Am Sonntag hat Bayern-Chef Uli Hoeneß noch ausgeschlossen, dass er zurücktreten könnte. Allerdings scheint er angesichts der Summen, um die es geht, als Präsident des FC Bayern untragbar.
Zum Vergleich: Ex-Bundespräsident Christian Wulff muss sich wegen 719,40 Euro verteidigen und wird möglicherweise angeklagt (hier).
Hoeneß hat außerdem die Öffentlichkeit nachweislich belogen: Der Bild hatte Hoeneß im Jahr 2005 gesagt: „Ich weiß, dass das doof ist. Aber ich zahle volle Steuern.“ Lügen passt nicht zum Bild des ehrbaren Kaufmanns, als der sich Hoeneß stets präsentierte.
Es passt vor allem nicht dazu, was Hoeneß bei einer Unternehmerveranstaltung im vorigen Herbst gesagt hat:
„Viel schlimmer (als das verlorene Champions-League Finale, Anm. d. Red.) wäre es, wenn der FC Bayern durch Skandale erschüttert wurde, durch Glaubwürdigkeitsverlust. Aber das ist ja überhaupt nicht der Fall.“ (siehe Video am Anfang des Artikels, 0:38:22)
Besonders gefährlich ist für Hoeneß, dass die Bild-Zeitung voll die Seiten gewechselt hat und den Bayern-Mann nun voll ins Visier nimmt.
Brisant ist ein Bild-Artikel, in dem die Möglichkeit eines längeren Gefängnisaufenthalts für den prominenten Fußball-Manager zwar noch in Frageform gekleidet wird. Bild fragt: „Muss Hoeneß sogar ins Gefängnis?“
Die Antwort darauf gibt in dem Artikel der Chef der Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler:
„Ab einer Million Euro hinterzogener Steuern ist die Aussetzung einer Strafe zur Bewährung laut einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs nicht möglich. Ab einer Million Euro führt kein Weg am Gefängnis vorbei.“
Und auch die Höhe des Strafmaßes ermittelt die Zeitung:
Der Kölner Steuerstrafrechtler Jan Heeg zu BILD: „Je nach Schwere der Tat reicht das Strafmaß von Geldstrafen bis zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren – in besonders schweren Fällen sogar bis zu zehn Jahren.“
Wenn die bisher bekannten Details zutreffen, dann hat Hoeneß deutlich mehr als eine Million hinterzogen: Er hat Millionen-Beträge in der Schweiz angelegt und dem Fiskus die Zins-Gewinne verheimlicht. Und er hat das über Jahre gemacht.
Woher das viele Geld überhaupt kommt, ist unklar. Die Süddeutsche berichtet:
„Um das Jahr 2000 soll Hoeneß von seinem Freund Robert Louis-Dreyfus, dem ehemaligen Adidas-Chef, ein Darlehen in der Größenordnung von 10 bis 15 Millionen Euro bekommen haben. Mit dieser Summe soll er an der Börse spekuliert haben. Vor mehr als zehn Jahren soll Hoeneß, der eine Neigung zum Zocken hat, bei der in Zürich ansässigen Bank Vontobel AG ein Konto eingerichtet haben, auf dem er Millionen Euro lagerte. Es handelte sich nicht um Schwarzgeld, sondern um versteuertes Geld. Aber er zahlte dem deutschen Fiskus offenbar nicht die Kapitalertragsteuer.“
Der Bericht ist etwas unschlüssig, denn im Jahr 2000 gab es noch die gute alte D-Mark.
Hoeneß hatte ein Faible fürs Zocken: Er bezeichnete einmal seine Börsentätigkeit als besonders wichtig für sein Selbstverständnis.
Hoeneß hatte naturgemäß auch ein gutes Verhältnis zu den Banken. So wurde er von der Hypovereinsbank (HVB) verpflichtet (die Videos wurden von der HVB am Montag entfernt, aber nicht komplett), als Investment-Experte aufzutreten. Die HVB setzte Hoeneß als besonders glaubwürdigen Promi ein, der den Kunden ganz unverblümt empfahl, kein Gold, sondern Immobilien und „sehr vernünftige, seriöse, deutsche Qualitätsaktien“ zu kaufen. Hoeneß sagte nicht, dass seine Partner Adidas, Deutsche Telekom und die HVB selbst unter diese Rubrik fallen. Hoeneß trat gemeinsam mit dem ehemaligen ARD-Börsenmann Frank Lehmann und dem Experten Kornelius Purps auf.
Davon, dass man ein Investment noch deutlich verbessern kann, wenn man es am Fiskus vorbei anlegt, sagte Hoeneß für die HVB nichts.
Ob Hoeneß wirklich ins Gefängnis muss, dürfte auch davon abhängen, inwieweit er bei seiner Selbstanzeige wirklich alle unversteuerten Beträge angegeben hat. Nach seiner Selbstanzeige nahm die Staatanwaltschaft München die Ermittlungen auf. Sollte Hoeneß die eine oder andere Million „vergessen“ haben, führt eigentlich kein Weg mehr am Gefängnis vorbei.
Sofern Recht Recht ist und auch für die Großen gilt.
SPD-Chef Sigmar Gabriel verteidigte Hoeneß und sagte, es sei nicht erwiesen, dass Hoeneß Steuern hinterzogen habe. Welche Beweise es über eine Selbstanzeige hinaus noch braucht, sagte Gabriel nicht. Erst kürzlich hatte der ehemalige VW-Lobbyist Gabriel zum Klassenkampf aufgerufen – aber da gab es ja noch keine konkreten Promis (hier).
Offenkundig ist Hoeneß ein Opfer seiner Zocker-Mentalität geworden: Er spekulierte bis zuletzt auf ein Steuerabkommen mit der Schweiz, wie er selbst sagte. Wäre es in Kraft getreten, hätte Hoeneß Steuern zum Schnäppchenpreis bezahlt und wäre noch dazu anonym geblieben.