Wirtschaft

Starker Strombedarf lässt Kohlepreis in die Höhe schießen

Wegen der starken Nachfrage ist Kohle derzeit für die Energieerzeugung unerlässlich. Der Kohlepreis ist nicht nur in Asien in die Höhe geschossen.
23.07.2021 14:00
Lesezeit: 3 min
Starker Strombedarf lässt Kohlepreis in die Höhe schießen
Kohle ist so teuer wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr. (Foto: dpa) Foto: Christoph Hardt/Geisler-Fotopres

Die Kohlekraftwerke weltweit laufen auf Hochtouren. Hintergrund sind Lieferkettenunterbrechungen, eine Dürre in China und die wieder anziehende Stromnachfrage aufgrund der Erholung von den globalen Lockdowns. In der Folge ist der von der Politik verteufelte Rohstoff Kohle das am besten performende Assets des laufenden Jahres, wie die wöchentliche Auswertung des Rohstoffpreisanbieters Argus zeigt.

Seit Jahresbeginn ist der Preis für die energiereiche australische Kohle, der die Benchmark für den riesigen asiatischen Markt darstellt, um 80 Prozent auf fast 146 Dollar pro Tonne gestiegen. Das ist der höchste Stand seit mehr als einem Jahrzehnt. Auch südafrikanische Kohle ist seit Jahresbeginn um 44 Prozent im Preis gestiegen und wird nun ebenfalls auf dem höchsten Stand seit mehr als zehn Jahren gehandelt.

Kaum ein anderer Vermögenswert hat sich zuletzt so stark verteuert wie Kohle. Der Dow Jones etwa ist seit Jahresbeginn lediglich um 15 Prozent gestiegen. Gold liegt im selben Zeitraum sogar um rund 5 Prozent im Minus. Neben Kohle sind auch die meisten anderen Rohstoffe zuletzt stark gestiegen. Aber nur Rohöl der Sorte Brent, das seit Jahresbeginn um 44 Prozent gestiegen ist, kann vergleichbare Kursgewinne vorweisen.

Mehr zum Thema: Keine Ende in Sicht: Die Rohstoffpreise steigen immer weiter - und treiben die Inflation

Der Wiederaufstieg der Thermalkohle, die in Kraftwerken zur Stromerzeugung verbrannt wird, verdeutlicht die Schwierigkeiten der Energiewende. Auch wenn erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie schnell wachsen, haben sie Schwierigkeiten, mit der steigenden Nachfrage nach Strom und Energie Schritt zu halten, sodass fossile Brennstoffe die Lücke füllen müssen.

Laut Händlern und Analysten treiben mehrere miteinander verbundene Faktoren die Preise in die Höhe. "Der Preisanstieg wurde in erster Linie durch die robuste Nachfrage aus China getrieben, da die chinesischen Käufer bereit sind, sich das Material zu Höchstpreisen zu sichern", zitiert die Financial Times Dmitry Popov, Senior Analyst für Thermalkohle bei der Beratungsfirma CRU.

Eine Dürre Anfang des Jahres in Südchina, die Staudämme zum Erliegen brachte und die Nachfrage nach Kohle in die Höhe trieb, hat eine wichtige Rolle bei dem rasanten Anstieg des Rohstoffs gespielt. China hatte auch Schwierigkeiten, das heimische Angebot zu erhöhen, um die gestiegene Nachfrage zu befriedigen, da strenge Sicherheitsvorschriften das Produktionsvolumen einschränkten.

Gleichzeitig wurde die Produktion in Indonesien, Chinas größtem ausländischen Kohlelieferanten, durch anhaltende Regenfälle behindert. Zudem haben Eisenbahn- und Hafenbeschränkungen die Lieferungen aus Russland und Südafrika beeinträchtigt, zwei weiteren wichtigen Kohleproduzenten.

China konnte aufgrund eines Verbots keine australische Kohle kaufen, während steigende Erdgaspreise einige Versorgungsunternehmen in Japan und Europa dazu veranlasst haben, auf Kohle umzusteigen, was den Markt weiter verknappt.

Mehr zum Thema: Europas Gasreserven schrumpfen - Preise schießen nach oben, lösen Flucht zurück zur Kohlekraft aus

"Ich habe China noch nie unter dieser Art von Druck gesehen", zitiert die Financial Times Tom Price, den Leiter der Rohstoffstrategie bei Liberum. "Die Wasserkraft ist rückläufig, die lokale Produktion hat zu kämpfen und wichtige Importoptionen sind einfach nicht vorhanden." All dies trat ein, während zugleich die Stromnachfrage anzog und die Covid-Lockdowns nachließen.

Nach einem Rückgang um etwa 1 Prozent im Jahr 2020 wird die globale Stromnachfrage im laufenden Jahr um fast 5 Prozent und 2022 um weitere 4 Prozent ansteigen, so die Internationale Energieagentur (IEA) in ihrem jüngsten Strommarktbericht. "Während die erneuerbaren Energiequellen weiter schnell wachsen dürften, werden sie nur etwa die Hälfte des Nachfrageanstiegs in den Jahren 2021 und 2022 bedienen können".

Infolgedessen erwartet die in Paris ansässige Agentur, dass die Kohleverstromung in diesem Jahr um fast 5 Prozent steigen wird. Damit wird die Kohleverstromung das Niveau von vor der Pandemie übertreffen. Im kommenden Jahr erwartet die IEA einen Anstieg um weitere 3 Prozent, sodass die Kohleverstromung ein neues Rekordhoch erreichen könnte.

Mehr zum Thema: IEA wirft Klima-Mantra über Bord, fordert von OPEC „Aufdrehen der Pipelines“

Diese Entwicklung könnte den Kohlepreis weiter auf seinem hohen Niveau halten. Doch laut Fitch Solutions wird der Preise in diesem Jahr einen vorläufigen Höhepunkt erreichen, da China Kohle aus seinen strategischen Lagerbeständen freigeben und die Minen anweisen wird, die Produktion zu erhöhen. Darüber hinaus erreicht Chinas fossile Stromerzeugung typischerweise im Juli und August ihren Höchststand, bevor sie stark abfällt.

Zudem könnte die Umweltpolitik dazu führen, dass die Kohlenachfrage nachlässt, wenn Banken und Versicherer sich weigern, neue Kohle-Projekte zu finanzieren. Doch Tom Price erwartet, dass das Angebot schneller sinkt als die Nachfrage. China und Indien würden im nächsten Jahrzehnt weiterhin Kohle auf dem Exportmarkt kaufen. "Es ist ein super enger Markt."

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik EU plant Ukraine-Hilfe: Kann Russlands eingefrorenes Vermögen helfen?
13.11.2025

Die Europäische Union steht vor einer heiklen Entscheidung: Sie will die Ukraine weiterhin finanziell unterstützen, sucht jedoch nach...

DWN
Politik
Politik Zollfreigrenze in der EU: Billigwaren künftig ab dem ersten Euro zollpflichtig
13.11.2025

Billige Online-Waren aus Asien könnten bald teurer werden. Die EU plant, die 150-Euro-Freigrenze für Sendungen aus Drittländern...

DWN
Politik
Politik EU-Politik: Fall der Brandmauer öffnet Tür für Konzernentlastungen
13.11.2025

Das EU-Parlament hat das Lieferkettengesetz deutlich abgeschwächt. Künftig sollen nur noch sehr große Unternehmen verpflichtet sein,...

DWN
Politik
Politik Wehrdienst-Reform: Union und SPD einigen sich auf Kompromiss
13.11.2025

Union und SPD haben ihren Streit über den Wehrdienst beigelegt – und ein Modell beschlossen, das auf Freiwilligkeit setzt, aber eine...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Google: Milliardenstreits um Marktmissbrauch
13.11.2025

Google steht erneut unter Druck: Die Preissuchmaschine Idealo verlangt Milliarden, weil der US-Konzern angeblich seit Jahren seine...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell: Stabilisierungsversuch nach Kursverlusten
13.11.2025

Nach der kräftigen Korrektur in den vergangenen Tagen zeigt sich der Bitcoin-Kurs aktuell moderat erholt – was steckt hinter dieser...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gender Pay Gap in der EU: Was die neue Richtlinie wirklich fordert
13.11.2025

Die EU hat mit der Richtlinie 2023/970 zur Gehaltstransparenz die Gender Pay Gap im Fokus. Unternehmen stehen vor neuen Pflichten bei...

DWN
Finanzen
Finanzen Telekom-Aktie: US-Geschäft treibt Umsatz trotz schwachem Heimatmarkt
13.11.2025

Die Telekom-Aktie profitiert weiter vom starken US-Geschäft und einer angehobenen Jahresprognose. Während T-Mobile US kräftig wächst,...