Politik

Karlsruhe wird Anleihe-Käufe durch die EZB zulassen

Lesezeit: 1 min
02.02.2014 00:22
Das Bundesverfassungsgericht wird sich nicht gegen die EZB stellen, sagt der frühere Verfassungsrichter di Fabio. Karlsruhe werde das EZB-Programm zum Ankauf von Staatsanleihen durchwinken. Sonst würde ein „Flächenbrand in Europa“ ausgelöst.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Im Frühjahr wird das Bundesverfassungsgericht über die Rechtmäßigkeit des EZB-Programms zum Ankauf von Staatsanleihen entscheiden.

Karlsruhe berate derzeit, „ob die EZB überhaupt Anleihen kaufen darf“, zitiert EUobserver Udo di Fabio, der von 1999 bis 2011 Verfassungsrichter in Karlsruhe war. Nach EU-Recht darf die EZB Staatsanleihen nicht direkt von den Regierungen kaufen, wenn diese ihre regelmäßigen Anleihe-Auktionen abhalten.

Doch bis 2012 kaufte die EZB im Rahmen des SMP-Programms auf dem Sekundärmarkt Anleihen von Krisenstaaten, das heißt nicht direkt von den Regierungen, sondern von Investoren. Die Schuld-Papiere werden von der EZB als Investitionen angesehen. Aufgrund dieser Anleihe-Käufe fielen die Zinssätze für Spanien und Italien. Diese waren im Jahr 2011 in die Höhe geschossen, es drohte der Staatsbankrott.

Im Jahr 2012 stiegen die Zinssätze für die Krisenstaaten erneut an. Daraufhin versprach EZB-Chef Draghi, die Zentralbank werde so viele Staatsanleihen der betroffenen Länder kaufen wie nötig. Diese müssten jedoch im Gegenzug Reform-Programme umsetzen. Dieses sogenannte OMT-Programm ist bisher nicht abgewendet worden. Dennoch konnte es erreichen, dass die Zinssätze der Krisenländer fielen.

Im Jahr 2012 hat das Verfassungsgericht in Karlsruhe direkte Anleihe-Käufe der EZB bereits als verfassungswidrig bezeichnet, die auch EU-Recht widersprechen.

Doch seitdem haben 35.000 Deutsche auch gegen die indirekten Anleihe-Käufe Beschwerde eingelegt. Es wird erwartet, dass das Verfassungsgericht im April ein Urteil verkündet oder den Fall an den Europäischen Gerichtshof weiterreicht.

Di Fabio hält es für unwahrscheinlich, dass Karlsruhe das gesamte OMT-Programm zurückweist. Dies würde einen „Feuerbrand in Europa“ auslösen. Doch wie in früheren Entscheidungen wird das Verfassungsgericht voraussichtlich die Rechte des Bundestags stärken, falls das Programm aktiviert wird.

Di Fabio sagte, letztlich entscheide Karlsruhe über die nationale Budget-Souveränität. „Die budgetäre Selbstbestimmung einer Nation ist grundlegend und kann nicht abgegeben werden.“ Parlamente seien errichtet worden, damit die Monarchen das Geld des Volkes nicht nach Gutdünken ausgeben können, so di Fabio.

„Nationale Parlamente müssen bei der Kontrolle von Steuergeldern souverän sein. Wenn Rom über eine Ausgabe entscheidet, darf man nicht die Niederlande und Deutschland dafür haftbar machen. Wenn das der Fall wäre, dann sollten die Holländer und die Deutschen auch an den italienischen Parlamentswahlen teilnehmen dürfen.“


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifrunde der Chemieindustrie: Gewerkschaft fordert mehr Lohn
26.04.2024

Im Tarifstreit in Ostdeutschlands Chemieindustrie fordert die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung von 7 Prozent. Arbeitgeber warnen vor...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Automesse China 2024: Deutsche Autohersteller im Preiskrieg mit BYD, Xiaomi und Co.
25.04.2024

Bei der Automesse in China steht der eskalierende Preiskrieg bei Elektroautos im Vordergrund. Mit hohen Rabatten kämpfen die Hersteller...

DWN
Technologie
Technologie 3D Spark: Ein Hamburger Start-up revolutioniert die Bahnbranche
25.04.2024

Die Schienenfahrzeugindustrie befindet sich in einem grundlegenden Wandel, in dessen Verlauf manuelle Fertigungsprozesse zunehmend...