52 Agenturen und halbtsaatliche Organisationen hat die EU hervorgebracht. 3,32 Milliarden Euro stehen diesen Agenturen im laufenden Jahr zur Verfügung, wie die Ökonomen des Think Tanks Open Europe berechneten. Im Brüsseler Jargon heissen diese halb-offiziellen Agenturen "Quangos" - "quasi non governmental organisations". Und jedes Jahr wird mehr Geld für die Quangos ausgegeben. Im Vergleich zum Vorjahr ist das diesjährige Budget um 5,9 Prozent und im Vergleich zu 2010 sogar um 7,1 Prozent gewachsen. Dabei könnte das Geld der Steuerzahler besser verwendet werden, denn viele der Organisationen haben gar keine wirklichen Aufgaben oder vollziehen Aufgaben, die andere EU-Institutionen ebenfalls wahrnehmen.
So bezahlte die Europäische Umweltagentur (EEA) 250.000 Euro für die Einschätzung ihrer eigenen Berichterstattung und der Effektivität der eigenen Medienstrategie. Weitere 300.000 Euro wurden für ein Bepflanzungsprojekt der Außenfassade ihres Hauptquartiers in Kopehangen ausgegeben. Die 5.000 verschiedenen Pflanzen sollten die Biodiversität und die „Wichtigkeit von vertikalen Gärten demonstrieren“, wie die EEA auf der eigenen Webseite erklärt. Der „vertikale Garten“ hielt allerdings nur fünf Monate. Danach war die Demonstration der Vielfalt verdorrt.
Bei anderen Agenturen ist das Zusammenkommen des Vorstands schon ein hoher Geldwert an sich. Jedes Vorstandstreffen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), deren Befugnisse sich sowieso mit denen einer anderen EU-Agentur überschneidet, kostet im Durchschnitt 92.630 Euro. Bei nur 15 Vorstandsmitgliedern macht das pro Person 6.175 Euro pro Sitzung.
Open Europe hat nach eigenen Angaben mindestens zehn Agenturen ausgemacht, die kein eigenes Ziel verfolgen und dessen Aufgabenfelder sich mit denen anderer überschneiden. Die restlichen Agenturen könnten um 30 Prozent geschrumpft werden, womit die EU-Mitgliedsstaaten jedes Jahr über 668 Millionen Euro sparen könnten. Das bedeutet allein für Deutschland eine Ersparnis von 136 Millionen Euro, für Frankreich 107,3 Millionen und für Großbritannien immer noch 100,4 Millionen Euro.
Ursprünglich entstanden die ersten EU-Agenturen in den frühen 90ern mit der Absicht, EU-Institutionen mit wichtigen Informationen zu versorgen und Schlüsselentscheidungen zur Durchsetzung des EU-Rechts zu treffen. Expertengruppen sollten die Arbeit der EU-Kommission erleichtern und das Verständnis für die EU-Regelungen fördern sowie für Transparenz sorgen. Oder aber sich mit Millionen um Kulturthemen kümmern, von denen nie jemand erfährt. Oder aber sich der Gerechtigkeit der Geschlechter widmen.
Mittlerweile sind allerdings mehrere der Quangos überflüssig und unterscheiden sich in ihrer Arbeit nicht von anderen Organisationen. Beispielsweise gibt es derzeit zwei EU-Agenturen, die sich beide den Menschenrechten verschrieben haben. Zusätzlich gibt es jedoch schon den Europarat, der sich mit der Europäischen Menschenrechtskonvention widmet und zahlreiche weitere NGOs, die ebenfalls die Menschenrechte auf ihre Agenda gesetzt haben. Der französische Europaminister hat das Problem auf den Punkt gebracht, indem er bei einer Konferenz der Europäischen Agentur für Grundrechte fragte: „Gibt es irgendetwas, das die Agentur zu dem, was wir bereits haben, hinzuzufügen hat?“
Nichtsdestotrotz sind EU-Agenturen beliebt, denn für die Standorte hat die Gründung eines Quandos sowohl politische als auch wirtschaftliche Vorteile. 22 Mitgliedsstaaten haben mindestens eine EU-Agentur im Land. Während es in den frühen 90ern nur drei Quandos gab, kamen allein zwischen 2001 und 2010 38 weitere hinzu. In diesen neun Jahren veränderte sich der Fokus der Agenturen. Nun ging es auch um Themen wie Justiz und innere Angelegenheiten sowie Sicherheit und Kultur.