Klinik-Atlas: Warken bereitet Aus von Lauterbachs Prestigeprojekt vor
Das Prestigeprojekt von Karl Lauterbach steht vor dem Aus: Seine Nachfolgerin Nina Warken bereitet die Einstellung des Klinik-Atlas vor. Damit droht das von der Ampelregierung eingeführte Online-Verzeichnis, das umfassende Informationen zu deutschen Krankenhäusern liefern sollte, endgültig zu scheitern.
Laut einer Organisationsverfügung, die den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vorlag, wird die Projektgruppe "Bundes-Klinik-Atlas" rückwirkend zum 30. Juni aufgelöst. Der Klinik-Atlas war erst Mitte Mai des vergangenen Jahres an den Start gegangen. Ziel war es, die Angebote und die geleistete Qualität der rund 1.700 deutschen Kliniken transparent darzustellen. Doch schon kurz nach dem Start hagelte es Kritik. Fachgesellschaften, Klinikträger und Patientenvertreter bemängelten die Qualität der Daten sowie die unübersichtliche Darstellung.
Nach einer Überarbeitung umfasst das Portal aktuell lediglich noch Informationen zu rund 25 Eingriffen – und dabei handelt es sich nicht einmal um die häufigsten Krankenhausbehandlungen. Kritisiert wird zudem, dass die Angaben unvollständig und für Laien schwer verständlich seien.
Hohe Kosten bei geringer Nutzung
Neben der fachlichen Kritik steht auch die Frage der Wirtschaftlichkeit im Raum. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) bemängelt, dass der Bundes-Klinik-Atlas mit rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr enorme Kosten verursacht. Gleichzeitig nutzen monatlich nur etwa 200.000 Menschen das Angebot.
Demgegenüber verweist die DKG auf ihr eigenes Angebot: das Deutsche Krankenhausverzeichnis. Dieses existiert bereits seit Jahren, war bis April 2024 auf bundeseigenen Internetseiten eingebunden und verzeichnet monatlich 600.000 Zugriffe – also dreimal so viele wie der Klinik-Atlas.
DKG fordert Rückkehr zum Krankenhausverzeichnis
In einem Brief an den Parlamentarischen Gesundheitsstaatssekretär Tino Sorge (CDU) warb DKG-Chef Gerald Gaß daher nachdrücklich für eine Rückkehr zum bewährten Verzeichnis. Wörtlich schrieb er: "Wir möchten mit Nachdruck dafür werben, zur bewährten Lösung zurückzukehren und den Bundes-Klinik-Atlas durch das Deutsche Krankenhausverzeichnis zu ersetzen."
Der finanzielle Unterschied ist erheblich: Während der Klinik-Atlas jedes Jahr Millionen verschlingt, benötigt das DKG-Verzeichnis lediglich eine jährliche Förderung von 120.000 Euro für technische Anpassungen. Gaß bezeichnete die Rückkehr deshalb als "pragmatischen und bürgernahen Schritt".
Trotz Überarbeitung: anhaltende Kritik
Obwohl das Projekt nach massiver Kritik überarbeitet wurde, gelang es nicht, Vertrauen zurückzugewinnen. Für viele Patientinnen und Patienten bleibt die Darstellung zu komplex, während Experten vor allem die unvollständigen Daten kritisieren.
Die Ministerin selbst scheint deshalb keine Zukunft mehr in dem Projekt zu sehen. Dass der Klinik-Atlas – oder Klinikatlas, wie er ebenfalls genannt wird – damit ein frühes Ende findet, zeichnet sich deutlich ab.
Klinikschließungen stehen bevor
Parallel zur Debatte um den Bundes-Klinik-Atlas arbeitet Warken an einer Nachbesserung der von Lauterbach initiierten Krankenhausreform. Auch hier kündigte die CDU-Politikerin weitreichende Veränderungen an.
Gegenüber der Main-Post und der Augsburger Allgemeinen sagte Warken: "Es wird Strukturveränderungen durch Zusammenlegungen und Schließungen von Krankenhäusern geben." Ziel sei es, Überversorgung abzubauen. "Wir wollen die Qualität der Versorgung der Menschen durch klare Vorgaben verbessern und die Wirtschaftlichkeit der Kliniken sicherstellen."
Für planbare, spezialisierte Eingriffe müssten Patientinnen und Patienten möglicherweise längere Wege in Kauf nehmen. Dennoch betonte die Ministerin: "Dennoch ist es unser Anspruch, eine flächendeckende Grundversorgung sicherzustellen."
Reform mit Ausnahmen für Bundesländer
Der Gesetzentwurf zur Reform soll laut den Zeitungen voraussichtlich am kommenden Mittwoch im Bundeskabinett beraten werden. Er sieht unter anderem zahlreiche, auf mehrere Jahre befristete Ausnahmeregeln für die Bundesländer vor. Besonders die Sicherung der Notfallversorgung in der Fläche gilt dabei als zentrales Anliegen.
Warken will damit einen Weg finden, der einerseits die ökonomischen Realitäten berücksichtigt, andererseits aber auch den Widerstand aus den Ländern aufnimmt. "Mein Ziel ist es, ein mehrheitsfähiges Gesetz einzubringen – wenn möglich noch in diesem Jahr", erklärte die Ministerin. Sie räumte jedoch ein, dass insbesondere beim Rettungsdienst noch Gesprächsbedarf bestehe.
Zwischen Anspruch und Realität
Der Versuch, mit dem Bundes-Klinik-Atlas mehr Transparenz für Patientinnen und Patienten zu schaffen, ist damit faktisch gescheitert. Zu groß waren die inhaltlichen Mängel, zu hoch die Kosten und zu gering die Akzeptanz. Während die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit ihrem Verzeichnis eine deutlich kostengünstigere und bereits etablierte Alternative anbietet, steht die Bundesregierung vor der Frage, wie sie künftig eine transparente und zugleich praktikable Lösung gestalten will.
Für Warken geht es dabei nicht nur um ein einzelnes Projekt, sondern auch um das Signal, wie mit den Ressourcen des Gesundheitssystems umgegangen wird. Denn während einerseits Transparenz und Patienteninformation im Vordergrund stehen sollten, bleibt andererseits die finanzielle Belastung ein entscheidendes Kriterium.
Klinik-Atlas: Als Leuchtturmprojekt an eigenen Schwächen gescheitert
Der Klinik-Atlas war als Leuchtturmprojekt gedacht, ist aber nach nur einem Jahr an seinen eigenen Schwächen gescheitert. Nun spricht vieles dafür, dass der Bundes-Klinik-Atlas bald Geschichte sein wird – ersetzt durch das Deutsche Krankenhausverzeichnis. Für die Patientinnen und Patienten bleibt abzuwarten, ob damit tatsächlich mehr Klarheit und Nutzerfreundlichkeit erreicht wird.