Politik

EU verurteilt israelische Gewalt bei Beerdigung von erschossener Journalistin

Lesezeit: 2 min
14.05.2022 12:04  Aktualisiert: 14.05.2022 12:04
Die EU verurteilt die unverhältnismäßige Gewalt durch die israelische Polizei bei der Beerdigung der erschossenen palästinensischen Reporterin Schirin Abu Akle.
EU verurteilt israelische Gewalt bei Beerdigung von erschossener Journalistin
Beerdigung der getöteten Reporterin Schirin Abu Akle am Freitag auf dem christlich-orthodoxen Berg Zion-Friedhof. (Foto: dpa)
Foto: Ilia Yefimovich

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Gewalttätigkeiten israelischer Sicherheitskräfte gegen Teilnehmer der Beerdigung einer getöteten Reporterin hat international für Bestürzung gesorgt. Kritik kam am Freitag unter anderem von den Vereinten Nationen, den USA sowie der Europäischen Union. «Wir haben gerade das Video davon gesehen und es ist einfach sehr schockierend für uns», sagte UN-Sprecher Farhan Haq in New York.

Im Internet kursierende und von TV-Sendern ausgestrahlte Bilder schienen israelische Sicherheitskräfte zu zeigen, die unter anderem auf Menschen einprügeln, die einen Sarg tragen. Die Polizei sprach dagegen von Hunderten gewalttätigen Demonstranten, die unter anderem mit Steinwürfen für Unruhen gesorgt hätten.

Die am Mittwoch im Westjordanland erschossene Schirin Abu Akle vom TV-Sender Al-Dschasira war am Freitag auf einem christlich-orthodoxen Friedhof neben der Altstadt Jerusalems beigesetzt worden. Al-Dschasira beschuldigt israelische Sicherheitskräfte, die 51-Jährige vorsätzlich getötet zu haben. Tausende Menschen kamen zu der Beerdigung. Während der Prozession kam es zu den Konfrontationen.

Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich schockiert über die Gewalt am Tag ihres Begräbnisses. Die Europäische Union sei entsetzt über die Szenen, die sich am Freitag während des Trauerzuges abgespielt hätten, teilte er mit. «Die EU verurteilt die unverhältnismäßige Gewaltanwendung und das respektlose Verhalten der israelischen Polizei gegenüber den Teilnehmern des Trauerzuges.»

Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sprach von «verstörenden Bildern». Sie sagte: «Wir bedauern das Eindringen in eine Prozession, die eigentlich friedlich hätte verlaufen sollen.» Psaki wich der Frage aus, ob sie die israelischen Sicherheitskräfte dafür verurteile. Sie betonte, die USA seien bereit, Untersuchungen des Vorfalls zu unterstützen. Seit der Tötung der Journalistin am Mittwoch ist die Lage angespannt.

Nach Darstellung der israelischen Armee hatte es am Mittwoch ein heftiges Feuergefecht mit Dutzenden militanten Palästinensern während einer Razzia gegeben. Am Freitag veröffentlichten die Streitkräfte Zwischenergebnisse ihrer Untersuchung, wonach es derzeit nicht möglich sei, «eindeutig» zu sagen, von wo der tödliche Schuss kam. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas macht dagegen Israel verantwortlich und sprach von einem «Verbrechen der Hinrichtung». Eine von Israel vorgeschlagene gemeinsame Untersuchung hatten die Palästinenser abgelehnt.

Nun erklärte die palästinensische Generalstaatsanwaltschaft am Freitag, allein israelische Truppen hätten in dem Moment geschossen, in dem die Journalistin getroffen worden sei. Das hätten unter anderem Untersuchungen am Tatort, die Befragung von Zeugen und die Auswertung von Videos ergeben, zitierte die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa die Ermittler. Die israelischen Truppen seien nur etwa 150 Meter von Abu Akle entfernt gewesen.

Die UN teilten am Freitag weiter mit, dass sie mehr Informationen zu den Zusammenstößen bei der Beerdigungsprozession sammelten: «Natürlich wollen wir wie in allen Fällen sicherstellen, dass die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit und natürlich das Recht auf friedliche Demonstrationsfreiheit geschützt und gewahrt werden», sagte Haq. Auch die US-amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield zeigte sich «zutiefst erschüttert von den Bildern», wie sie auf Twitter schrieb. «Die Tragödie ihres Mordes sollte mit größtem Respekt, Nüchternheit und Sorgfalt behandelt werden.» Wie auch die UN hatten die USA eine Untersuchung zu der Tötung gefordert.

Palästinensischen Angaben zufolge hatten israelische Sicherheitskräfte während der Prozession Blendgranaten eingesetzt. Berittene und unberittene Polizisten hätten die Trauergäste angegriffen.

Unterdessen wurde ein israelischer Grenzpolizist nach israelischen Angaben bei Konfrontationen mit bewaffneten Palästinensern im Westjordanland tödlich verletzt. Bei einem Anti-Terror-Einsatz nahe Dschenin hätten bewaffnete Angreifer die Sicherheitskräfte beschossen sowie Sprengsätze geworfen, teilten Polizei und Armee mit. Die Soldaten hätten zurückgeschossen. Der 47-jährige Offizier sei beim Verlassen des Ortes Burkin verletzt und noch ins Krankenhaus gebracht worden.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...