Politik

IWF: Italien muss 415 Milliarden Euro in diesem Jahr refinanzieren

Die Finanzmärkte zweifeln an dem Reformprogramm Italiens, so der Internationale Währungsfonds. Italien müsste noch mehr Reformen umsetzen und die Staatsschulden minimieren. Die Unsicherheit über die Politik von Montis Nachfolger und die anhaltende Krise steigern das Risiko, dass die Märkte Italien weiter unter Druck setzen werden. Mario Monti erwägt sogar den Rückgriff auf den ESM.
11.07.2012 10:46
Lesezeit: 2 min

Die aktuelle „Durchwurstel“-Politik in der Eurozone erhöht die Gefahr für Italien, noch tiefer in die Finanzkrise zu rutschen, gibt der Internationale Währungsfonds in seinem Italien-Bericht zu bedenken. Die strukturellen Reformen gingen „in die richtige Richtung, aber es muss mehr getan werden“, heißt es in dem Bericht. Doch die Verschlechterung der Eurokrise und die nur noch kurze Amtszeit von Premierminister Mario Monti stellen ein großes Risiko für das Land dar.

„Die Sicherung von Stabilität und die Wiederbelebung von Wachstum brauchen nicht nur Dynamik bei den Reformen in Italien, sondern auch Fortschritte auf europäischer Ebene bei der Stärkung der Währungsunion", so der Bericht. Die unentschlossene Politik in der Eurozone kombiniert mit einem längerem Zeitraum geringen Wachstums in der Region könnte zu einer Verschärfung der Krise führen und die Zinssätze für italienische Staatsanleihen sowie die Staatsverschuldung weiter ansteigen lassen, warnte der IWF.

Der italienische Premier Mario Monti will sich jedoch den steigenden Renditen nicht tatenlos zusehen. Nachdem er beim EU-Gipfel nach Sofortmaßnahmen verlangt und den Ankauf von Staatsanleihen durch den ESM im Grundsatz durchsetzen konnte – wann auch immer dies tatsächlich überhaupt zur Anwendung kommen wird – betonte Monti am Dienstag: „Italien plant derzeit keine Aktivierung des Mechanismus, aber ich schließe für die Zukunft nichts aus.“ Die EU-Rettungsfonds seien genau für ein Land wie Italien geschaffen worden, welches die Sparauflagen der EU erfülle.

„In einem langfristigen Szenario könnten ein Anstieg der Zinssätze auf die Staatsanleihen und Zweifel an den finanzpolitischen Perspektiven des Landes große Ansteckungseffekte auf die Eurozone und die Weltwirtschaft haben, so der IWF. Immerhin ist Italien der drittgrößte Bondmarkt der Welt. Der Bericht des IWF gab auch zu bedenken, dass die ausländischen Investoren ihre Bestände von italienischen Staatsanleihen drastisch reduziert haben: Von einem Anteil von 52 Prozent aller emittierten Anleihen im Jahr 2010 auf rund 36 Prozent im März 2012. Ein verstärkter Ankauf von Anleihen durch die EZB und italienische Banken konnte dies ausgleichen. Aber 2012 und 2013 müssen jeweils rund 415 Milliarden Euro refinanziert werden – das sind etwa 25 Prozent des BIP.

Inwiefern die von Monti vorangebrachten Reformen Bestand haben werden, ist eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang. Schon jetzt schwindet Montis Rückhalt in der Bevölkerung. „Wenn die öffentliche Unterstützung sich abschwächt, weil die wirtschaftlichen Bedingungen schlechter werden, wird das noch schwieriger", so Kenneth Kang, der IWF-Zuständige für Italien. Zudem läuft das Mandat des Premiers nächsten Jahres aus und es ist nicht absehbar, ob die neue italienische Regierung den Kurs beibehalten wird, das schürt die Unsicherheit bei den Märkten.

So müsse Italien in jedem Fall die öffentlichen Ausgaben weiter senken, Geld sparen, die Lohnkosten im privaten Sektor verringern und die Gehälter der Beschäftigten im öffentlichen Dienst anpassen, ergänzt Kenneth Kang. Der IWF geht in diesem Jahr von einem Wachstumsrückgang von 1,9 Prozent des BIP aus und einem weiteren Sinken um 0,3 Prozent im kommenden Jahr – deutlich schlechter als die eigenen Vorhersagen der Regierung.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...

DWN
Panorama
Panorama Umfrage: Vielen Bädern fehlt das Personal
31.05.2025

Viele Bäder in Deutschland haben laut einer Umfrage mit Personalengpässen zu kämpfen. So hatten 38 Prozent der befragten Hallen- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Trump plant Milliardeninvestition in Bitcoin und andere Kryptowährungen
31.05.2025

Donald Trump will Bitcoin zur Staatsangelegenheit machen – mit Milliarden-Investitionen seiner Mediengruppe. Während der Markt jubelt,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Chinas Monopol auf Seltene Erden wankt – doch der Westen zahlt den Preis
31.05.2025

China kontrolliert die Welt der Seltenen Erden – und lässt Konkurrenz nur zu ihren Bedingungen zu. Neue Minen entstehen, doch ihre...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Fetter Profit in Sicht – oder frisst Trump Novo Nordisk auf?
30.05.2025

Novo Nordisk träumt von einer Gewinnverdopplung mit Abnehmspritzen – doch Billigkopien, Trump-Zölle und eine wacklige Pipeline könnten...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Urlauber auf Platz eins in Griechenland
30.05.2025

Sonne satt, blauer Himmel, Strand und Meer - deutsche Touristen lieben Griechenland. Für Hellas sind sie die größte und wichtigste...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Osttechnik unter Westregie: Wie Multicar im Hako-Verbund zur Hightech-Marke wurde
30.05.2025

Sie fegen, sie wischen, sie räumen: Die orangefarbenen Mini-Lkw von Multicar sind aus deutschen Kommunen kaum wegzudenken. Dass sie heute...