Unternehmen

Vermögenssteuer würde Mittelstand bedrohen, denn das Vermögen der Reichsten steckt vor allem in Betrieben

Aus einer Studie der Stiftung Familienunternehmen geht hervor, dass das Vermögen der Reichen in Deutschland vor allem in Betrieben steckt. Eine Vermögensabgabe würde vor allem die Substanz von Unternehmen und des Mittelstands treffen.
06.07.2021 13:28
Aktualisiert: 06.07.2021 13:28
Lesezeit: 2 min

Große Vermögen sind stärker betrieblich gebunden als dies amtliche Statistiken und Erhebungen ausweisen. Das geht aus einer Studie der Stiftung Familienunternehmen hervor, die vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erstellt worden ist. Die Forscher entwickelten einen Ansatz, um das Betriebsvermögen möglichst realitätsnah zu bewerten. Sie schätzen das von Privatleuten gehaltene Betriebsvermögen 2017 auf 2,4 bis 3,1 Billionen Euro. Das ergibt sich aus einer Stichprobe von knapp 4.500 Unternehmen in Kombination mit Befragungsdaten der Deutschen Bundesbank, die das IW ausgewertet hat. Bei alleiniger Betrachtung der Befragungsdaten ohne ergänzende Bewertung ergaben sich dagegen Betriebsvermögen von nur 1,1 Billionen Euro, so die Stiftung Familienunternehmen in einer Mitteilung, die den Deutschen Wirtschaftsnachrichten vorliegt.

Die Studie untersucht systematisch die Bedeutung der Betriebsvermögen in der Vermögensverteilung. Das Vermögen des wohlhabendsten Prozents der Bevölkerung ist demnach zu 56 bis 65 Prozent im Betrieb gebunden. Den Befragungsdaten der Deutschen Bundesbank zufolge sind es nur 39 Prozent. Dass bei den Wohlhabendsten der Großteil des Vermögens aus Betriebsvermögen besteht, hängt mit der Wirtschaftsstruktur Deutschlands zusammen. In Deutschland sind viele große Familienunternehmen tätig, die gerade auch in ländlichen Regionen Wohlstand und Arbeitsplätze sichern.

Betriebsvermögen nimmt eine besondere Rolle unter den Vermögenskomponenten ein. „Anders als im Fall von liquiden Finanzanlagen handelt es sich bei Betriebsvermögen um gebundenes Kapital, welches produktiv eingesetzt wird und an dem viele Arbeitsplätze hängen“, heißt es in der Studie. „Familienunternehmen tragen maßgeblich dazu bei, in allen Teilen Deutschlands gleiche Lebensbedingungen herzustellen. Das in ihnen gebundene, langfristig orientierte Vermögen dient dazu, Arbeitsplätze zu schaffen“, sagt Professor Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen. Auf Familienunternehmen entfallen fast 60 Prozent aller Arbeitsplätze in Deutschland.

Das IW warnt davor, das Betriebsvermögen durch eine Vermögensteuer zu schmälern. „Eine Vermögensteuer würde vor allem die Substanz von Unternehmen gefährden, deren Gewinne zumindest in einigen Branchen bereits durch die Corona-Krise stark belastet sind“, schreiben die Forscher. „Eine Vermögensteuer würde die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise erschweren und negative Rückwirkungen auf Beschäftigung und andere Steuerarten auslösen.“ Die Forscher weisen darauf hin, dass Betriebsvermögen in Familienunternehmen in vielen Fällen Verfügungsbeschränkungen unterliege und deshalb nicht kurzfristig verkauft werden könne. Dies habe gesamtwirtschaftlich eine stabilisierende Wirkung.

In der Studie führen die Forscher aus, dass eine Vermögensteuer von einem Prozent zu einer zusätzlichen Ertragssteuerbelastung von knapp zehn Prozent führen würde. Diese zusätzliche Belastung ergibt sich bei einer Umsatzrendite von acht Prozent. Die Forscher weisen darauf hin, dass Deutschland heute schon zu den Höchststeuerländern für Unternehmen zählt. Betriebsvermögen diene unter anderem dazu, die Eigenkapitalbasis von Unternehmen zu stärken und sie weniger krisenanfällig zu machen. „Eine Vermögensbesteuerung verhindert die Stärkung der Eigenkapitalbasis und kann darüber hinaus in die Substanz von Unternehmen eingreifen, da sie unabhängig davon anfällt, ob dem Vermögen ein Ertrag entgegensteht.“ Insbesondere in Zeiten mit niedrigen oder ausbleibenden Gewinnen sei durch die Steuer ein Substanzverzehr zu erwarten. Dann müssten zum Beispiel Maschinen verkauft oder Investitionen zurückgestellt werden, um Liquiditätsengpässe zu verhindern, heißt es in der Studie.

Insgesamt stellen die Forscher fest, dass sich die Vermögensungleichheit in den vergangenen Jahren trotz steigender Aktien- und Immobilienpreise nicht verändert hat. Inklusive der in der Studie erfolgten Hinzuschätzungen stieg die Ungleichheit zwar in den Jahren 2011 bis 2014 leicht an, sank dann aber wieder deutlich und lag im Jahr 2017 etwas unterhalb des Niveaus des Ausgangsjahres 2011.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Wie schützt man seine Krypto-Wallet? CLS Mining ermöglicht Nutzern eine stabile tägliche Rendite von 6.300 €.

Der Kryptowährungsmarkt erholte sich heute umfassend, die Stimmung verbesserte sich deutlich. Meme-Coins führten den Markt erneut an....

 

 

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Ein Mundscan reicht: Das Healthtech DentalTwin erstellt KI-basierte Modelle für Zahnersatz
21.11.2025

Mithilfe KI-basierter Datengenerierung verlagert das Start-up DentalTwin die Zahnprothetik ins Digitale. Das dürfte nicht nur Praxen und...

DWN
Politik
Politik EU lockert Datenschutz: Digitaler Omnibus reformiert Regeln für KI
21.11.2025

Europa steht bei der Digitalpolitik vor einem Wendepunkt, an dem Wettbewerbsfähigkeit und Schutz von Bürgerrechten neu austariert werden....

DWN
Politik
Politik Trump und die Epstein-Akten: Verbindungen zu Politik und Tech-Elite offengelegt
21.11.2025

Mit jeder neuen Aktenveröffentlichung im Fall Jeffrey Epstein treten weitere Verbindungen zwischen politischen Entscheidern, Finanzeliten...

DWN
Panorama
Panorama Gewalt gegen Frauen in den eigenen vier Wänden nimmt zu: Justizministerin kündigt Reformen an
21.11.2025

Häusliche Gewalt trifft überwiegend Frauen – und die Zahlen steigen. Nach der Einführung der Fußfessel plant Justizministerin Hubig...

DWN
Politik
Politik Schwarzarbeit bekämpfen: Sozialschutz für Paketboten soll dauerhaft gewährleistet werden
21.11.2025

Der Schutz von Paketboten vor Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung wird dauerhaft gestärkt: Der Bundesrat hat die Verlängerung der...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Handelsriesen setzen Verbraucher unter Druck – Gutachten kritisiert Marktmacht
21.11.2025

Steigende Lebensmittelpreise sorgen bei vielen Verbrauchern für Unmut – und laut einem aktuellen Gutachten der Monopolkommission liegt...

DWN
Politik
Politik Klimagipfel unter Druck: Deutschland fordert ambitioniertere Ziele
21.11.2025

Die Gespräche auf der Weltklimakonferenz befinden sich in einer entscheidenden Phase – doch aus Sicht des deutschen Umweltministers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Mobilitätsstudie zeigt Wandel: Autos stehen öfter still – Fußverkehr gewinnt an Bedeutung
21.11.2025

Eine neue bundesweite Mobilitätsstudie legt offen, wie sich das Verkehrsverhalten der Menschen in Deutschland verändert. Zwar bleibt das...