Politik

Russland-Sanktionen: Bauern in den Niederlanden vor Pleite

Lesezeit: 1 min
23.08.2014 01:07
Die niederländische Rabobank hat vor einer Pleitewelle bei niederländischen Gemüsebauern gewarnt. Als größter Kreditgeber der Agrarbranche sei die Bank auch selbst von den Einbußen der Landwirte betroffen. Die niederländische Regierung will jetzt ein Kurzarbeit-Programm einführen.
Russland-Sanktionen: Bauern in den Niederlanden vor Pleite

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Das russische Importverbot für EU-Gemüse macht niederländischen Landwirten ebenso zu schaffen wie ihren Kreditgebern. Die Radobank gilt traditionell als größter Kreditgeber für die Agrarbranche des Landes und schlägt jetzt Alarm: Dutzende ihrer Kunden stünden vor einer akuten Liquititätskrise, weil ihre Einnahmen durch die Sanktionen massiv zurückgingen. Die Landwirte klagten zudem bereits über Preisverfall durch das entstandene akute Überangebot auf dem europäischen Markt.

Am schlimmsten seien die Erzeuger von Tomaten, Paprika und Birnen betroffen, denen die Bank finanzielle Hilfe anbieten wolle, berichtete das Wall Street Journal. „Wir werden alles tun, um ihnen über den russischen Winter zu helfen“, sagte Rabobank-Chef Bruggink bei der Vorstellung der Geschäftszahlen.

Das Einfuhrverbot aus Moskau wirkt sich zwar nur auf einen Bruchteil der niederländischen Wirtschaft aus. Doch der Boykott kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da der Agrar-Sektor immernoch versucht, sich von einem wirtschaftlichen Abschwung zu erholen, der seinerseits bereits eine Welle von Insolvenzen ausgelöst hatte.„Die Branche hat seit Jahren zu kämpfen, das Verbot kommt jetzt noch obendrein", sagte Rob Bal, ein Tomatenzüchter mit mehreren Kunden in Russland. „Die niederländische Tomate ist wichtig für unsere Wirtschaft. Wir können dieses Kronjuwel unter keinen Umständen verlieren“.

Das Boykott könnte allerdings auch Auswirkungen auf Finanzinstitute selbst haben. Die Rabobank ist mit Abstand der größte Kreditgeber der Landwirtschaft in den Niederlanden. Sie hält einem Anteil von sieben Milliarden Euro an dem niederländischen Gewächshausanbau und hat bereits gewarnt: Das Verbot könnte wegen der negativen Auswirkungen auf die Kunden auch die Gewinne der Bank „in begrenztem Umfang“ beeinträchtigen.

Der Nettogewinn der Rabobank schrumpfte im ersten Halbjahr 2014 um drei Prozent auf 1,44 Milliarden Euro. Dies sei vor allem eine Folge der erhöhten Rückstellungen für faule Kredite. Der Großteil dieser inzwischen sieben Prozent Rücklagen habe sich in den Niederlanden auf den Gartenbausektor konzentriert, hieß es. Die Genossenschaftsbank gilt als eine der sichersten Privat-Banken der Welt, musste allerdings im Libor-Skandal rund 750 Millionen Euro zahlen.

Die EU hatte zuletzt bis zu 125 Millionen Euro an EU-Steuergeldern für die Landwirte von verderblichen Früchten und Gemüse versprochen, wenn diese ihre Ernte verschenken, verfaulen lassen oder vernichten (mehr hier).

Die niederländische Regierung hat zudem ein Kurzarbeit-Programm für die Landwirte entwickelt. , Die Arbeitgeber erhalten dabei staatliche Subventionen, wenn sie die Arbeitszeit reduzieren.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...