Politik

Nahostkonflikt: Angriffe auf Beirut - droht jetzt Krieg?

Erstmals seit Beginn der israelischen Bodenoffensive im Libanon berichtet die Schiitenmiliz Hisbollah über Kämpfe im Grenzgebiet. Israelische Bodentruppen hätten versucht, in den libanesischen Ort Udaissa einzudringen, teilte die Hisbollah mit. UN-Sicherheitsrat ruft Dringlichkeitssitzung aus.
02.10.2024 13:01
Aktualisiert: 02.10.2024 13:01
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Iran hat Israel mit etwa 180 Raketen angegriffen. Netanjahu hat bereits Vergeltung angekündigt: Erstmals seit Beginn der israelischen Bodenoffensive im Libanon berichtet die Schiitenmiliz Hisbollah über Kämpfe im Grenzgebiet. Israelische Bodentruppen hätten versucht, in den libanesischen Ort Udaissa einzudringen, teilte die Hisbollah mit. Sie seien zum Rückzug gezwungen worden. Auf israelischer Seite habe es Opfer gegeben.

Israel griff erneut die libanesische Hauptstadt an und attackierte nach eigenen Angaben „terroristische Ziele in Beirut“, teilte die Armee mit, ohne Details zu nennen. Nach dem zweiten iranischen Raketenangriff binnen fünf Monaten auf Israel soll der UN-Sicherheitsrat um 16.00 Uhr (deutscher Zeit) zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.

Warum eskaliert die Lage immer weiter?

Am Dienstag waren erstmals seit fast zwei Jahrzehnten israelische Bodentruppen wieder in den Libanon eingerückt. Bald ein Jahr nach Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober verlagert sich der Schwerpunkt der Kämpfe in Richtung des nördlichen Nachbarlandes.

Auf diesen Vorstoß Israels reagierte der Iran und feuerte am Abend nach eigenen Angaben rund 200 Raketen in Richtung des Erzfeindes.

Die meisten wurden laut israelischem Militär, das von 180 Raketen sprach, – auch mithilfe einer von den USA geführten Verteidigungskoalition – abgefangen. Ein Todesopfer gab es im Westjordanland, zwei Verletzte in Tel Aviv. Im Zentrum und im Süden Israels wurden Einschläge registriert. Millionen Israelis suchten Zuflucht in Schutzräumen.

Medienberichten zufolge nahm der Iran zwei israelische Luftwaffenstützpunkte und das Hauptquartier des Geheimdienstes Mossad ins Visier.

Irans Außenminister: Wollen keine Eskalation, fürchten aber keinen Krieg

Irans Außenminister Abbas Araghchi sprach nach dem Angriff mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sowie deren Kollegen in Großbritannien und Frankreich, wie die iranische Nachrichtenagentur Irna berichtete.

Die Operation sei abgeschlossen, sagte Araghchi. "Aber sollte das zionistische Regime (Israel) Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, wird unsere Antwort noch härter ausfallen." Die Islamische Republik Iran strebe keine Eskalation an, fürchte aber keinen Krieg.

Der Angriff sei Vergeltung für die Tötung von Hamas-Auslandschef Ismail Hanija, Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah sowie eines iranischen Generals, hieß es. In Erwartung eines israelischen Gegenangriffs verlängerte der Iran die Sperrung seines Luftraums bis Donnerstagfrüh um 5.00 Uhr (Ortszeit).

Greift Israel die iranischen Atomanlagen an?

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu kündigte Vergeltung an. „Der Iran hat heute Abend einen großen Fehler gemacht – und er wird dafür bezahlen“, sagte er nach Angaben seines Büros.

Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari sagte: „Wir werden zu dem Zeitpunkt und an dem Ort handeln, den wir bestimmen, und zwar in Übereinstimmung mit den Anweisungen der politischen Ebene.“

Die „New York Times“ berichtete unter Berufung auf US-Beamte, in einem möglichen Szenario könnte Israel die iranischen Nuklearanlagen angreifen. Insbesondere die Anreicherungsanlagen in Natanz, dem Herzstück des iranischen Programms, könnten im Visier stehen.

Hagari sagte, die iranischen Raketenangriffe hätten keine Auswirkungen auf die Einsatzfähigkeit der Luftwaffe. Netanjahu bezeichnete Irans Angriff als gescheitert.

Scholz: Iran riskiert Flächenbrand in der Region

Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor einer weiteren Eskalation. „Iran riskiert damit, die ganze Region in Brand zu setzen – das gilt es unter allen Umständen zu verhindern“, erklärte der SPD-Politiker in Berlin. Nur dank der israelischen Luftverteidigung und den Verbündeten sei es am Abend gelungen, den iranischen Angriff weitgehend abzuwehren.

US-Präsident Joe Biden rief Israel auf, seine Reaktion gut abzuwägen. US-Außenminister Antony Blinken nannte den iranischen Raketenangriff „völlig inakzeptabel“. Zum zweiten Mal innerhalb von fünf Monaten habe der Iran einen direkten Angriff unternommen. Israel habe den Angriff mit aktiver Unterstützung der USA und anderer Verbündeter erfolgreich abgewehrt. „Wir haben einmal mehr unseren Einsatz für die Verteidigung Israels unter Beweis gestellt“, sagte Blinken in Washington.

Wie schätzen Experten die Lage ein?

Grant Rumley, ein ehemaliger Pentagon-Beamter, sagte der „New York Times“, im Gegensatz zu dem Angriff im April, bei dem Israel tagelang vorgewarnt war und seine Verteidigung mit Verbündeten in der Region koordinieren konnte, sei der Angriff am Dienstag nur wenige Stunden im Voraus angekündigt worden. „Daher ist es schwer, diesen neuen Angriff als rein symbolisch zu betrachten“, sagte Rumley. „Es sieht auf jeden Fall nach einer Eskalation durch Iran aus.“

Das Heft des Handelns liegt nach Einschätzung von Experten nun bei Israel. Mohanad Hage Ali, stellvertretender Direktor des Malcolm H. Kerr Carnegie Middle East Center, eines Forschungsinstituts in Beirut, sagte dem „Wall Street Journal“, Irans Angriff gebe Israel Anlass, direkt auf iranisches Territorium zurückzuschlagen, was einen regionalen Krieg auslösen könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Führen Sie die weltweit größten Kryptowährungen wie DOGE und BTC direkt ein und erzielen Sie über die COME-Mining-Plattform einen Gewinn von über 5.000 US-Dollar pro Tag.

Die Nachfrage nach Bitcoin (BTC) ist in letzter Zeit weiter gestiegen, und die Anlegerstimmung hat sich deutlich verbessert. Die COME...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen KI-Blase oder Revolution: Wie real der Boom wirklich ist
17.10.2025

Die Euphorie rund um künstliche Intelligenz kennt keine Grenzen – doch immer mehr Experten warnen vor einer KI-Blase. Milliarden...

DWN
Panorama
Panorama Autokrise trifft Kommunen: Wie Stuttgart, Wolfsburg und Ingolstadt sparen müssen
16.10.2025

Die Automobilkrise trifft nicht nur Konzerne, sondern auch ganze Städte. Stuttgart, Wolfsburg und Ingolstadt verlieren Millionen an...

DWN
Finanzen
Finanzen Trade Republic-Aktie im Fokus: Trade Republic hat Portfolio um Festzinsprodukte erweitert
16.10.2025

Die Trade Republic-Aktie steht erneut im Fokus, nachdem das Unternehmen sein Angebot im Bereich Zinsprodukte erweitert hat. Anleger...

DWN
Politik
Politik 123.000 Sicherheitsbeauftragte sollen wegfallen
16.10.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) will Betriebe von Bürokratie beim Arbeitsschutz entlasten und mehr als 123.000 spezielle...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Nach Wirecard-Insolvenz: BGH prüft Ansprüche von Aktionären
16.10.2025

Fünf Jahre nach der spektakulären Pleite von Wirecard stehen zehntausende Aktionäre noch immer mit leeren Händen da. Ihre Forderungen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ryanair-Aktie im Blick: Fluggesellschaft Ryanair reduziert Angebot in Deutschland
16.10.2025

Die irische Fluggesellschaft Ryanair setzt ihren Kurs der Angebotsreduzierung in Deutschland fort. Im Winterflugplan 2025/2026 werden...

DWN
Finanzen
Finanzen Silberpreis auf Rekordniveau: Warum Silber den großen Bruder Gold aktuell in den Schatten stellt
16.10.2025

Nach seinem Allzeithoch zur Wochenmitte zeigt sich der Silberpreis aktuell kaum schwächer und bleibt auf Rekordniveau. Während der...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Quereinsteiger: Fachfremde Talente finden und erfolgreich einarbeiten
16.10.2025

Vor einigen Jahrzehnten war es noch üblich, den Beruf, der als junger Erwachsener erlernt wurde, bis zur Rente auszuführen. In unserer...