Politik

Demonstranten fordern in London den Rücktritt von Cameron

Lesezeit: 2 min
09.04.2016 16:15
In London ist es zu einer ersten Demonstration gegen Premier Cameron gekommen. Die Teilnehmer fordern seinen Rücktritt. Die Entwicklung der Panama-Affäre erinnert an die Dramaturgie in Island.
Demonstranten fordern in London den Rücktritt von Cameron

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Großbritanniens Premierminister David Cameron hat Fehler im Umgang mit der Affäre rund um die "Panama Papers" eingeräumt. "Das war keine gute Woche", gestand Cameron am Samstag beim Parteitag seiner Konservativen in London ein. "Ich weiß, dass ich damit besser hätte umgehen müssen." Am Regierungssitz in der Downing Street protestierten hunderte Menschen gegen den Premierminister und forderten seinen Rücktritt.

In Island war der Ablauf nach der Enthüllung durch die Panama Papers ähnlich verlaufen.

Weder sein Büro noch "unbekannte Berater" könnten für die misslungene Reaktion auf die Enthüllungen der "Panama Papers" verantwortlich gemacht werden, sagte Cameron, sondern nur er selbst. Er habe seine Lektion gelernt. Cameron versprach, in Kürze seine Steuererklärungen der vergangenen Jahre offenzulegen. "Ich möchte vollkommen offen und transparent sein." Er werde der erste Premier überhaupt sein, der so etwas tue.

Cameron hatte am Donnerstag unter dem Druck der Medien eine Beteiligung an der Briefkastenfirma seines verstorbenen Vaters eingeräumt. Demnach besaß er zusammen mit seiner Frau vor seiner Zeit als Regierungschef Anteile im Wert von rund 30.000 Pfund (etwa 37.000 Euro) am Blairmore Investment Trust. Er verkaufte die 5000 Anteile aber vier Monate vor seinem Amtsantritt im Jahr 2010.

Wenige Tage vor dem Eingeständnis hatte Cameron noch mitteilen lassen, dass es sich bei den Finanzgeschäften seiner Familie um eine "private Angelegenheit" handle. Britische Medien hatten berichtet, der Investmentfonds von Camerons 2010 verstorbenem Vater habe über Jahrzehnte die Zahlung von Steuern vermieden.

Cameron sagte nun erneut, er habe stets seine Steuern bezahlt. Dann habe er "alle Aktien verkauft", als er Premierminister wurde. Schon zuvor hatte er unterstrichen, er habe "wirklich nichts zu verbergen".

Am Regierungssitz in der Londoner Downing Street protestierten zeitgleich zum Parteitag der Tories hunderte Menschen gegen den britischen Regierungschef. "Cameron muss gehen", riefen einige Demonstranten. Viele von ihnen hatten Panama-Hüte auf, andere trugen Hawaii-Hemden. Die Menge zog anschließend zu dem Hotel weiter, in dem der Parteitag der Konservativen stattfand.

Versammelt waren die Delegierten der Konservativen, um die Lokalwahlen im Mai vorzubereiten. Im Juni sind die Briten zudem aufgerufen, per Referendum über die Mitgliedschaft ihres Landes in der EU zu entscheiden. Cameron fährt eine Kampagne für den Verbleib in der EU. Umfragen sagen aber derzeit ein knappes Ergebnis voraus.

In Island musste der Premier nach einer spontanen Massen-Demo seinen Posten räumen. Die Regierung überstand ein Misstrauensvotum im Parlament. Die rechtsgerichtete Koalition aus Unabhängigkeitspartei und Fortschrittspartei erhielt am Freitag im Parlament in Reykjavik 38 Stimmen - damit stimmten alle Abgeordneten aus dem Regierungslager für die neue Regierung. Für den Antrag der Opposition stimmten nur 25 Abgeordnete.

Islands neuer Regierungschef Sigurdur Ingi Johannsson war erst am Donnerstag offiziell in sein Amt eingeführt worden. Die Regierungskoalition hatte beschlossen, den bisherigen Landwirtschaftsminister bis zu vorgezogenen Parlamentswahlen im Herbst zum Interims-Ministerpräsidenten zu ernennen. Er löst Sigmundur David Gunnlaugsson ab, der wegen der Enthüllungen in den "Panama Papers" sein Amt aufgeben musste.

Ein weltweites Netzwerk von Journalisten hatte in den vergangenen Monaten einen umfangreichen Datensatz über Briefkastenfirmen ausgewertet, die über die in Panama-Stadt ansässige Finanzkanzlei Mossack Fonseca laufen. Gunnlaugsson geriet unter Druck, nachdem sein Name im Zusammenhang mit einer Briefkastenfirma auf den britischen Jungferninseln in den "Panama Papers" aufgetaucht war. Wer die Papiere lanciert hat, ist unklar: Ein US-Think Tank beschuldigt die Russen, Wikileaks sagt, die Amerikaner steckten hinter den Enthüllungen. 

Demnach hat Gunnlaugsson vor neun Jahren mit seiner jetzigen Ehefrau auf den britischen Jungferninseln eine Briefkastenfirma gegründet und dort Millionen Euro geparkt. Ende 2009 überschrieb er seiner Partnerin für einen symbolischen Dollar seinen ganzen Anteil. Er war aber schon Mitte des Jahres ins Parlament eingezogen und hatte dabei sein Vermögen verschwiegen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik DWN-Kommentar: Deutsche müssen über Abschiebungen diskutieren - mit aller Vorsicht
26.04.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Tourismus-Branche: „In Hotellerie und Gastgewerbe ist noch nichts wieder in Ordnung“
26.04.2024

Die deutsche Tourismus-Branche, also Hotellerie und Gastronomie, firmiert neuerdings unter dem neuen Sammelbegriff „Gastwelt“ - auch um...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Bürokratieabbau: Ministerin fordert mehr Widerstandsfähigkeit und Effizienz
26.04.2024

Rheinland-Pfalz ist ein mittelständisch geprägtes Land. Gerade kleinere Betriebe hadern mit zu viel bürokratischem Aufwand.

DWN
Politik
Politik Hybride Bedrohungen: Drohnen-Flüge und psychologische Kriegsführung
26.04.2024

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat eindringlich vor hybriden Bedrohungen in Deutschland gewarnt. Gegen den Einsatz von...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Gallup-Studie: Globale Führungsbewertung 2024 - wie Deutschland unter Großmächten abschneidet
26.04.2024

Die Gallup-Studie 2024 zeigt die Stabilität und Herausforderungen in der globalen Führungsbewertung für Länder wie USA, Deutschland,...

DWN
Politik
Politik Habeck kontert Kritiker: „Energiekrise gemeistert und Strompreise gesenkt“
26.04.2024

Nach Kritik an Atomausstieg: Habeck und Lemke bestätigen, die Energieversorgung sei gesichert und nukleare Sicherheit gewährleistet.

DWN
Technologie
Technologie Künstliche Intelligenz: Wie sich Deutschland im internationalen Rennen positioniert
26.04.2024

Die Deutsche Industrie macht Tempo bei der KI-Entwicklung. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichten Analyse des Deutschen Patent- und...

DWN
Immobilien
Immobilien Commerzbank-Studie: Immobilienpreise könnten weiter fallen
26.04.2024

Deutsche Wohnimmobilien verlieren weiter an Wert. Die Commerzbank sieht ein Abwärtspotenzial von 5 bis 10 Prozent, abhängig von...