Heizungsgesetz im Fokus: Schwarz-Rot plant Reform statt Umsturz
Zwei Jahre nach der Verabschiedung der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes, die Anfang 2024 in Kraft trat, steht das sogenannte Heizungsgesetz erneut im Zentrum der politischen Debatte. Kaum ein Vorhaben der früheren Ampel sorgte für so viel Streit: Am 8. September 2023 beschloss der Bundestag die Reform, um das Heizen klimafreundlicher zu machen. Nun kündigt die schwarz-rote Bundesregierung Änderungen an – mit dem Anspruch, Planungssicherheit zu schaffen und zugleich Komplexität zu reduzieren.
Die geltenden Regeln setzen im Kern auf die 65-Prozent-Vorgabe für neu eingebaute Heizungen. Sie verlangt, dass neue Anlagen mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden; vorerst gilt das nur in Neubaugebieten. Für den Gebäudebestand ist die kommunale Wärmeplanung entscheidend. In Kommunen über 100.000 Einwohnern soll sie ab Mitte 2026 vorliegen, in allen anderen ab Mitte 2028. Hauseigentümer können je nach lokaler Planung wählen, ob sie sich an ein Wärmenetz anschließen, eine Wärmepumpe installieren oder eine andere Lösung nutzen, mit der Emissionen gesenkt werden. Funktionierende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben werden.
Heizungsgesetz: Der Streit um Paragraf 71 und die 65-Prozent-Vorgabe
Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD findet sich die klare Ansage: "Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen." Tatsächlich deutet bisher vieles auf eine Reform statt eines kompletten Neustarts hin. Das neue Gebäudeenergiegesetz soll technologieoffener, flexibler und einfacher werden; maßgeblich sein soll die erreichbare CO2-Vermeidung. Gleichzeitig drängt die Zeit: Bis Ende Mai 2026 muss Deutschland die Vorgaben der europäischen Gebäudeenergieeffizienz-Richtlinie umsetzen.
Aus dem Wirtschafts- und Energieministerium heißt es, Ziel der Bundesregierung sei es, "so bald wie möglich" einen Gesetzentwurf für das GEG vorzulegen. Zur Umsetzung gehörten die Akzeptanz von Effizienzmaßnahmen und der Verzicht auf Überregulierung. Der zuständige stellvertretende SPD-Fraktionsvize Armand Zorn sagt: "Es ist unsere Verantwortung als Koalition, die Debatte wieder auf produktive Bahnen zu lenken und die Fehler der letzten Legislatur nicht zu wiederholen." Zugleich unterstreicht er die Klimarelevanz des Sektors, denn etwa 40 Prozent der deutschen CO2-Emissionen entstehen im Wärmemarkt.
Im Zentrum der Kritik steht Paragraf 71 – der Kern des Heizungsgesetzes mit der 65-Prozent-Vorgabe und zahlreichen Anforderungen. Andreas Lenz, energiepolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, fordert eine "pragmatische und möglichst einfache" Ausgestaltung: "Die derzeit sehr kleinteiligen und komplexen Regelungen lassen viel Skepsis gegenüber zahlreichen Wärmeversorgungsoptionen erkennen und diskriminieren einzelne Technologien." CDU-Wirtschaftsministerin Katherina Reiche bemängelt einen "Zwang zur Wärmepumpe".
Tatsächlich räumt Paragraf 71 Gebäudebesitzern Alternativen ein, mit denen das 65-Prozent-Ziel ebenfalls als erfüllt gilt; außerdem dürfen sie jede andere Art von Heizung verbauen, wenn sie nachweisen können, dass das Ziel erreicht wird. Auch Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, plädiert nicht für weniger Ambition, sondern für mehr Verständlichkeit: "Es muss gekürzt und klar formuliert werden, damit auch private Hauseigentümer das Gesetz verstehen können. Gerade für den Gebäudebestand müssen individuelle Lösungsmöglichkeiten mit klarer Zielvorgabe möglich sein."
Wie wichtig der Bereich ist, zeigen die Zahlen: Nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft werden noch drei Viertel aller Wohnungen in Deutschland mit Öl oder Gas beheizt. Zwar hat der Absatz von Wärmepumpen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen, von früheren politischen Zielen ist man aber weit entfernt. Seit Jahresbeginn ist der Heizungsmarkt insgesamt eingebrochen, so der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie. Die Unternehmen verlangen deshalb klare und verlässliche Rahmenbedingungen.
Zentral ist auch die milliardenschwere Förderung des Heizungstauschs. Derzeit sind beim Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung bis zu 70 Prozent Förderung möglich; neben einer Grundförderung gibt es einen Klimageschwindigkeitsbonus und einen Einkommensbonus, wenn das Haushaltsjahreseinkommen höchstens 40.000 Euro beträgt. Der maximal erhältliche Investitionskostenzuschuss liegt bei 21.000 Euro. In der Union drängen Politiker wie CSU-Chef Markus Söder angesichts von Milliardenlücken im Bundeshaushalt auf Kürzungen.
Auch die SPD kann sich Veränderungen vorstellen, allerdings sozial gestaffelt. SPD-Fraktionschef Matthias Miersch hat sich dafür ausgesprochen, und Armand Zorn sagt: "Viele Haushalte sind durch die oft großen Investitionen, welche beim Heizungstausch nötig sind, überfordert. Es ist entscheidend, so viel wie nötig zu unterstützen, ohne wiederum die Staatskasse zu überfordern." Andreas Lenz wiederum hält es für sinnvoll, Anreize "abzuschmelzen" und das Förderregime "smarter" zu gestalten; bei Privathaushalten mit hohen Einkommen sei eine Umstellung von Zuschüssen auf eine steuerliche Abschreibungsmöglichkeit denkbar.
Warnungen aus der Heizungsbranche
Die Branche warnt derweil vor einem falschen Signal. "Die bisherigen Förderprogramme haben maßgeblich dazu beigetragen, moderne und effiziente Heiztechnologien – insbesondere auf Basis erneuerbarer Energien – im Markt zu etablieren und Millionen Tonnen CO2 einzusparen", so der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie. Für viele Verbraucher sei die Investition in eine neue Heizung finanziell herausfordernd. "Verlässliche Anreize bleiben daher entscheidend, um bei den Menschen Planungssicherheit zu schaffen und die Verunsicherung in den Haushalten nicht noch weiter zu verstärken."
Für Eigentümer und Unternehmen zählt kurzfristig Rechtssicherheit. Wer jetzt plant, will wissen, ob die 65-Prozent-Regel bleibt, wie das Gebäudeenergiegesetz präzisiert wird und ob die Fördersätze verändert werden. Mittelständische Installationsbetriebe und Hersteller reagieren sensibel auf politische Signale; ein abrupter Kurswechsel könnte Nachfrage und Investitionen weiter dämpfen. Zugleich gilt: Das Heizungsgesetz entfaltet Wirkung nur dann, wenn kommunale Wärmeplanung und Förderung zusammenpassen.
Kommunikativ bleibt die Lage heikel. Im Koalitionsvertrag steht "Heizungsgesetz abschaffen", öffentlich läuft es auf eine Reform hinaus. Für die Informationssuche der Bürgerinnen und Bürger bedeutet das eine Fokussierung auf klare Wegweiser: "Heizungsgesetz", "Gebäudeenergiegesetz" und die Frage nach "Heizungsgesetz abschaffen". Bis die Bundesregierung ihren Entwurf vorlegt, kommt es darauf an, Verlässlichkeit zu signalisieren – und die im Heizungsgesetz angelegte Transformation so zu gestalten, dass Klimaziele, soziale Balance und Investitionssicherheit zusammenfinden. Damit wird das Heizungsgesetz zum Lackmustest für eine Technologieoffenheit, die nicht im Widerspruch zu messbarer CO2-Vermeidung steht.