Politik

Rom steht vor dem finanziellen Zusammenbruch

Der italienischen Hauptstadt droht die Insolvenz, nachdem ein Gesetz zur finanziellen Rettung in letzter Minute scheiterte. Rom wird nun versuchen, die Pleite durch Sozial-Kürzungen und Steuer-Erhöhungen hinauszuzögern. Wenn die Stadt ihre Haushaltslöcher nicht schnell stopft, droht ihr die Zwangsverwaltung.
01.03.2014 00:01
Lesezeit: 2 min

Die italienische Hauptstadt Rom steht vor dem Bankrott. Ein Gesetzesvorschlag sollte der Stadt dabei als letzter Ausweg dienen, um ein Haushaltsloch von 816 Millionen Euro zu stopfen. Der neue Premier Matteo Renzi musste den Entwurf nun zurückziehen, nachdem die Opposition im Parlament deutlich machte, dass der Vorschlag keine Mehrheit erreichen wird.

Die Ablehnung des Notgesetzes durch die Opposition hat ernste Konsequenzen für Rom, wie das Wall Street Journal berichtet. Um Zeit zu gewinnen, muss die Kommunalregierung nun tiefgreifende Kürzungen im öffentlichen Dienst vornehmen, Steuern erhöhen oder die Zahlung von Forderungen aussetzen. Die Stadt hat bereits höhere Gebühren für Krematorien und Friedhöfe eingeführt, um die Einnahmen zu erhöhen.

Ohne die staatlichen Transferleistungen wird der Bürgermeister von Rom die Einkommens- und Grundstückssteuern erhöhen, die schon jetzt zu den höchsten des Landes gehören. Zudem sollen die Gehälter der 20,000 Stadtbediensteten gekürzt und Einrichtungen für Arbeitslose und Kinderbetreuung geschlossen werden.

Wenn es der Kommunalregierung nicht gelingt, die Insolvenz abzuwenden, könnte die Stadt unter die Kontrolle eines Zwangsverwalters fallen. Dieser würde dann römische Vermögenswerte wie Immobilien, Stadtwerke und Staatsbetriebe veräußern, um ausreichend Kapital zur Deckung der Schulden einzutreiben. Ein ähnliches Schicksal ereilte die amerikanische Großstadt Detroit, die im letzten Jahr Insolvenz anmelden musste (hier).

Roms Bürgermeister Ignazio Marino versuchte der Stadt durch das Not-Gesetz staatliche Gelder in Höhe von 485 Millionen Euro zu sichern. Dadurch sollten Roms außergewöhnliche Kosten gedeckt werden, die entstünden, da die Stadt ein Tourismus-Magnet, italienische Hauptstadt und Sitz des Vatikans ist.

„Rom ist einzigartig im Vergleich zu anderen Städten“, so Marino.

Die italienische Hauptstadt erhielt bereits vor sechs Jahren einen Schuldenerlass von 12 Milliarden Euro. Die Schulden wurden in einen staatlichen Fonds verschoben, um der Stadt einen Neustart zu ermöglichen. Die italienischen Steuerzahler haften jetzt für die römischen Altschulden. Seitdem ist die italienische Wirtschaft allerdings um 10 Prozent geschrumpft und erlebt Rekord-Arbeitslosigkeit, was auch die Steuereinnahmen Roms stark beeinträchtigt (mehr hier).

„Es ist Zeit mit den Buchhaltungstricks aufzuhören und Roms Insolvenz anzumelden“, sagte Guido Guidesi, ein Parlamentarier der Lega Nord, der gegen den Gesetzesentwurf gestimmt hatte. Das Gesetz hätte andere italienische Städte, die ebenfalls mit großen Schuldenlasten kämpfen, benachteiligt, so die Opposition.

Die süditalienische Stadt Neapel wird bereits seit drei Jahren von einem Zwangsverwalter beaufsichtigt. Trotzdem wird Neapel voraussichtlich wegen einem Schuldenberg von 694 Millionen Euro in Konkurs gehen.

Ein Bankrott Roms hätte jedoch deutlich schwerwiegendere Folgen für Italien.

„Der Bankrott von Italiens Hauptstadt könnte eine Kettenreaktion auslösen, die über die nationale Wirtschaft hinwegfegt“, sagte Mirko Coratti, Vorsitzender des römischen Stadtrates.

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