Technologie

BYD greift mit Plug-in-Hybriden den europäischen Markt an – Was bedeutet das für die Konkurrenz?

Deutschland, das Autoland, bereit den Chinesen Kopfschmerzen, denn der Elektroautomarkt läuft nicht wie erwünscht für die Autohersteller. Insbesondere beim führenden chinesischen Hersteller BYD haben die rückläufigen Verkaufszahlen zu einer veränderten Strategie geführt.
17.06.2024 08:45
Lesezeit: 4 min

Anstelle von reinen Stromern bringt BYD nun erstmals Plug-in-Hybridfahrzeuge (PHEV) wie den Seal U DM-i auf den europäischen Markt. Diese Fahrzeuge verfügen sowohl über einen Verbrennungsmotor als auch über eine mittelgroße elektrische Batterie, die zum Aufladen an die Steckdose angeschlossen werden kann. Der Listenpreis des schicken chinesische SUV liegt ab 44.500 Euro, die Reichweite wird mit bis 1080 km angegeben bei einem Verbrauch von 6,4 Liter auf 100 km. Zum Einsatz kommt auch die hauseigene Batterie, dessen „Blade-Technologie“ statt Module Zellen nutzt. Eine weitere Variante Namens "Comfort" mit größerer Batteriekapazität soll im dritten Quartal 2024 an den Start gehen. Der Hersteller verspricht 6 Jahre Garantie auf das Fahrzeug und 8 Jahre sogar auf Batterie und Motor. Platz und Ausstattung sind gehoben und könnten auch einer besseren Kategorie zugeordnet werden. Das Paket könnte in Europa ankommen. Die deutschen Autohersteller haben wenig vergleichbares aktuell auf dem Markt zu bieten. Zumindest nicht zu dem Preis.

Europäische Expansion: BYD plant Fabrik in Ungarn und stärkt die Marktpräsenz

Der Strategieschwenk von BYD war notwendig, denn die Absatzzahlen seiner Fahrzeuge im europäischen Markt überzeugt die Konzernspitze in China aktuell nicht. 2023 setzte BYD laut Dataforce 15.600 Autos in Europa ab. Dabei geht der allgemeine Trend der neu zugelassen reinen Elektroautos deutlich zurück. So gab es eine Rückgang von 31 Prozent in dieser Kategorie in Deutschland, während die Hybridfahrzeuge nahezu um die gleiche Zahl (26 Prozent) zunahm. Auch Plug-In-Hybrid Fahrzeuge (plus 2 Prozent) scheinen die Käufer aktuell mehr zu überzeugen. Wahrscheinlich ist auch der Vertrag mit dem deutschen Autovermieter Sixt über den Kauf von 100.000 Elektrofahrzeugen von BYD bis 2028 ein Grund, warum nun in Erwägung gezogen wird, den Bau einer Fabrik in Europa zu wagen. Geplant ist der Bau in Ungarn. Die Fabrik soll Ende nächsten Jahres die Produktion aufnehmen, so die französische Nachrichtenagentur AFP. Es ist auch ein strategischer Schritt, denn die EU hat künftig erhöhte Zölle auf aus China importierte Elektroautos beschlossen. Werden die Autos hingegen in Europa gefertigt, gelten diese Zölle nicht.

BYD ist vor allem in Südostasien sehr erfolgreich, ein Wachstumsmarkt für Autobauer. Das Modell „Atto 3“ ist das meistverkaufte Elektroauto in Thailand. Im März vergangenen Jahres hat das Unternehmen seine erste Auslandsniederlassung für PKWs dort eröffnet, der Bau wird 2025 abgeschlossen werden. Die Chinesen beherrschen mittlerweile dort den Automarkt. Sechs der zehn meistverkauften Elektromodelle in Thailand stammen von chinesischen Marken. Insgesamt machen die chinesischen Fahrzeuge des thailändischen EV-Marktes fast 80 Prozent aus, der Rest konzentriert sich hauptsächlich auf die Marken Tesla und Volvo.

Und während BYD sich jetzt auch in Europa etablieren möchte, hat bereits der nächste chinesische Autoanbieter seinen Blick in den Westen gerichtet. Chery, so der Herstellername, hatte sich bei seiner Expansion zunächst auf Schwellenländer im Nahen Osten oder Asien konzentriert. Doch nun möchten auch er neue Märkte erobern. Dafür unterzeichnete er im April in Barcelona einen Vertrag, wo im ehemaligen Nissanwerk die künftigen Autos für den westeuropäischen Markt montiert werden sollen. Geplant ist eine Investition von 400 Millionen Euros, so das Magazin Autohaus. Die Jahre, in den chinesische Autos in Deutschland belächelt wurden, sind endgültig vorbei. Die Konkurrenz ist nun auf Augenhöhe.

Verbrenner bleiben weiterhin im Fokus der deutschen Autobauer

Die deutschen Autobauer stehen vor einem Problem. Die staatlichen Emmissionsregularien erfordern von ihnen Investitionen in saubere Motoren. Doch der Elektromobilmarkt schwächelt in Deutschland. Daher ändern gerade die führenden Hersteller ihre Strategie. VW möchte weiterhin seine Verbrenner nicht ganz vernachlässigen und investiert auch weiterhin Milliarden, um sie wettbewerbsfähig zu halten. Denn es gibt sie weiterhin, die Käufer, die auf Verbrenner stehen. Gleichzeitig kündigte der Konzern erst kürzlich an, ein Elektroauto für rund 20.000 Euro entwickeln zu wollen. Auch Toyota hält an dem Verbrenner fest und möchte weiterhin solche Motoren in Autos einbauen.

Bisher konzentrieren sich die meisten deutschen Autobauer bei der Elektromobilität eher auf das Premiumsegment. Auch eine Analyse des ADAC zeigt, dass aktuell zu wenige Modelle unter 30.000 Euro in Deutschland erhältlich sind. Um den Plan der Bunderegierung Rechnung zu tragen bis 2030 rund 15 Millionen Elektroautos auf die Straße zu bringen, ist es noch ein weites Ziel. Derzeit sind es erst 1,5 Millionen Fahrzeuge. Die Subventionsstreichungen Ende vergangenen Jahres haben zu einem Einbruch der Absatzzahlen geführt. Daher ist ein Umdenken gefragt. Es müssen schnell günstigere E-Varianten auf dem Markt, bevor die ausländische Konkurrenz sich die potenziellen Käufer schnappt. Frankreich zeigt bereits, wie es geht. Hier legten die Neuzulassungen von Elektroautos in den ersten vier Monaten dieses Jahres um 28 Prozent zu. Renault/Dacia und Citroën haben bereits seit Jahren günstigere E-Autos im Portfolio. Das ermöglicht unter anderem die Regierung, die mit Maßnahmen wie einer Umweltprämie über 4.000 Euro oder ein Sozial-Leasing-Programm, welches sich an Geringverdiener richtet, den Absatz fördert.

Und umgekehrt? Wie läuft die Elektromobilität deutscher Fahrzeuge in China? Seit 2020 geht die Abhängigkeit deutscher Automobilhersteller vom chinesischen Automarkt deutlich zurück. Erstmals fiel sie 2023 mit rund 34,3 Prozent unter das Niveau von 2019. Mit über 30 Prozent der verkauften Fahrzeuge in China bleibt der Markt dennoch einer der wichtigsten. 2023 löste BYD als meistverkaufte Automarke Volkswagen ab. Das war für den deutschen Autobauer der Weckruf seine Strategie für den chinesischen Automarkt zu ändern. Nun möchten sich die Wolfsburger auf dem chinesischen Automarkt besser positionieren. Mit dem Design-Showcar ID.CODE, ein SUV-Crossover, wurde erstmals versucht dem chinesischen Konsumentengeschmack entgegenzukommen. Ein neues Design, neuer Technologie-Standard und ein ganzheitliches Markenerlebnis, speziell auf die Bedürfnisse der chinesischen Kunden sollen dem Fahrzeug in Zukunft dort hohe Absatzzahlen generieren.

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                                                                            ***

Sofia Delgado ist freie Journalistin und arbeitet seit 2021 in Stuttgart, nachdem sie viereinhalb Jahre lang in Peking gelebt hat. Sie widmet sich gesellschaftskritischen Themen und schreibt für verschiedene Auftraggeber. Persönlich priorisiert sie die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit, als dringendste Herausforderung für die Menschheit.

 

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