gehen.

Um eine rasch wachsende Zahl an batteriegetriebenen Autos mit Akkus zu versorgen, braucht der Konzern immer mehr Batteriezellen. Die Zahl wird noch weiter steigen, wenn die von der EU im Zuge des "Green Deal" geplante weitere Verschärfung der CO2-Vorgaben kommt. Dann würden ein, zwei Giga-Fabriken mehr benötigt, sagte Diess. Für seine ehrgeizigen Pläne rechnet Volkswagen bisher allein in Europa ab 2025 mit einem jährlichen Bedarf von mehr als 150 Gigawatt-Stunden Speicherkapazität.

In Asien kommt nochmal die gleiche Größenordnung hinzu. Bisher beziehen die Niedersachsen Batteriezellen vor allem von asiatischen Lieferanten. Parallel bereitet der Autobauer auch den Einstieg in eine eigene Fertigung vor und hat sich dafür mit dem schwedischen Spezialisten Northvolt zusammengetan. In China steckt Volkswagen ebenfalls viele Milliarden in E-Autos und hat sich dazu an dem chinesischen Akku-Hersteller Gotion beteiligt.

China ist der weltweit größte Absatzmarkt für E-Autos (circa 1,2 Millionen verkaufte Einheiten im Jahr 2019) und für den Volkswagen-Konzern auch in anderer Hinsicht enorm wichtig. In den letzten Jahren erwirtschaftete VW bis zu 50 Prozent seiner Gewinne im Reich der Mitte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt

 

 

DWN
Finanzen
Finanzen Ukraine-Friedensplan: Welche Aktien vom Ende des Ukraine-Krieges profitieren könnten – und welche nicht
23.11.2025

Frieden bedeutet nicht nur geopolitische Stabilität, es zieht auch ein gigantisches Investitionsprogramm nach sich. Wer auf die richtigen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Kritische Rohstoffe: Ein Fund in Grönland sorgt für Streit
23.11.2025

In einer abgelegenen Mine in Westgrönland wurden gleich mehrere kritische Rohstoffe entdeckt, die für Mikrochipproduktion, Rüstung und...

DWN
Finanzen
Finanzen Europa-Aktien im Aufschwung: Welche Chancen Anleger jetzt nutzen können
23.11.2025

Die Kapitalmärkte befinden sich im Umbruch, Investoren suchen verstärkt nach stabilen Alternativen. Europa gewinnt dabei durch Reformen,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Autoindustrie in der Krise: Warum die Lage dramatisch ist
23.11.2025

Europas Autohersteller stecken in existenziellen Nöten und Beobachter sprechen schon von einem drohenden Niedergang. Neben den Problemen...

DWN
Technologie
Technologie Experten warnen vor 2035: Plug-in-Hybride sind ein Weg ins Nichts
23.11.2025

Ein neuer französischer Bericht rüttelt an der europäischen Autoindustrie. Plug-in-Hybride gelten darin als teurer, klimaschädlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen NATO-Ostflanke: Drohnenhersteller Quantum Systems unterstützt die Bundeswehr-Brigade in Litauen
22.11.2025

Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems expandiert nach Litauen und baut dort ein umfassendes Wartungs- und Logistikzentrum für...

DWN
Technologie
Technologie Digitale Souveränität: Wie Deutschland bei Breitband, 5G und Cloud die Abhängigkeit verringern kann
22.11.2025

Verpasst Deutschland die digitale Zeitenwende? Der Wohlstand von morgen entsteht nicht mehr in Produktionshallen, sondern in...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz-Erfinder warnt: „Meine Schöpfung kann uns vernichten“
22.11.2025

Er gilt als einer der „Väter der Künstlichen Intelligenz“ – jetzt warnt Yoshua Bengio vor ihrer zerstörerischen Kraft. Der...