Finanzen

Ende der Dollar-Herrschaft? US-Notenbank offen für mehrere Leitwährungen

Unbemerkt von der Öffentlichkeit hat der Chef der US-Notenbank gesagt, dass es in Zukunft mehrere Leitwährungen geben könnte. Ein US-Ökonomen hatte zuvor gesagt: Vor 1914 gab es drei Leitwährungen: das britische Pfund, den französischen Franc und die deutsche Mark.
08.03.2022 16:28
Aktualisiert: 08.03.2022 16:28
Lesezeit: 2 min
Ende der Dollar-Herrschaft? US-Notenbank offen für mehrere Leitwährungen
Eine zerknitterte, eingerissene und angeschmuddelte Dollar-Note. (Foto: dpa) Foto: Marius Becker

Der europäischen Öffentlichkeit ist nicht aufgefallen, dass der Vorsitzende der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, am 2. März 2022 während einer Anhörung vor dem Finanzausschuss des US-Repräsentantenhauses angedeutet hat, dass es neben den Dollar noch weitere Reservewährungen geben könnte. Powell wörtlich:

„Wir profitieren davon, die Reservewährung und die Hauptwährung der Welt zu sein, weil wir in der Regel offene Kapitalkonten, die gesetzlich verankert sind. Wir haben die Inflation seit einer längeren Zeit unter Kontrolle, damit der Dollar seinen Wert bewahrt. Damit sind unsere Märkte die liquidesten. Sind sie ein Ort, an dem alle sein wollen. Im Laufe der Zeit ergibt sich folgende Frage: Welche Auswirkungen wird es auf uns haben, wenn einige Länder vom Dollar abweichen? (…) Um das zu erreichen, müsste man ein wirtschaftliches Ökosystem schaffen, in dem es eine Währung gibt, die besser verwendet werden kann. Was wir machen können ist, dass wir den Dollar derart attraktiv machen, dass er attraktiv für Investitionen wird. Jedenfalls würde im Rahmen eines derartigen Szenarios der Status unserer Reservewährung verringert werden. Es ist auch möglich, mehr als nur eine große Währung zu haben. Es gab Zeiten, in denen das der Fall gewesen ist. Also, es ist nicht wirklich eindeutig, was passieren wird.“

Barry Eichengreen, Ökonom an der University of California, Berkeley, hatte bereits im Jahr 2010 in einem Artikel von „Project Syndicate“ ausgeführt, dass die Prämisse, wonach es nur eine internationale Währung geben könne, falsch sei.

Eichengreen meint:

„Erstens hat die Vorstellung, dass Importeure, Exporteure und Anleiheemissionäre dieselbe Währungseinheit verwenden wollen wie andere Importeure, Exporteure und Anleiheemissionäre, in einer Welt, in der jeder ein Mobiltelefon hat, mit dem sich der Währungswert in Echtzeit vergleichen lässt, weniger Gewicht. Es mag ja sein, dass die Aufgabe, Preise in Dollar und Euro zu vergleichen, irgendwann einmal die Fähigkeiten so gut wie aller Händler und Anleger überstieg. Aber heute ist eines der zehn führenden Downloads im Apple App Store ein Währungsumrechner.“

„Zweitens hat die schiere Größe der heutigen Weltwirtschaft zur Folge, dass es nun Platz gibt für tiefe und liquide Märkte in mehr als einer Währung.“

„Und schließlich ist die Ansicht, dass es zu einem beliebigen Zeitpunkt jeweils nur eine internationale Währung und eine Reservewährung geben kann, historisch schlicht falsch. Vor 1914 gab es drei internationale Währungen: das britische Pfund, den französischen Franc und die deutsche Mark. In den 1920er und 1930er Jahren dann teilten sich der Dollar und das Pfund die internationale Vorrangstellung. Heute machen andere Währungen als der Dollar 40% der offiziellen internationalen Reserven aus.“

Die logische Folgerung sei, dass Dollar, Euro und Renminbi sich in den nächsten Jahren die Rollen der Fakturierungs-, Abrechnungs- und Reservewährung teilen dürften, so Eichengreen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Trade Republic Probleme: Kundenfrust wächst trotz neuer Produkte
04.12.2025

Trade Republic wirbt mit Innovationen, doch viele Kunden erleben etwas anderes. Die Beschwerden zu Ausfällen, Support und Handelbarkeit...

DWN
Politik
Politik G7? Nein danke, sagt Putin
04.12.2025

Russlands Präsident Wladimir Putin sorgt vor seinem Indien-Besuch für Aufsehen. Er kritisiert die G7 als "nicht groß" und verweist auf...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschland im Club der Superreichen vorn dabei
04.12.2025

Fast 3.000 Menschen weltweit besitzen mehr als eine Milliarde Dollar – und Deutschland spielt eine führende Rolle. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis aktuell leichter: Kurspotenzial weiter hoch – jetzt Rücksetzer nutzen und Silber kaufen?
04.12.2025

Der Silberpreis hat am Mittwoch ein Rekordhoch erreicht. Doch der starke Anstieg des Silberpreises in den vergangenen Monaten stellt die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Porsche-Aktie: 1.900 Stellen fallen weg
04.12.2025

Porsche verschärft seinen Sparkurs und fordert deutliche Zugeständnisse der Beschäftigten. 1.900 Stellen sollen bis 2029 wegfallen,...

DWN
Technologie
Technologie Lockerung der Gentechnik-Regeln im Supermarkt: Was Verbraucher jetzt wissen müssen
04.12.2025

Neue EU-Vorgaben aus Brüssel: Gibt es im Supermarkt bald keinen Hinweis mehr auf genveränderte Lebensmittel? Was sich für Obst, Gemüse...

DWN
Politik
Politik Durch Angriffe beschädigte Pipeline lässt den Ölpreis steigen
04.12.2025

Ein beschädigter Pipeline-Anleger im Schwarzen Meer lässt den Ölpreis scharf anziehen. Die Märkte reagieren nervös, denn geopolitische...

DWN
Politik
Politik Beiträge für Private Krankenversicherung steigen kräftig ab 2026
04.12.2025

Die Mehrheit der Privatversicherten muss kommendes Jahr höhere Beiträge für ihre Krankenkasse bezahlen. Die Branche rechnet mit...