Technologie

Edward Snowden: Die Lockdowns machen Geheimdienste und Konzerne noch mächtiger

Die weltweiten Lockdowns sind die Fortsetzung einer Entwicklung, die der frühere NSA-Mitarbeiter Edward Snowden seit langem kritisiert: die Entmachtung der Bürger und ihre Entfremdung von der Welt.
04.03.2021 09:00
Lesezeit: 2 min

Edward Snowden hat in einem kürzlichen Interview erneut die weltweiten Lockdowns kritisiert. Der ehemalige NSA-Mitarbeiter und Whistleblower weist darauf hin, dass die Lockdowns die Macht der US-Geheimdienste und der mit ihnen kooperierenden Technologiekonzerne im Silicon Valley noch weiter verstärkt haben. Die Bürger aber würden auf diese Weise voneinander entfernt.

Infolge der weltweiten Corona-Maßnahmen verbringen die Menschen heute deutlich mehr Zeit vor ihren Bildschirmen. "Ich würde sagen, das ist irgendwie ungewöhnlich, dass wir alle über die ganze Welt verstreut in verschiedenen Räumen sind, jeder ist eingesperrt, aber für mich ist das, wie ich schon immer gelebt habe", so Snowden. Ein großer Teil unserer Leben werde "durch die Bildschirme vermittelt".

Und weil die Menschen die Welt und einander immer mehr durch Bildschirme wahrnehmen, fühle es sich zunehmend so an, als wäre die Welt "etwas, Fremdes, dem wir eher zuschauen, als dass wir daran teilnehmen". Snowden fragt vor dem Hintergrund dieser Veränderungen in der Welt: "Ist es, was Sie wollten? Ist es das, was Sie wollen? Haben Sie dem zugestimmt? Passt das zu der Zukunft, die Sie sehen wollen?"

Und weiter: "Ich finde das interessant, dass wir zu einem Zeitpunkt zu leben scheinen, der viel näher an dem ist, was meiner Ansicht die historische Normalität gewesen ist, und nicht unser Ideal der Moderne. [...] Wenn Sie an die Strukturen denken, die tatsächlich die Welt beeinflussen, die Gruppen von Menschen organisieren, [...] - diesen institutionellen Mächte scheint es ziemlich egal zu sein, was Ihre Antwort auf die Frage ist: 'Ist es das, was Sie wollten?'"

"Die Politiker würden sagen, es ist egal, weil sie die Gesetze kontrollieren. Die Polizei würde sagen, Sie haben keine Wahl, ob sie damit einverstanden sind, weil sie die Pistole haben und die Schlagstöcke. Facebook würde sagen 'Klicken Sie okay, um fortzufahren', und wenn Sie nicht klicken, können Sie nichts machen, weil sie die Richtlinien kontrollieren, und somit die Plattform und die Öffentlichkeit."

"Diese Institutionen tun so, als ob wir mit ihren Handlungen einverstanden wären, sie tun so, als ob wir einverstanden wären, einfach wegen unseres Geburtsortes oder wegen des Ortes, wo wir nun einmal leben müssen, wo wir ein Leben leben müssen, zu dem wir keine Alternative haben, sei es wegen wirtschaftlicher Unsicherheiten oder wegen politischer Beschränkungen der Bewegungsfreiheit."

Weiterlesen: Studie lobt Lockdowns, weil sie gut für das Klima sind – doch ging es eigentlich nicht um ein Virus?

Schon wenn man heute eine Webseite öffnet oder sein Handy anmacht, dann hat das laut Snowden Folgen. Und diese Folgen werden den Menschen nicht mitgeteilt, selbst wenn sie die mehrere hundert Seiten Nutzungsbedingungen liest. Denn die Nutzungsbedingungen können sich jederzeit ändern, was sowohl für Regierungen als auch für Konzerne gilt.

Snowden zufolge ist all dies keine Zustimmung, und weder die Technologiekonzerne, noch die Regierungen können sich wirklich auf ein echtes Einverständnis der Menschen berufen. Snowden spricht von "erzwungenem Einverständnis", und seiner Ansicht nach erkennen dies immer mehr Menschen weltweit, was auch ein Grund für ihre wachsende Wut über die scheinbar unaufhaltsamen Entwicklungen in der Welt sei.

"Was wir sehen, ist eine Trennung zwischen dem Individuum und den Institutionen im Hinblick auf Macht und Verantwortlichkeit", so Snowden. Politiker könnten praktisch alles tun, ohne dass sie dafür mit ernsthaften Konsequenzen konfrontiert werden, während die kleinsten Verstöße der Bürger mithilfe der neuen Technologien sofort identifiziert und von Konzernen oder Behörden dauerhaft gespeichert würden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie KI als Jobkiller: Weltweit große Unterschiede bei der Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz
27.11.2025

In Deutschland lehnen 42 Prozent der Menschen die wachsende Verwendung von KI ab. In China ist die Zustimmung deutlich höher. Was die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Milliarden für dänischen Wasserstoffmarkt: Wird die Pipeline bald Realität?
27.11.2025

Europa muss seine Energieversorgung neu ordnen und verlässliche Partner finden, um die Industrie zukunftsfähig zu halten. Kann eine...

DWN
Panorama
Panorama Eilmeldung Washington DC: Schüsse nahe dem Weißen Haus - Zwei Nationalgardisten angeschossen
26.11.2025

In der Nähe des Weißen Hauses in Washington sind zwei Nationalgardisten von einem Schützen angeschossen worden. Sie befinden sich in...

DWN
Politik
Politik Deutsche Bank gegen Verband der Familienunternehmer: Mietvertrag gekündigt auf Grund der Einladung eines AfD-Politikers
26.11.2025

Der Verband „Die Familienunternehmer“ lädt einen AfD-Politiker ein – entgegen der politisch gewollten Brandmauer der etablierten...

DWN
Politik
Politik Bündnis Sahra Wagenknecht: AfD unterstützt Neuauszählung der Bundestagswahl
26.11.2025

An gerade mal 9.500 fehlenden Stimmen scheiterte im Februar der Einzug des BSW in den Deutschen Bundestag. Seitdem fordert die Partei eine...

DWN
Politik
Politik Grüngasquote für Energiewende: Mehr Umweltschutz und mehr Kosten für Industrie und Verbraucher
26.11.2025

Die schwarz-rote Regierung plant eine Quote, um die schleppende Wasserstoffwirtschaft und Energiewende in Deutschland weiter...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Insolvenz bei GOVECS – das Ende der elektrischen Schwalbe
26.11.2025

Das Münchner Unternehmen Govecs stellt unter dem Namen der in der DDR populären Moped-Marke seit einigen Jahren Elektroroller her. Nun...

DWN
Politik
Politik Chatkontrolle: EU-Staaten setzen auf freiwillige Maßnahmen statt Pflichtkontrollen
26.11.2025

Die EU ringt seit Jahren darum, wie digitale Kommunikation geschützt und zugleich besser überwacht werden kann. Doch wie weit sollen...