Politik

„Stehen am Abgrund“: Handwerksverband und Kosmetikbranche fordern Aufhebung des Lockdowns

Der Zentralverband des Handwerks und der Kosmetik-Branchenverband fordern von der Bundesregierung erste Aufhebungen des Lockdowns in der kommenden Wochen. „Nach insgesamt knapp 6 Monaten Schließung steht eine ganze Branche am Abgrund“, heißt es in einem Schreiben an Kanzlerin Merkel.
09.02.2021 11:50
Aktualisiert: 09.02.2021 11:50
Lesezeit: 2 min

Der Zentralverband des Handwerks (ZDH) fordert erste Aufhebungen des Lockdowns in der kommenden Woche. „Ich hoffe sehr, dass einige Gewerke, sobald es epidemiologisch vertretbar ist, wie etwa das Friseurhandwerk, ab dem 15. Februar wieder öffnen können“, sagt ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer der „Bild“-Zeitung. „Die Betriebe brauchen eine Perspektive, deshalb muss die Politik jetzt dringend eine an klaren Kriterien orientierte Wiederöffnungsstrategie erarbeiten.“ Die Betriebe seien gut vorbereitet und bereit, ihren Teil bei der Pandemiebekämpfung zu leisten.

Die Kosmetikbranche ruft in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Bundesländer eindringlich dazu auf, die Kosmetikinstitute wieder öffnen zu lassen. „Nach insgesamt knapp 6 Monaten Schließung steht eine ganze Branche am Abgrund“, heißt es in dem Schreiben des Branchenverbandes VCP, das in einer ganzseitigen Zeitungsanzeige veröffentlicht wird. „Über 50.000 professionelle Kosmetikinstitute bzw. Nagelstudios mit fast 200.000 Beschäftigten bangen um ihre Existenz.“ In „vergleichbaren“ Ländern seien solche Einrichtungen „mit sinnvollen Einschränkungen“ weiterhin geöffnet.

Der Koalitionspartner von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder pochen in Bayern auf Lockerungen. Konkret fordert Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) mit Verweis auf sinkende Infektionszahlen eine Öffnung von Grundschulen, Kitas und Friseurgeschäften. Er rede die Gefahren durch Corona nicht klein, er habe sich im Gegenteil für die Einführung der FFP2-Masken in ÖPNV und Handel eingesetzt, sagt Aiwanger der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstagausgabe). „Dann muss man aber auch die zusätzlich gewonnene Sicherheit für Öffnungen nutzen, um wieder Steuergelder zu erwirtschaften und den Menschen nicht mehr Freiheitseinschränkungen abzuverlangen als nötig“, betont er vor der Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch. Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) konkretisiert die Pläne für die Schulöffnungen: „Ich möchte eine möglichst einheitliche Regelung in ganz Bayern – aber mit einer klaren Strategie für die Hotspots“, sagt Piazolo dem Blatt. Es sei durchaus denkbar, dass Bayern nach dem Treffen der Ministerpräsidenten einen eigenen Weg bei den Schulöffnungen gehe.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie mahnt vor dem Corona-Gipfel ein einheitliches Vorgehen an. „Anstelle weiterer Kurzfristmaßnahmen und Kleinstaaterei in der Pandemiebekämpfung sollten Bund und Länder jetzt klare Perspektiven aufzeigen“, sagt BDI-Präsident Siegfried Russwurm. „Die deutsche Industrie benötigt einen verlässlichen Fahrplan mit einheitlich anwendbaren Kriterien für eine sichere und faire Öffnung der Wirtschaft, wo immer dies epidemiologisch verantwortbar ist.“ Die schrittweise Öffnung müsse regional differenziert, aber stets entlang eines bundesweit einheitlichen und evidenzbasierten gesundheitspolitischen Rahmens erfolgen. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum Bundesländer mit vergleichbarer Inzidenz verschiedene Maßnahmen treffen würden - etwa bei Impforganisation, Schulschließungen oder Tests.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) weist Kritik zurück, die von ihr vorgestellten Leitlinien zur Prävention und Kontrolle von Corona-Infektionen an Schulen seien schwammig. Es sei eine Empfehlung, bei der man sich mit der Lage vor Ort noch auseinandersetzen müsse, sagt sie im ZDF. „All das, was getan wird in der nächsten Zeit, muss sich immer in das Gesamtgeschehen in der Region einordnen. Und deswegen kann man auch an dieser Stelle, glaube ich, nicht präziser werden.“ Diese Arbeit könne man den Praktikern vor Ort nicht abnehmen. Wichtig sei, dass die Wissenschaftler in den Leitlinien sich auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes (RKI) bezögen, so dass auch diese Verbindung immer gegeben sein müsse.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen MTS Money Transfer System – Sicherheit beginnt mit Eigentum.

In Zeiten wachsender Unsicherheit und wirtschaftlicher Instabilität werden glaubwürdige Werte wieder zum entscheidenden Erfolgsfaktor....

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzmärkte im Fokus: Nokia profitiert von Nvidia-Deal und Technologie-Giganten setzen neue Rekorde
30.10.2025

Die Finanzmärkte zeigen aktuell eine Mischung aus leichten Rücksetzern und überraschenden Kursgewinnen. Während Anleger Zinssenkungen...

DWN
Politik
Politik Handelskrieg USA China: Trumps fataler Irrtum mit globalen Folgen
30.10.2025

Ein strategisches Planspiel in Washington zeigt, dass die USA den Wirtschaftskonflikt mit China längst hätten gewinnen können – wenn...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation lässt nach: Aber weiter über zwei Prozent
30.10.2025

Die Inflation geht zurück, doch von Entlastung kann keine Rede sein. Zwar sinken die Preise für Energie leicht, dafür verteuern sich...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Zinsentscheid: Eurozone trotzt Zöllen und politischer Krise
30.10.2025

EZB-Zinsentscheid: Die EZB hält an ihrer vorsichtigen Linie fest, während die US-Notenbank erneut überrascht. In Europa bleibt die...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitaler Euro: EZB plant Einführung 2029
30.10.2025

Die EZB bereitet den digitalen Euro für 2029 vor. Verbraucher sollen künftig per Wallet bezahlen können, Bargeld bleibt erhalten. Europa...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gen Z im Job: Moral und Motivation revolutionieren den Arbeitsmarkt
30.10.2025

Die Generation Z verändert die Arbeitswelt spürbar. Aufstiegsmöglichkeiten und klassische Karriereleitern stehen für sie nicht mehr...

DWN
Panorama
Panorama Atomwaffentests USA: Trump kündigt sofortigen Beginn an
30.10.2025

US-Präsident Donald Trump sorgt weltweit für Aufsehen: Er kündigt neue Atomwaffentests an, obwohl ein jahrzehntelanges Moratorium galt....

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Aktie: Porsche reißt VW-Konzern in die roten Zahlen
30.10.2025

Ein Milliardenverlust erschüttert Volkswagen: Weil Porsche schwächelt, rutscht der Konzern tief ins Minus. Das gefällt den Anlegern gar...