Zinssenkungsfantasie gedämpft
Aktien- wie Rohstoffmärkte zeigen sich zu Beginn einer datenintensiven Woche wenig verändert. Ganz oben auf der Agenda der kommenden Tage steht dabei der die Entwicklung der persönlichen Konsumausgaben beschreibende PCE-Index, welcher als die bevorzugte Messgröße der Federal Reserve für die Inflation gilt. Den Prognosen nach dürfte dieser am Donnerstag zur Veröffentlichung anstehenden Index für Januar den stärksten monatlichen Anstieg seit einem Jahr zeigen, was wiederum den langen und holprigen Weg unterstreichen würde, den Powell und Co. noch zu gehen hätten, um das Preiswachstum wieder auf das Zentralbankziel zu drücken. Auch in Europa liegen Inflationsberichte an, während sich die Finanzminister und Zentralbanker der G20 ab Mittwoch in Sao Paulo treffen werden.
Nachdem Fed-Chef Powell in Sachen Zinssenkungsfantasie bereits deutlich auf die Bremse trat, stießen nicht wenige seiner Kollegen ins selbe Horn – sowohl in heimatlichen Gefilden als auch hierzulande. Wie aus dem Protokoll der letzten US-Notenbanksitzung hervorgeht, zeigen sich die meisten Vertreter der Zentralbank eher über das Risiko einer zu schnellen Zinssenkung besorgt als darüber, dass die Zinsen zu lange hoch gehalten werden. Goldman Sachs geht für die USA mittlerweile von Juni als frühestem Zinssenkungstermin aus, bei der Europäischen Zentralbank erwartet man entsprechende eigene Maßnahmen erst nachdem die USA agiert haben.
Teile der Finanzwirtschaft schätzen die Lage allerdings vollkommen anders ein, so bringen erste Stimmen bereits wieder Zinserhöhungen ins Spiel! Die Citigroup rät ihren Kunden, dieses Risiko abermals zu berücksichtigen und sich für die Möglichkeit, dass die Fed nach einem kurzen Lockerungszyklus wieder zu eben diesen zurückkehrt, abzusichern. Die Kollegen der Société Générale sind da weniger vage und prognostizieren als nächsten Schritt der Amerikaner unmittelbar eine Anhebung der Zinsen. Anleihehändler machen sich bereits auf einen erneuten Ausverkauf am Markt gefasst und lösen ihre bestehenden Hausse-Wetten bei Staatsanleihen auf, damit einher geht ein sich verfestigender Dollar. Beides wirkt der Rohstoffnachfrage sektorübergreifend entgegen.
In einem solchen Umfeld leiden üblicherweise Rohstoff- wie Finanzmärkte. An letzteren täuscht die bemerkenswerte Überperformance Einzelner jedoch möglicherweise über die Resilienz des Gesamtmarktes hinweg. Zwar sehen die Strategen von Goldman Sachs noch Potential - vor allem, weil die Aufmerksamkeit der Anleger von den sieben Haupttreibern nach deren extremen Bewegungen in Kürze auf die Nachzügler gerichtet werden könnte -, wenn jedoch ein Starinvestor, wie Warren Buffet, mittlerweile auf 168 Mrd. Dollar Cash sitzt, weil er, sinngemäß, nichts mehr zum Anlegen findet, gibt das zu denken. Auch andere lassen sich von der KI-Hysterie nicht beeindrucken. Cathy Woods Fonds verkaufte zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren TSMC-Aktien und verringerte damit sein Engagement bei Nvidia, dem wichtigsten Kunden des Chip-Herstellers. Hedgefonds, die sich zuvor auf Tech-Aktien gestürzt haben, verkaufen jetzt so schnell wie seit sieben Monaten nicht mehr, wie Daten der Prime-Brokerage-Einheit von Goldman Sachs zeigen.
Für die Rohstoffmärkte bedeutet die Kombination aus stark bleibendem Dollar und attraktiven Renditen insgesamt Gegenwind. Die Entwicklung der etwas exotischeren Uran- und Kakao-Futures braucht den Vergleich mit den „Magnificient Seven“ zwar nicht zu scheuen, deren aktuell ganz speziellen Preistreiber sind jedoch auch vom restlichen Sektor entkoppelt zu betrachten. Dieser zeigt sich Insgesamt sehr ausgeglichen.
Erdölmarkt bleibt entspannt – Nahostkrise stützt
So zeigen sich die zugrundeliegenden Fundamentaldaten am Ölmarkt sehr stabil, was für einen weiterhin ruhigen Fortgang der Preisentwicklung spricht. Zum Wochenbeginn bewegten sich die Preise wieder an den unteren Rand ihrer seit zwei Wochen bestehenden engen Handelsspanne, welche den ausgleichenden Kräften aus geopolitischen Sorgen auf der einen und schwacher Nachfrage samt ausreichendem Angebot auf der anderen Seite geschuldet ist. So zeigt sich der weltweite Verbrauch zwar nach wie vor robust, den Prognosen zufolge wird die Nachfrage aber aufgrund der Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft in 2024 nur halb so stark steigen wie im Vorjahr.
Das hohe Angebot vor allem aus den Nicht-OPEC-Staaten dürfte für problemlose Deckung sorgen. Hinzu kommt, dass die neuen Produktionskürzungen der OPEC+-Gruppe bisher nicht die angekündigte Menge erreichen, da der Irak und Kasachstan mit ihren Drosselungen hinterherhinken. Die ursprüngliche Erwartung eines Defizits am Ölmarkt wird sich wohl nicht einstellen, vielmehr gehen die Prognosen nun von einem leichten Überschuss bei den weltweiten Ölvorräten aus, zumindest für das erste Quartal. Zudem scheint es so, als wären Saudi-Arabien und seine Partner bereit, ihre Ende des kommenden Monats auslaufenden Förderkürzungen fortzusetzen, darüber entscheiden dürfte das Kartell auf seiner nächsten Sitzung Anfang März. Damit sollten die Lagerbestände für den Rest des Jahres weitgehend ausgeglichen bleiben, was größere Preisausschläge in die eine, wie die andere Richtung in den kommenden Monaten verhindern würde.
Die Entscheidung Saudi Aramcos, den bisherigen Plan zur Ausweitung seiner Förderkapazitäten aufzugeben, lässt darauf schließen, das auch Saudi Arabien eine eher schwächelnde Nachfrageentwicklung erwartet und mit seiner fortgesetzt restriktiven Politik die Preise auf einträglichen Niveaus halten möchte. Nichtsdestotrotz gilt es, den anhaltende Konflikt im Nahen Osten mit den damit verbundenen Schwierigkeiten für die Schifffahrt im Hinterkopf zu behalten. Die dortige Situation bleibt der größte Unsicherheitsfaktor, der durchaus das Zeug dazu hat, bei weiterer Eskalation die Rohölversorgung der Welt in Mitleidenschaft ziehen und die ansonsten komfortable Situation entsprechend zu verändern.
Gold weiter nachgefragt
Nach einer Analyse der ANZ Bank lässt sich durchaus von Goldfieber sprechen, welches die Zentralbanken dieser Welt erfasst hat und sie nach wie vor die Speicher füllen lässt. Inzwischen entfällt auf diese Käufergruppe annähernd 30 Prozent der jährlichen Goldnachfrage, was eine bedeutende Verschiebung in diesem Markt in den letzten Jahren darstellt. Unter den Notenbanken sind wiederum jene der Schwellenländer die Haupttreiber, Zurückzuführen ist diese Entwicklung verstärkt auf die Geopolitik, wobei Gold als hochliquider Vermögenswert, der auch im Falle von Finanzsanktionen als alternatives Transaktionsmedium verwendet werden kann, weiter an Attraktivität gewinnt.
Da eine Reihe von Schwellenländern bestrebt ist, die Verwendung des US-Dollars zu reduzieren, entwickelt sich das globale Währungssystem zunehmend ein eine Richtung, in der Gold eine immer wichtigere Rolle spielen dürfte - siehe auch den jüngsten Vorstoß der BRICS-Gruppe bezüglich deren eigener Währungsideen. Die nicht unrealistische Annahme, dass die Schwellenländer den Anteil des Goldes an ihren Reserven bis zum Ende der Dekade per heutiger Basis um mehr als 40 Prozent auf insgesamt 10 Prozent erhöhen könnten, spricht für einen weiterhin gut unterfütterten Käufermarkt. China dürfte dabei den Löwenanteil an der weltweiten offiziellen Goldnachfrage ausmachen.
Kurzfristig werden es vor allem die US-Inflationsdaten sein, die den Goldpreis bewegen. Dabei werden schwächere Inflationswerte wohl nichts am Ergebnis der März-Sitzung ändern, sie dürften aber zumindest Diskussionen innerhalb der Fed über den Zeitpunkt der ersten Zinssenkung auslösen, was sich positiv auf den Goldpreis auswirken könnte. „Heiße“ Zahlen wären für den gesamten Metallsektor nachteilig, damit Gold jedoch wieder unter die 2.000 Dollar-Marke rutscht, müssen aber auch die restlichen, und zahlreichen, Wirtschaftsdaten dieser Woche (Hausverkäufe, Auftragseingänge, BIP, Arbeitslosenanträge) überraschend gut ausfallen.