Unternehmen

Ampel gibt grünes Licht für Steuerentlastungen

Das Bundeskabinett hat Steuerentlastungen für Unternehmen in Milliardenhöhe auf den Weg gebracht. Vor allem mittelständische Unternehmen sollen davon profitieren.
30.08.2023 11:11
Aktualisiert: 30.08.2023 11:11
Lesezeit: 3 min
Ampel gibt grünes Licht für Steuerentlastungen
Minister Habeck und Kanzler Scholz am Mittwoch bei der Kabinettssitzung im Schloss Meseberg. (Foto: dpa) Foto: Michael Kappeler

Die Bundesregierung hat nach zweiwöchiger Verzögerung milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen auf den Weg gebracht. Das Kabinett billigte am Mittwoch Regierungsvertretern zufolge bei seiner Klausurtagung im brandenburgischen Meseberg den Gesetzentwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Vorgesehen sind Entlastungen von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr ab 2024 und insgesamt über 32 Milliarden in den nächsten Jahren. Zunächst waren lediglich rund sechs Milliarden Euro jährlich eingeplant.

Das Paket soll der lahmenden deutschen Wirtschaft neues Leben einhauchen. Der Bundestag dürfte in den nächsten Monaten über den Entwurf beraten. Auch die Länder müssen zustimmen, weil sie zusammen mit den Kommunen einen Großteil der erwarteten Steuermindereinnahmen verkraften müssen.

Mitte August hatte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) die Steuerentlastungen zunächst blockiert, um mehr Geld für die Kindergrundsicherung durchzusetzen. Hier hatte sich die Ampel-Koalition am Montag aber auf Eckpunkte verständigt.

Lindners sogenanntes Wachstumschancengesetz umfasst Dutzende Entlastungen. "Mit einer Vielzahl an kleineren Maßnahmen erreichen wir eine Wirkung in der Breite", heißt es im Gesetzentwurf. Trotz knapper Kassen bekämen vor allem mittelständische Unternehmen mehr Liquidität.

Kernstück ist eine Investitionsprämie in Höhe von 15 Prozent der Gesamtsumme bei Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen. Diese ist aber weniger umfangreich als die eigentlich im Ampel-Koalitionsvertrag vorgesehenen "Superabschreibungen", die auch Investitionen in die Digitalisierung anschieben sollten. An anderer Stelle werden Firmen nun aber zeitlich befristet deutlich bessere Abschreibungsmöglichkeiten gewährt - bei beweglichen Wirtschaftsgütern als auch beim Wohnungsbau. Unternehmen sollen auch Verluste für sie besser mit Gewinnen verrechnen können. Zudem wird die steuerliche Forschungsförderung ausgeweitet.

Ökonomen und Wirtschaftsverbände hatten zuletzt bereits betont, die Maßnahmen gingen in die richtige Richtung, seien aber nicht groß genug angelegt. FDP-Chef Lindner würde Unternehmen gerne stärker steuerlich entlasten, sieht dafür in der Ampel-Koalition mit SPD und Grünen aber keine Mehrheit.

Was die Regierung konkret an Steuerentlastungen für Firmen plant

Das Kabinett hat am Mittwoch in Meseberg Steuerentlastungen für Unternehmen auf den Weg gebracht. Vorgesehen ist ein Volumen von rund sieben Milliarden Euro pro Jahr ab 2024 - und insgesamt über 32 Milliarden in den nächsten Jahren. Das Paket soll der lahmenden deutschen Wirtschaft neues Leben einhauchen. Ein Überblick:

AN WEN RICHTET SICH DAS PAKET IN ERSTER LINIE?

Im Fokus sind vor allem kleine und mittelständische Firmen. Sie sollen einen Anreiz bekommen, jetzt zu investieren. Die Hilfen sind so angelegt, dass die Liquiditätssituation der Betriebe verbessert wird. Verbände, die auch große Konzerne repräsentieren, kritisieren die Maßnahmen als zu halbherzig.

WAS IST KONKRET GEPLANT?

Kernelement ist eine gewinnunabhängige Investitionsprämie in Höhe von 15 Prozent der Gesamtsumme. Sie soll einen Anreiz setzen, damit Unternehmen in mehr Energie- und Ressourceneffizienz investieren. Insgesamt ist eine maximale Förderung von 30 Millionen Euro vorgesehen, was entsprechend auf kleine und mittelständische Betriebe zielt.

WIE WERDEN DIE PROBLEME AUF DEM IMMOBILIENMARKT ANGEGANGEN?

Bessere Abschreibungsmöglichkeiten sollen hier brachliegende Projekte retten. Sechs Jahre lang sollen sechs Prozent der Investitionskosten abgeschrieben werden können - ohne Obergrenzen bei den Baukosten und ab dem Effizienzstandard 55. Dies gilt für alle Bauprojekte ab dem 1. Oktober 2023 sofort zum Baubeginn. Profitieren sollen auch Bauprojekte, die bereits genehmigt, aber noch nicht begonnen wurden. Davon gibt es derzeit wegen der massiv gestiegenen Baukosten ungewöhnlich viele. Ein größeres Hilfspaket für die kriselnde Branche soll Ende September vorgestellt werden.

KOMMEN WEITERE ABSCHREIBUNGSMÖGLICHKEITEN HINZU?

Ja - und zwar die sogenannte degressive Afa auf bewegliche Wirtschaftsgüter, die ab dem 1. Oktober 2023 angeschafft werden oder hergestellt worden sind. Dadurch können Unternehmen zu Beginn der Abschreibungsphase mehr Geld beim Fiskus geltend machen. Mit dem Instrument hat die Regierung in der Corona-Pandemie bereits gute Erfahrungen gemacht. Im steuerlichen Sinne umfasst die Maßnahme nicht nur tragbare oder fahrbare Dinge, sondern einen Großteil aller Investitionen etwa in Maschinen, den Fuhrpark oder auch die Betriebs- und Geschäftsausstattung.

WAS IST NOCH GEPLANT?

Bei der Verrechnung des sogenannten Verlustvortrages wird die bisherige Grenze von 60 Prozent für vier Jahre auf 80 Prozent angehoben. Unternehmen können damit besser Verluste mit Gewinnen aus anderen Geschäftsjahren verrechnen, was ihre Steuerlast senkt. Auch so sollen private Investitionen forciert werden. Außerdem wird die steuerliche Forschungsförderung ausgeweitet. Der förderfähige Anteil der Kosten bei einer Auftragsforschung soll von 60 auf 70 Prozent steigen und der maximale Förderbetrag der Zulage von einer auf drei Millionen Euro angehoben werden. Außerdem wird eine Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung eingeführt.

Länder sind jetzt am Zug

Der Verband der Familienunternehmer forderte, das Steuerpaket müsse nun ohne weitere Blockaden verabschiedet werden, um den Betrieben Planungssicherheit zu geben. Das bezweifelt aber CDU-Chef Friedrich Merz. Er sagte der Funke-Mediengruppe, der Bund werde die Zustimmung der Länder für Steuerpaket nicht bekommen. Lindner zufolge sind Änderungen im parlamentarischen Verfahren wie immer noch möglich. Einige Länder wollten mehr machen, andere seien skeptisch. "Das werden wir sehen." Länder und Kommunen hätten aber auch ein Interesse am Erfolg der Wirtschaft.

Ökonomen und Wirtschaftsverbände betonten, die Maßnahmen gingen in die richtige Richtung, seien aber nicht groß genug angelegt. Der CDU-Haushaltspolitiker Mathias Middelberg sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es sei lediglich ein "Schübchen". Eine umfassende Unternehmenssteuerreform wäre angebrachter. Sieben Milliarden Euro Entlastung seien zudem zu wenig, wenn der Staat einzelne Unternehmensansiedlungen in ähnlicher Größenordnung fördere. Der Chip-Konzern Intel kann für seine neuen Investitionen in Magdeburg mit einer staatlichen Subvention in Höhe von zehn Milliarden Euro rechnen. (Reuters)

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Finanzen
Finanzen EU-Vermögensregister und Bargeldbeschränkungen: Risiko für Anleger

Das EU-Vermögensregister gehört derzeit zu den größten Risiken für Anleger. Daher ist es wichtig, sich jetzt zu überlegen, wie man...

 

 

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Euro-Kurs wird zur Gefahr: Europas Exporte brechen ein
06.07.2025

Ein starker Euro, schwaches Wachstum, neue US-Zölle – Europas Wirtschaft gerät unter Druck. Die EZB warnt, doch die Lage droht zu...

DWN
Politik
Politik Neuregelung der Vaterschaft: Mehr Rechte für leibliche Väter
06.07.2025

Die Bundesregierung plant eine Reform, die leiblichen Vätern zu mehr rechtlicher Anerkennung verhelfen soll. Der Entwurf aus dem...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnungstausch: Wie Sie Ihre Ferienwohnung herzaubern und worauf Sie achten müssen
06.07.2025

Der Wohnungstausch boomt – günstig, persönlich und spannend. Doch wie funktioniert das Ganze wirklich, und worauf muss man achten,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jungmakler mit TikTok: Wie eine Generation den Versicherungsmarkt neu denkt
06.07.2025

TikTok-Reichweite, neue Rollenbilder, klare Erwartungen: Junge Makler treiben die Disruption im unabhängigen Versicherungsvertrieb voran....

DWN
Technologie
Technologie Wäschetrockner: Neues Energie-Label einfach erklärt
06.07.2025

Seit dem 1. Juli gelten für Wäschetrockner strengere Energiekennzeichnungen. Verbraucher sollen Geräte nun besser vergleichen können....

DWN
Unternehmen
Unternehmen Praktika und Probearbeiten: Rechte, Pflichten und Fallstricke für Berufseinsteiger
06.07.2025

Viele Praktikanten kennen ihre Rechte nicht – und riskieren, ausgenutzt zu werden. Was wirklich erlaubt ist, wann Praktika bezahlt werden...

DWN
Technologie
Technologie Lithium: Schlüssel zur technologischen Unabhängigkeit – doch der Rohstoff ist knapp
06.07.2025

Lithium ist der Treibstoff moderner Technologien – von E-Autos bis Energiewende. Doch was passiert, wenn die Nachfrage explodiert und das...

DWN
Politik
Politik Rückkehr der Wehrplicht trotz Wirtschaftsflaute? Nato-Ziele nur mit Pflicht zum Wehrdienst möglich
05.07.2025

Die Nato drängt: „Um der Bedrohung durch Russland zu begegnen“, hat die Nato ein großes Aufrüstungsprogramm beschlossen. Doch wie...