Die Zerstörung des Nova-Kakhovka-Damms in der ukrainischen Region Cherson am 6. Juni setzte 18 Kubikkilometer Wasser frei, das Dörfer und Ackerland überflutete. Die Flut spülte chemischen Dünger von den Feldern und setzte allein aus dem gebrochenen Damm mindestens 150 Tonnen Maschinenöl frei, zudem dürften Unmengen Treibstoffe und Industrieabfälle aus den umliegenden Betrieben freigesetzt worden sein.
Das über die Ufer getretene Wasser des Dnepr ist von Chemikalien und toten Menschen und Tieren verseucht. Es besteht das Risiko, dass sich Krankheiten wie Cholera ausbreiten. Laut den Vereinten Nationen benötigen rund 700.000 Menschen in der Region sauberes Trinkwasser. UN-Untergeneralsekretär Martin Griffiths erklärte gegenüber Al Jazeera, dass die Auswirkungen noch jahrelang zu spüren sein werden.
Das Ausmaß der Schäden werde vom Ausmaß der Überschwemmungen und davon abhängen, wie schnell das Wasser wieder zurückgeht, fügte der Wirtschaftswissenschaftler hinzu. In den Regionen Cherson, Mykolaiv, Saporischschja und Dnipropetrowsk war der Damm eine wichtige Wasserquelle für den Anbau von Weizen, Gersten, Hirse, Raps und Sonnenblumen.
Der drastische Rückgang der landwirtschaftlichen Exporte aus der Ukraine im Zuge des Krieges löste im vergangenen Jahr eine weltweite Nahrungsmittelkrise aus, welche die Vereinten Nationen durch die Aushandlung eines Abkommens zum Getreideexport zwischen Kiew und Moskau mit Hilfe der Türkei zu mildern versuchten.
Wer war es?
Russland und die Ukraine haben sich gegenseitig vorgeworfen, den Nova-Kakhovka-Damm im Vorfeld der beginnenden ukrainischen Gegenoffensive zerstört zu haben, um daraus einen militärischen Vorteil zu ziehen. Doch auch wenn die Schuldfrage umstritten ist: Einigkeit herrscht darüber, dass die Katastrophe menschengemacht ist, dass also der Dnepr, der drittlängste Fluss Europas, als Waffe eingesetzt wurde. Wird das ein neuer Nordstream-Vorfall?