Die Rettung der spanischen Banken über den ESM dürfte schwerwiegende Nebenwirkungen haben. Finanzminister Wolfgang Schäuble betonte am Wochenende neuerlich, dass er dafür sei, die 100 Milliarden Euro nicht über den EFSF, sondern über den ESM zu finanzieren. Die Deutsche Bank ist dagegen der Auffassung, dass der Spanien-Bailout genau deswegen scheitern wird.
Denn die Variante mit dem ESM ist für die Bond Märkte fatal. Die Analyse der DB zeigt, welche kolossale Fehlkonstruktion der ESM gerade für den Zweck ist, den er erfüllen soll: Er hilft nicht bei der Rettung von Staaten, sondern macht sie unmöglich. Wie kann das sein, mag man sich fragen.
Der Grund: Weil die EU-Politiker besonders schlau sein wollten, haben sie in den ESM eine sogenannte Subordinations-Klausel eingebaut (hier beschrieben). Dies bedeutet, dass Kredite, die aus dem ESM an Staaten vergeben werden, einen bevorzugten Gläubigerstatus haben werden. Das bedeutet: Wenn ein Staat in Schwierigkeiten gerät, haben EZB und EU den ersten Zugriff auf vorhandene Werte und Assets. Dasselbe Spiel hat es bereits in Griechenland gegeben. Damit wird privaten Investoren das Risiko bei Staatspleiten zugeschoben. Solche Investments sind jedoch für die großen institutionellen Investoren wie die Pensionsfonds verboten. Daher werden sich diese aus den Staatsanleihen zurückziehen, sobald sie unter den Rettungsschirm ESM kommen. Die Deutsche Bank begründet die negative Reaktion der Märkte vom Montag mit genau diesen Überlegungen. Die Zinssätze für spanische Staatsanleihen sind in dieser Woche nicht trotz, sondern gerade wegen der ESM-Bankenrettung in die Höhe geschossen. Der zweite Grund, warum Investoren vom ESM abgestoßen sind: Kredite aus dem ESM werden dem Defizit Spaniens zugerechnet. Dies bedeutet: Während man auf der einen Seite die Banken rettet, treibt man die Fundamentalwerte für den Staat immer weiter in die roten Zahlen.
Obwohl das Land kein dramatisches Defizit hat, dürfte es für das Land schwierig werden, sich in den kommenden Monaten Kredite zu refinanzieren. Der Grund: Die spanischen Banken haben kein Geld mehr für den Ankauf von Staatsanleihen. Von den LTRO-Krediten der EZB ist kaum noch etwas übrig. Genau gesagt: 36,8 Milliarden Euro. 35 Milliarden davon haben die Banken den Regionen versprochen, damit diese ihre Schulden bezahlen können. Allein 80 Milliarden Euro an Schulden müssen die Banken bis zum Jahresende refinanzieren. Verschärft wird das Problem für die Regierung in Madrid, weil sich ausländische Investoren im Schnellzugstempo aus Spanien zurückziehen. Fast 30 Milliarden Euro weniger als im Vorjahr halten die Ausländer an spanischen Papieren. Diese Summe muss ebenfalls irgendwie aufgebracht werden.
Die Lösung für die Deutsche Bank ist schockierend im wörtlichen Sinn: „Ein Schock ist notwendig, damit die EZB den Banken noch mehr Liquidität zur Verfügung stellt.“ Die Deutsche Bank fordert also einen Crash, damit die EZB unter dem nach Meinung der DB zu zögerlich agierenden Mario Draghi aufwacht und den nächsten LTRO vom Stapel lässt. Alternativ dazu schlagen die Deutschbanker vor, dass künftig der ESM direkt die Banken retten soll. Auch mit einer Rettung der Banken durch den EFSF könnte die DB leben.
Beides wird nicht funktionieren: Der EFSF kann Spanien nicht retten, weil Spanien selbst noch in den EFSF einzahlen muss, um sich zu retten (absurd! – Gleiches gilt für Italien). Der ESM kommt geht aus rechtlichen Gründen nicht als Bankenretter in Frage.
Die Analyse der Deutschen Bank zeigt, wie verantwortungslos und nicht durchdacht die ESM-Konstruktion ist: Dem ESM sind Bankenrettungen per Gesetz verboten. Wollte die EU dies jetzt ändern, müsste sie mitten im Ratifizierungsverfahren (der Bundestag will Ende Juni zustimmen - hier) das Gesetz ändern, das Verfahren stoppen und den ganzen Prozess von vorne starten.
Der Kardinalfehler der Politik: Sie haben die Banken über Jahre gezwungen, Staatsanleihen zu kaufen (hier). Nun wollen sie die Banken öffentlich demütigen und mit einer gewissen Bauernschläue quasi ein Zwei-Klassen-Kreditsystem einführen: Die offiziellen Gläubiger sollen immer besser gestellt werden als die privaten. Damit wäre die EU bei einem Wirtschaftssystem angekommen, wie es die UdSSR und die angeschlossenen Staaten mit großem Misserfolg praktiziert haben. Der entscheidende Unterschied: Die UdSSR hatte nach dem Krieg vier Jahrzehnte, bis das System kollabierte. Wegen der hohen Schulden, die die Staaten – gerade bei den von ihnen mittlerweile verhassten Banken! – haben, wird es diesmal viel, viel schneller gehen.