Politik

35.000 Menschen protestieren in Wien gegen Lockdown und Impfpflicht

In Wien haben Zehntausende gegen die bevorstehenden Corona-Verschärfungen protestiert. Zugleich nutzten sie die letzte Möglichkeit zum Einkaufen, bevor am Montag der Lockdown beginnt.
20.11.2021 16:11
Aktualisiert: 20.11.2021 16:11
Lesezeit: 2 min
35.000 Menschen protestieren in Wien gegen Lockdown und Impfpflicht
Eine Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen am Samstag, 20. November 2021, auf der Ringstraße in Wien. (Foto: dpa) Foto: FLORIAN WIESER

Österreich hat am Freitag einen Lockdown sowie eine Impfpflicht ab Februar beschlossen. Die Demonstranten auf dem Wiener Heldenplatz vor der Hofburg klatschten, pfiffen, trommelten und trugen österreichische Nationalflaggen oder Fahnen und Plakate mit Slogans wie "Nein zur Impfung", "Genug ist genug" und "Nieder mit der faschistischen Diktatur".

Laut Polizei nahmen rund 35.000 Menschen an Demonstrationen. Der Protestzug legte am Samstagnachmittag weite Teile des Verkehrs in der Wiener Innenstadt lahm. «Die Stimmung ist aufgeheizt», sagte ein Polizeisprecher. Es sei zu mehreren Festnahmen gekommen. Einige Teilnehmer warfen nach Beobachtungen von Medien Flaschen auf die Polizisten.

Die Teilnehmer kritisierten die am Montag in Kraft tretenden Ausgangsbeschränkungen sowie die ab 2022 geltende Corona-Impflicht als Zwangsmaßnahmen. Immer wieder wurde «Freiheit» skandiert. Viele Demonstranten trugen keine FFP2-Masken und verstießen damit gegen die Auflagen. Die Polizei war mit 1300 Beamten im Einsatz.

Zu den Protesten hatte unter anderem die rechte FPÖ aufgerufen. Deren selbst an Corona erkrankte Chef Herbert Kickl meldete sich mit einer Videobotschaft zu Wort. Darin rief er zu einem möglichst breiten Widerstand auf. Schon zuvor hatte er die Strategie der Regierung scharf kritisiert und von einer «Diktatur» in Österreich gesprochen.

Unter die Demonstranten mischten sich nach Informationen der österreichischen Nachrichtenagentur APA auch bekannte Neonazis und weitere Personen aus dem rechtsextremen Umfeld.

Die österreichische Regierung hatte wegen der massiven vierten Corona-Welle einen Lockdown für alle ab Montag angekündigt. Während die Ausgangsbeschränkungen für Geimpfte und Genesene am 13. Dezember enden sollen, ist der Lockdown für Ungeimpfte unbefristet. Außerdem wird Österreich als erstes Land in der EU im Februar 2022 eine Corona-Impfpflicht einführen.

In Österreich sind rund 66 Prozent der Bevölkerung gegen das Coronavirus "geimpft", das ist eine der niedrigsten Quoten in Westeuropa. "Trotz monatelanger Überzeugungsarbeit ist es uns nicht gelungen, genug Menschen zu überzeugen, sich impfen zu lassen", hatte Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) am Freitag die schärferen Maßnahmen erklärt. Allerdings hat die Bereitschaft zur Corona-Injektion hat in den vergangenen Wochen deutlich zugenommen. Die Impfzahlen haben sich gegenüber dem Sommer vervierfacht.

Doch die Zahl der Neuansteckungen klettert unaufhaltsam. Am Samstag wurde in Österreich erneut mehr als 15.000 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gezählt. Unter Berücksichtigung der Zahl der Einwohner ist der Wert fast dreimal so hoch wie in Deutschland. Die Lage in den Kliniken blieb allerdings zumindest binnen Tagesfrist weitgehend stabil.

Angesichts der baldigen Ausgangsbeschränkungen nutzten viele Menschen am Samstag noch einmal die Chance zum Einkaufen. Die Innenstädte und die Shopping-Center waren gut besucht. Ab 22. November dürfen die Menschen in Österreich nur mehr aus triftigen Gründen ihr Zuhause verlassen. Alle Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie die Lokale schließen. Es ist bereits der vierte Lockdown in Österreich.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank: Deutsche Exportwirtschaft verliert deutlich an globaler Stärke
14.07.2025

Die deutsche Exportwirtschaft steht laut einer aktuellen Analyse der Bundesbank zunehmend unter Druck. Branchen wie Maschinenbau, Chemie...

DWN
Immobilien
Immobilien Gebäudeenergiegesetz: Milliardenprojekt für 1,4 Billionen Euro – hohe Belastung, unklare Wirkung, politisches Chaos
14.07.2025

Die kommende Gebäudesanierung in Deutschland kostet laut Studie rund 1,4 Billionen Euro. Ziel ist eine Reduktion der CO₂-Emissionen im...

DWN
Politik
Politik EU plant 18. Sanktionspaket gegen Russland: Ölpreisobergrenze im Visier
14.07.2025

Die EU verschärft den Druck auf Moskau – mit einer neuen Preisgrenze für russisches Öl. Doch wirkt die Maßnahme überhaupt? Und was...

DWN
Technologie
Technologie Datenschutzstreit um DeepSeek: Deutschland will China-KI aus App-Stores verbannen
14.07.2025

Die chinesische KI-App DeepSeek steht in Deutschland unter Druck. Wegen schwerwiegender Datenschutzbedenken fordert die...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 unter Druck – Sommerkrise nicht ausgeschlossen
14.07.2025

Donald Trump droht mit neuen Zöllen, Analysten warnen vor einer Sommerkrise – und die Prognosen für den S&P 500 könnten nicht...

DWN
Politik
Politik Wenn der Staat lahmt: Warum die Demokratie leidet
14.07.2025

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor den Folgen staatlicher Handlungsunfähigkeit. Ob kaputte Brücken,...

DWN
Politik
Politik Fluchtgrund Gewalt: Neue Angriffe in Syrien verstärken Ruf nach Schutz
14.07.2025

Trotz Versprechen auf nationale Einheit eskaliert in Syrien erneut die Gewalt. Im Süden des Landes kommt es zu schweren Zusammenstößen...

DWN
Finanzen
Finanzen Altersarmut nach 45 Beitragsjahren: Jeder Vierte bekommt weniger als 1300 Euro Rente
14.07.2025

Auch wer sein Leben lang gearbeitet hat, kann oft nicht von seiner Rente leben. Dabei gibt es enorme regionale Unterschiede und ein starkes...